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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Amputierte, und den meisten seiner Angestellten fehlten ein oder zwei Glieder. Bei Baxter, dem Rausschmeißer, war es ein Ohr.
    »Hab ich wohl leider verpasst«, sagte Simeon und trank.
    »Muss ordentlich gekracht haben.«
    »Sieht ganz so aus. Ist Benjy da?«
    »Glaube schon.« Benjy spielte in einem fensterlosen Hinterzimmer bei verschlossener Tür Blackjack. Nebenan, in einem ähnlichen Raum, wurde gerade gewürfelt, und man hörte nervöse Stimmen. Eine attraktive Frau mit intakten Gliedmaßen und gut in Szene gesetzten anderen wichtigen Körperteilen kam herein und sagte zu Ontario: »Ich bin jetzt da.«
    »Ich dachte, du schläfst den ganzen Tag«, antwortete er.
    »Ich warte noch auf Kundschaft.« Sie ging hinter Simeon vorbei und strich ihm mit ihren langen falschen, pinken Fingernägeln über die Schulter. »Es kann losgehen«, gurrte sie ihm ins Ohr, doch er tat, als hätte er sie nicht gehört. Sie hieß Bonnie und arbeitete seit Jahren in dem Hinterzimmer, in dem viele junge Schwarze aus Ford County ihre Unschuld verloren hatten. Simeon war ein paarmal bei ihr gewesen. Heute würde er nicht zu ihr gehen. Als sie außer Sichtweite war, machte er sich auf die Suche nach dem Blackjack-Croupier.
    Benjy schloss die Tür hinter ihm und fragte: »Einsatz?«
    »Tausend«, sagte Simeon großspurig, ganz der Profi, und ver teilte rasch die Scheine auf dem Spieltisch. Benjys Augen weiteten sich. »Mann, das klärst du besser erst einmal mit Tank.«
    »Nein. Erzähl mir nicht, du hast noch nie tausend Dollar auf einem Haufen gesehen.«
    »Warte.« Benjy zog einen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete eine Geldkassette unter dem Tisch. Er zählte, überlegte, runzelte die Stirn und sagte: »Ich denke, das geht. Wenn ich mich richtig erinnere, bist du sowieso keine große Gefahr.«
    »Halt den Mund und teil aus.«
    Benjy tauschte das Geld in zehn schwarze Chips um. Die Tür ging auf, und Ontario erschien mit einem neuen Bier. »Hast du Erdnüsse da?«, fragte Simeon. »Die Schlampe hat heute kein Frühstück gemacht.«
    »Ich werde schon was finden«, brummte Ontario im Hinaus gehen.
    Benjy mischte die Karten. »Ich würde die Frau nicht so nennen, nach allem, was ich gehört habe.«
    »Glaubst du alles, was du hörst?«
    Sie spielten sechs Runden, dann erschien Bonnie, in den Händen einen Teller mit gemischten Nüssen und einen Krug eiskaltes Bier. Sie hatte sich umgezogen und trug knappe, durchsich tige Dessous mit schwarzen Strümpfen und abartigen Plateau-High-Heels, bei denen jede Straßennutte vor Neid blass geworden wäre.
    »O Mann«, murmelte Benjy.
    Bonnie fragte: »Kann ich sonst noch was für dich tun?«
    »Im Augenblick nicht«, erwiderte Simeon.
    Eine Stunde und drei Bier später sah Simeon auf die Uhr und wusste, dass er gehen sollte, konnte sich aber nicht überwinden. Daheim war alles voll mit schmarotzender Verwandtschaft, Lettie war nicht zu ertragen, und Rontell hasste er schon an guten Tagen. Und dann diese verdammten Blagen überall.
    Bonnie kam mit einem weiteren Bier, das sie oben ohne ser vierte. Simeon bat um eine Spielpause und sagte, er komme gleich wieder.
    Der Streit begann, nachdem Simeon bei zwölf Punkten seinen Einsatz verdoppelte, wovon jeder Routinier dringend abgeraten hätte. Die nächste Karte war eine Dame, damit hatte er das Limit von einundzwanzig Punkten überschritten, und Benjy zog seine letzten beiden Chips ein. »Leih mir fünfhundert«, verlangte Simeon.
    »Wir sind doch keine Bank«, entgegnete Benjy, wie nicht anders zu erwarten. »Tank schreibt nichts an.«
    Simeon, inzwischen betrunken, schlug auf den Tisch und brüllte: »Ich will fünf Chips zu hundert Dollar!«
    Das Spiel hatte noch einen weiteren Teilnehmer angelockt, einen stämmigen jungen Mann mit Oberarmen, die an Basketbälle erinnerten. Er wurde Rasco genannt und hatte mit Fünfdollarchips gespielt, während Simeon mit dem großen Geld um sich geworfen hatte. »Pass bloß auf!«, fauchte Rasco und nahm seine Chips an sich.
    Simeon hatte Rascos Teilnahme von Anfang an nicht gepasst. Angesichts seiner Einsätze sollte er den Croupier für sich haben dürfen. Binnen einer Sekunde war Simeon klar, dass es zu einer Schlägerei kommen würde, und seiner Erfahrung nach war es am besten, den ersten Treffer zu landen, denn der konnte entscheidend sein. Er holte weit aus, verfehlte sein Ziel aber um Längen. W ährend Benjy noch schrie: »Aufhören mit dem Quatsch! Nicht hier drin!«, schnellte Rasco von seinem

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