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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: EJ Waldau
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Herbstball hat das Motto „50er Jahre“, da gehören Tellerröcke dazu.“

„Das stimmt wohl“, meinte ich gedehnt und faltete den schwarz-weiß gepunkteten, satinartigen Stoff auseinander. „Aber warum soll ich deswegen den Rock anprobieren?“

„Weil du den tragen wirst“, antworte sie und drehte sich zu mir um. „Du wirst nämlich mitgehen.“

„Was?“, stieß ich schriller aus, als ich es beabsichtigt hatte. „Warum das denn? Ich musste doch noch nie zu solchen Veranstaltungen mitgehen.“

„Du hast dich ja auch noch nie zulaufen lassen und bist deswegen im Krankenhaus gelandet“, entgegnete Mum scharf. „Probier ihn an oder lass es. Wenn er nicht passt, ist das dein Problem.“ Sie raffte ihre Sachen zusammen und marschierte aus dem Esszimmer.

Missmutig hielt ich den Rock erneut hoch und jammerte leise vor mich hin.

„Ich krieg bald ‘ne Depression. Ganz bestimmt sogar.“

Wenige Stunden später stand ich in Thors hellem, beinahe klinischem Zimmer und wurde mitleidig von Sisy begutachtet.

„Er ist halt schon ziemlich lang“, bemerkte sie leise, als ich den Rock auf ihr Bitten hin anprobiert hatte.

„Er ist nicht nur
ziemlich
    lang“, entgegnete ich bissig. „Er ist viel zu lang. Und er schlägt viel zu viele Falten.“

„Da kommt ja noch ein Petticoat drunter“, bemerkte Sisy und ich riss zur Antwort nur den Saum meines Rocks hoch. „Oh, da ist schon einer.“

„Allerdings“, entgegnete ich und ließ missmutig den Rock wieder los. „Die Röcke meiner Oma wirken aufreizend gegen das hier.“

„Ich weiß gar nicht, was du hast“, schaltete sich Thor ein und legte das Magazin zur Seite, in dem er geblättert hatte. „Die Frauen in den fünfziger Jahren waren nicht so sexy gekleidet, wie heute. Außerdem sieht man deine Füße doch ohne Probleme. Und wenn du den Petticoat noch mehr aufbauschst, dann fallen die Falten auch nicht mehr so auf.“

„Die Frauen damals waren aber auch nicht vermummt bis an die Haarspitzen“, entgegnete ich. „Und wenn ich diese fünfzehn Quadratmeter Stoff noch mehr aufplustere, hab ich die Ausmaße eines Kleintransporters.“

Sisy lachte leise, nickte jedoch zustimmend. „Sie hat Recht, Thor.“

„Wie ihr meint.“ Er zuckte mit den Schultern und lehnte sich wieder zurück, um weiter in seinem Heft zu lesen.

Ich sah noch einmal in den Spiegel, dann ließ ich mich mutlos auf einen Sessel fallen.

„Wie war’s denn in Boston?“, fragte ich und schmiss den Kopf zurück. „Seid ihr an das Schließfach gekommen?“

Thor legte sein Heft wieder zur Seite und lehnte sich vor. „Sind wir. Und wir sind fündig geworden.“

Interessiert hob ich den Kopf wieder und schaute zu ihm. „Wirklich? Was habt ihr gefunden?“

„Eine Art Tagebuch“, erklärte Thor. „Es ist von Elijah geschrieben worden. Auf den ersten Blick hat es einen gut erhaltenen Eindruck gemacht und es scheint einiges drin zu stehen, was interessant für uns sein könnte.“

„Habt ihr es denn nicht ganz gelesen?“, wollte ich wissen und Thor schüttelte den Kopf. „Wir hatten nicht viel Zeit. Wir sind eine halbe Stunde, bevor die Bank geschlossen wurde, hingekommen. Sarah wollte so spät gehen, weil dann weniger Leute da sind. Deswegen haben wir die Dokumente nur durchblättern können und dann abfotografiert.“

„Und warum habt ihr sie nicht einfach mitgenommen?“, wunderte ich mich und diesmal antwortete Sisy.

„Sarah will nicht, dass ihr Vater etwas merkt.“

„Oh, okay.“ Ich nickte. „Ja, ihre Familie hat ja eh ein paar Probleme mit der ganzen Sache.“

Diese schlecht ausgeführte Andeutung sollte eigentlich zur Folge haben, von Sisy etwas über die van der Veers zu erfahren. Vor allem über Simons Mum.

Doch Sisy nickte knapp. „Ja.“

Ende der Information.

„Da ist noch was“, meinte Thor und zerrte einen Zettel aus seiner Jeans. „Wir sind in Boston noch etwas essen gegangen und vor dem Restaurant hat uns jemand diesen Flyer in die Hand gedrückt.“

Thor streckte mir das Blatt entgegen und ich faltete es auseinander.

„Ein Bandcontest in Providence, Rhode Island am nächsten Samstag“, fasste ich zusammen. „Willst du jetzt Rockstar werden?“

Thor schüttelte ungeduldig den Kopf. „Nein, lies mal, wo der Contest stattfinden soll.“

Ich überflog den Flyer noch einmal und mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.

Der Contest sollte in einem Rockclub stattfinden.

Und der Name des Clubs war
Kaleidoskope
    .

Vermutlich schwebte

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