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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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habe Stunden im Gericht verbracht und alte Gerichtsakten und Grundstücksregister gelesen. Dabei lernt man eine Menge über einen Ort und seine Einwohner. Haben Sie gewusst, dass 1915 ein Mann einen Monat nach seinem Prozess vor dem Gerichtsgebäude aufgehängt wurde? Er hatte eine Bank ausgeraubt, auf einen Mann geschossen, ihn aber gar nicht richtig getroffen, war mit zweihundert Dollar entkommen und wurde später gefasst. Sie haben ihn an Ort und Stelle verurteilt und dann aufgehängt.«
    »Das ist sehr effizient. Ich glaube, damals hat man sich noch keine Gedanken um überfüllte Gefängnisse gemacht.«
    »Oder zu volle Prozesslisten. Mich faszinieren solche Sachen jedenfalls. Ich habe ein altes Testament von 1847 gelesen, in dem ein Weißer seine Sklaven hergibt. Zuerst redet er davon, wie sehr er sie liebt und schätzt, und dann gibt er sie her wie Pferde und Kühe.«
    »Klingt deprimierend. Sie werden keinen einzigen Brigance finden, der einen Sklaven besessen hat. Wir konnten uns glücklich schätzen, wenn wir eine Kuh hatten.«
    »Um an die alten Akten zu kommen, brauche ich jedenfalls die Erlaubnis eines Mitglieds der Anwaltskammer. Das ist eine Vorschrift des County.«
    »Erlaubnis erteilt. Aber machen Sie es nach Büroschluss. Suchen Sie immer noch nach Ihren Wurzeln?«
    »Ja, klar. Ich suche überall. Die Familie Rinds hat dieses County 1930 verlassen und ist dann spurlos verschwunden. Ich will wissen, warum.«
    Das Mittagessen im hinteren Teil des Lebensmittelgeschäfts der Bates bestand aus vier Gemüsesorten, willkürlich aus zehn Töpfen und Pfannen zusammengestellt, die auf einem großen Gasherd vor sich hinköchelten. Mrs. Bates persönlich deutete, schöpfte und kommentierte, während sie die Teller belud und an den Gast weiterreichte. Mr. Bates stand an der Kasse und nahm drei Dollar fünfzig für das Essen entgegen, mit Maisbrot, einschließlich Eistee. Jake und Harry Rex fuhren einmal im Monat hin, wenn sie essen und reden wollten, ohne dass jemand zuhörte. Die Kundschaft setzte sich aus Farmern und Landarbeitern zusammen, gelegentlich auch dem einen oder anderen Holzfäller. Alle weiß. Schwarze würden zwar anstandslos bedient werden, aber noch nie hatte einer hier gegessen. Die Schwarzen kauften im vorderen Teil des Geschäfts ihre Lebensmittel. Vor drei Jahren hatte Tonya Hailey hier eingekauft und war die fast zwei Kilometer zu ihrem Haus zurückgelaufen, als sie entführt wurde .
    Die beiden Anwälte setzten sich an einen kleinen Tisch, so weit wie möglich von den anderen Gästen entfernt. Der Tisch wackelte, der alte Fußboden knarrte, und direkt über ihnen drehte sich quietschend ein klappriger Ventilator, obwohl immer noch Winter war und es im gesamten Gebäude heftig zog. In einer anderen Ecke strahlte ein Kanonenofen eine enorme Hitze aus, die den schmalen Raum wärmte. Nachdem sie ein paar Bissen gegessen hatten, sagte Harry Rex: »Dumas hat gute Arbeit geleistet, sofern so etwas bei ihm überhaupt möglich ist. Der Junge freut sich über einen spektakulären Verkehrsunfall genauso wie ein Anwalt.«
    »Ich musste ihm drohen, aber du hast recht, er hat uns nicht geschadet. Jedenfalls nicht mehr, als er es ohnehin schon getan hat. Danke, dass du Arthur Welch für einen Gastauftritt beschafft hast.«
    »Er ist ein Idiot, aber das bin ich schließlich auch. Wir haben eine Menge zusammen erlebt. Einmal haben wir zwei Nächte in einem Bezirksgefängnis verbracht, obwohl wir eigentlich in unseren Juravorlesungen hätten sein sollen. Um ein Haar hätten sie uns rausgeworfen.«
    Jake wusste, dass er besser nicht fragte, aber er konnte nicht widerstehen. »Warum wart ihr im Gefängnis?«
    Harry Rex schaufelte eine Ladung Gemüsekohl in seinen Mund und erzählte. »Wir waren für ein langes Wochenende in New Orleans und versuchten, wieder zur Ole Miss zu kommen. Ich saß am Steuer, habe getrunken, und irgendwo unten in Pike County haben wir uns dann verfahren. Als ich das Blaulicht sah, sagte ich: ›Scheiße, Welch, du musst dich ans Steuer setzen. Da kommt ein Polizist, und ich bin betrunken.‹ Welch sagte: ›Ich bin auch betrunken, du Blindgänger, das musst du schon allein durchziehen.‹ Aber wir saßen in seinem Wagen, und ich wusste genau, dass er nicht so betrunken war wie ich. ›He, Welch‹, sagte ich, ›du hattest nur zwei Bier. Ich halte jetzt an, und du bewegst deinen Arsch hier rüber.‹ Der Streifenwagen kam näher. ›Auf keinen Fall‹, meinte er. ›Ich bin seit

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