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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: EJ Waldau
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kommentierte Dad und verzog das Gesicht. „Ich hätte wissen sollen, dass du früher oder später die Sache mit deiner Gran benutzt, um Witze zu reißen.“

Mit einem schiefen Grinsen sah er mich an. Ich erwiderte es, natürlich aus vollkommen anderen Gründen.

Als wir zu Hause ankamen, entdeckte ich den Wagen meines Bruders vor der Garage und kaum hatte Dad angehalten, stürzte ich aus dem Auto.

Thor musste am Fenster auf uns gewartet haben, denn in diesem Moment öffnete er die Haustür und kam mir entgegen.

Ich rannte auf ihn zu und schmiss ich mich ihm um den Hals. Vor lauter Aufregung riss ich ihm beinahe seine Baseballkappe vom Kopf.

„Du bist zurück“, keuchte ich. „Gottseidank!“

„Es war doch nur ein Tag“, lachte er und ich ließ von ihm ab.

„Der war dafür lang genug“, entgegnete ich.

Thor begrüßte Dad, dann deutete er mir, auf mein Zimmer zu gehen.

„Mum ist ja wirklich ganz schön sauer“, meinte er, als ich die Tür hinter uns geschlossen hatte.

Ich nickte mit geschürzten Lippen. „So sauer hab ich sie noch nie erlebt.“

Thor hob lachend die Hand und machte eine kreisende Bewegung mit seinem Finger. „Das sehe ich. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie dich schon einmal zum Zimmer aufräumen verdonnert hat.“ Er ließ sich auf meinem Bett nieder. „Gefällt mir aber besser so.“

Ich verdrehte die Augen, dann setzte ich mich im Schneidersitz zu ihm. „Hat sie was zu dir gesagt, als du bei ihr gewartet hast?“

„Du solltest eher fragen, ob sie auch mal nichts gesagt hat“, lachte er auf. „Aber mach‘ dir keine Sorgen. Ich habe ihr gut zugeredet. Sie ist zwar noch immer sauer, aber zumindest weniger explosiv.“

Er kratzte sich am Kinn und ich hörte seine Fingernägel über die hellen Bartstoppeln scharren. Es passiert sehr selten, dass Thor sich nicht rasierte.

„Aber nachdem ich Schadensbegrenzung betrieben habe, würde ich gerne wissen, was eigentlich genau los ist“, erklärte er wieder ernst und ich nickte.

Als ich ihm alles berichtete, tat ich es das erste Mal, ohne mich überfordert zu fühlen. Die Worte sprudelten einfach aus mir heraus. Ich konnte sogar zugeben, dass ich Angst habe. Das schaffte ich nicht einmal mir selbst gegenüber.

Und das lag vor allem an Thor selbst, der vollkommen ruhig meiner Erzählung folgte, ohne erschrocken die Augen aufzureißen oder sonst irgendeine Gefühlsregung zu zeigen.

Er ging an Probleme immer rational ran, egal ob es sich um das Aussuchen der richtigen Schuhe handelte, oder die Tatsache, dass wir die übersinnlich veranlagten Nachkommen irgendwelcher
Gesandten
    sein sollten.

Als ich fertig war, schaute er mich einigermaßen verständnislos an. „Und warum hast du mir nie etwas gesagt?“, wunderte er sich und ich zog die linke Augenbraue hoch.

„Weil ich berechtigten Grund zur Annahme hatte, dass ich einfach nur durch geknallt bin.“

„Und selbst wenn es so gewesen wäre, hättest du es mir sagen können“, stellte er klar. „Habe ich dir jemals das Gefühl gegeben, du könntest nicht mit allem zu mir kommen?“

Spontan wäre mir da Simons Übernachtung eingefallen, die ich großzügig ausgespart hatte. Aber vermutlich hatte er das mit seiner Frage auch gar nicht gemeint.

Also schüttelte ich stumm den Kopf.

„Dann verstehe ich das nicht“, beschloss er und hob die Hände zu einer verständnislosen Geste.

Schuldbewusst starrte ich auf meine Hände. „Sorry.“

Thor winkte ab. „Sag mir in Zukunft sowas einfach, das reicht schon.“

Ich nickte. „Wie geht es dir überhaupt damit? Ich mein, du hast ja auch eine Fähigkeit.“

Thor schnaubte. „Ich hab das Gefühl, meine Fähigkeit hat irgendeinen Betriebsfehler.“

Ich musste auflachen. „Warum das denn?“

Er holte tief Luft und lehnte sich zurück. „Seit ich gestern ins Wohnheim gekommen bin, habe ich versucht, Gegenstände nur mit Willenskraft zu bewegen.“

„Und?“

„Naja, ich glaube, meine Mitbewohner halten mich jetzt für einen Riesentollpatsch mit Aggressionsschwierigkeiten“, erklärte er Kopf schüttelnd. „Ich habe einen Bilderrahmen quer durch mein Zimmer geschmissen, eine Fernbedienung durchs Fenster geschleudert und mir meine Nachtischlampe an die Stirn gedonnert.“ Ich musste laut loslachen, als er seine Kappe vom Kopf zog und auf eine rote Beule an der Schläfe deutete. „Immerhin ging das alles wirklich ohne die Sachen anzufassen.“

„Na, das ist doch ein Erfolg“, redete ich ihm amüsiert zu und Thor

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