Die Erben
überraschte mich, wie viele Paare dort tanzten. Einige von ihnen machten einen professionellen Eindruck und mir fiel ein, dass Mum erwähnt hatte, ihr Frauenverein hätte zur Animation den Tanzverein von Gloucester gebeten zu tanzen.
Dad entdeckte sie in diesem Moment an der Bowlebar und wir kämpften uns zu ihr durch.
„Da seid ihr ja“, begrüßte sie uns und umarmte Dad. „Und wie findet ihr es?“
„Es sieht wirklich gut aus“, gab ich zu und prüfend schaute sie mich an.
„Ist das wieder dein Sarkasmus?“
„Nein“, verteidigte ich mich sofort. „Ich meine das ernst. Es sieht wirklich sehr stilecht aus. War bestimmt viel Arbeit.“
Unsicher musterte sie mich. „Na dann. Danke schön.“ Sie lächelte, wenn auch etwas verstörend unter der strengen Miene, die sie mir seit einer Woche präsentierte.
Wortlos drückte sie mir ein Glas in die Hand und entschuldigte sich dann, da sie weiter am Stand helfen musste.
„Wollen wir uns setzen?“, schlug Dad vor und wir suchten uns einen freien Tisch in der Nähe.
„Diese Band spielt wirklich gut“, stellte er unvermittelt fest, während ich die Bowle begutachtete. Sie war leuchtend Pink und eine Orangenscheibe schwamm darin herum. Es wunderte mich, dass dieses nach Chemie aussehende Gesöff das Obst noch nicht in seine Bestandteile zerlegt hatte.
„Mmh“, gab ich Dad Recht und nippte an meinem Glas.
„Schmeckt die Bowle?“, fragte Dad und ich zog eine Grimasse.
„Sie schmeckt, wie sie aussieht.“
„Sie schmeckt pink?“, wunderte sich Dad und ich deutete ihm, einen Schluck aus seinem Glas zu nehmen.
Er nippte ebenfalls, dann stellte er das Glas ab und nickte. „Tja, wer hätt’s gedacht? Sie schmeckt wirklich pink.“
Ein Mann in Dads Alter trat neben ihn und schüttelte ihm zur Begrüßung die Hand. Er stellte sich mir als Mr. Ivanov vor, dessen Frau ebenfalls im Frauenverein war. Als er sich neben Dad setzte, begannen sie angeregt über die fünfziger Jahre zu debattieren, die sie Beide als Säuglinge erlebt hatten. Was sie jedoch nicht davon abhielt darüber zu sprechen, als könnten sie sich an alles erinnern.
Ich schaute mich im Saal um und beobachtete die Tänzer, von denen sich manche gegenseitig akrobatisch um die Hüfte wickelten.
Mein Blick fiel auf eine blonde Tänzerin, die von ihrem Partner in die Luft geschmissen wurde, als sei sie eine Puppe. An ihrer Stelle hätte ich vermutlich die Tanzfläche vollgekübelt.
Der Song endete und das Paar wurde mit schallendem Applaus gelobt. Ich sackte ein wenig in mich zusammen, als ich sie erkannte.
Eine blonde Frau trat vor. Sie schien kaum älter als fünfunddreißig und sah aus wie einem Hochglanzmagazin entsprungen. Sie hatte ein Mikrofon in der Hand und obwohl ihr Lächeln einstudiert aussah, wirkte es trotzdem echt.
„Unser Tanztraumpaar, meine Damen und Herren“, feuerte sie den Applaus noch an. „Simon van der Veer und die bezaubernde Sisy Calahan.“ Sie schmunzelte. „Natürlich bin ich voreingenommen, schließlich ist sie meine Tochter.“
Die Gäste im Saal lachten mit, während ich mich fragte, wie jung Sisys Mum gewesen war, als Sisy zur Welt kam. Oder ob der Beruf ihres neuen Mannes vielleicht der Grund für ihr makellos junges Aussehen war.
„An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen bedanken“, fuhr sie fort. „Der Tanzverein Gloucester freut sich sehr, heute Abend mit Ihnen feiern zu dürfen. Vielen Dank für die Einladung.“
Wieder applaudierten alle im Saal und mit einem königlichen Winken trat Mrs. Calahan zurück, bevor die Musik erneut einsetzte.
Ich griff nach meiner Bowle und leerte das pinke Gesöff in einem Zug. Im Augenwinkel sah ich Mum, die strahlend auf Mrs. Calahan zu ging und ihr die Hand schüttelte. Ich sackte noch tiefer in meinen Stuhl. Diese wandelnde Perfektion der Familie Calahan war genau nach Mums Geschmack. Und der genaue Gegensatz zu ihrer eigenen Tochter.
„Wen haben wir denn hier?“ Simons Kopf erschien direkt neben meinem Gesicht. Er hatte sich die Haare nach hinten geföhnt und trug eine rote Jacke zu seinen Jeans.
„James Dean?“, schlussfolgerte ich unbeeindruckt und deutete auf sein Outfit.
„Ziemlich offensichtlich, oder?“ Er grinste und setzte sich neben mich. „Und wen stellst du da?“
Ich wiegte den Kopf hin und her. „Schätzungsweise die unartige Tochter, die als Strafe mit zum Herbstball geschleppt wird.“
„Unartig?“ Verwundert sah Simon mich an.
„Dein Geburtstag?“, erinnerte ich
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