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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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seine von neuerlichem Entsetzen rotierenden Sinne hörten ein Stammeln: »Teufel … Teufel … T…t…teufel …!«

4.
    Am dritten Abend ergriff der Einsiedler zum ersten Mal das Wort. Bis dahin war der Junge ihm auf seiner scheinbar ziellosen Wanderung durch den Wald hinterhergestolpert, weniger aus dem Bewusstsein heraus, dass der hünenhafte Alte ihn gerettet hatte und es möglicherweise gut mit ihm meinte, sondern eher aus der Ratlosigkeit, wohin er sich sonst hätte wenden sollen.
    »N… N… gnnnnn! … N…name?«, fragte der alte Mann. Sein Gesicht war wettergegerbt und von einem dichten Bart überwuchert, eine Ansammlung wuchtiger Kanten und Kliffe. Das Lachen sah eher wie Zähnefletschen aus, aber der Junge fürchtete sich nach zwei Tagen schweigsamen Zusammenseins nicht mehr genug, um davon in die Flucht geschlagen zu werden.
    Er zuckte mit den Schultern.
    Der Einsiedler deutete auf sich. Sein Mund arbeitete. »P… P…«
    »Was?«, fragte der Junge unwillkürlich.
    Der Einsiedler verdrehte die Augen und deutete erneut auf sich. »P… P…« Plötzlich brach er ab und machte eine wegwerfende Bewegung. Er beugte sich zu dem Jungen und fasste ihn am Handgelenk. Der Junge wollte sich losreißen, doch der Einsiedler legte nur dessen Faust auf seine eigene Brust. »Petr!«, sagte er halbwegs deutlich.
    »Petr? Soll das dein Name sein?«
    Der Einsiedler nickte. Der Junge musste lachen. Das Geräusch schien dem Einsiedler fremd vorzukommen; er legte den Kopf schief und lauschte ihm hinterher. Dann deutete er erneut auf den Jungen. »Name?«
    Der Junge seufzte und ließ den Kopf hängen. Er antwortete nicht.
    Diesmal zuckte der Einsiedler mit den Schultern. Dann legte er sich wortlos auf die Seite und begann nach ein paar Augenblicken zu schnarchen. Der Junge starrte den dunklen Wald um sich herum an. Falls Tiere in der näheren Umgebung herumschlichen, wurden sie jedenfalls durch das Schnarchen vertrieben. Das Gesäge hatte etwas Tröstliches, so wie der muffige Geruch des Einsiedlers und seine Struppigkeit – es erinnerte ihn an den Hütehund, wenn sie sich in einem Regenschauer aneinandergedrängt und gegenseitig gewärmt hatten. Nach einer Weile kroch er zu dem Alten hinüber und rollte sich neben ihm zusammen.

5.
    Wenn man die Gesten, die Mimik der klobigen Gesichtszüge und das Gestammel des Einsiedlers zusammennahm und sich durch nichts ablenken ließ, war fast so etwas wieeine Unterhaltung möglich. Nicht dass der Alte viel Wert darauf gelegt hätte, eine Diskussion zu führen. Wenn er sprach, dann sprach er allein. Was er zu sagen hatte, benötigte Tage, um sich im Geist des Jungen zu formen, aber dann hatte er es verstanden. Es war eine Geschichte.
    »Es ist, weil wir gesündigt haben«, sagte Petr. »Das ist schon sehr lange her, aber Sünden gehen nicht einfach weg. Man muss dafür Buße tun, und solange man nicht genug Buße getan hat, bleibt die Sünde in der Welt und vergiftet alles.«
    »Was für ein Gift?«
    »Das, was draußen passiert. In den Städten. In den Dörfern. Der Krieg. Dass so viele Menschen erschlagen werden. Dass keiner mehr weiß, was der wahre Glaube ist, und dass die Hoffnung stirbt. Es ist unsere Sünde. Wir haben darin versagt, die Welt vor ihr zu beschützen. Wir haben … schreckliche Dinge getan!«
    Dem Jungen wurde stets unheimlich zumute, wenn der Einsiedler zu weinen begann. Er hatte den Bauern nie weinen sehen, und auch die Knechte nicht. Weinen war den Weibern und den Kindern vorbehalten. Er fühlte sich schutzlos, sobald der Alte das Gesicht in seinen Pranken vergrub und schluchzte.
    Die Geschichte, in mühsamen Wochen dem Geist des Alten entrungen, war diese:
    Einst hatte der Teufel ein Buch geschrieben. Ein sündiger Mönch hatte ihn um seine Hilfe gebeten, damit er seine Buße vollenden konnte, und hatte dem Teufel seine Seele dafür versprochen. Das Buch hatte eine Sammlung all des Wissens sein sollen, das der Mönch im Laufe seines Lebens erworben hatte; doch der Teufel hatte sich einen Spaß daraus gemacht, stattdessen seine eigene Weisheit darin festzuhalten. Es war eine Weisheit ohne Erbarmen, eine Klugheit ohne Liebe, ein Wissen, das nicht zur Erleuchtung, sondern zum Erwerb der Macht diente, es war des Teufels stärkste Waffe in seinemPlan, die Menschen zu verderben, weil die Menschen stets nach Erkenntnissen gierten, um Gott ähnlicher zu werden. Wenn man einem Narren eine Fackel in die Hand drückte, würde er das Haus abbrennen; wenn man sie einem

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