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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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widerliche, ganz und gar unverzeihliche Sünde.
    Confiteor Deo omnipotenti …
    Vor Dir, allmächtiger Gott, bekenne ich …
    Er erinnerte sich an das Feuer; an die Schreie; an das Hämmern an der verschlossenen Tür; an das Flehen um Gnade, das leiser und leiser wurde, weil es sich hinter ihm entfernte, weil er davonrannte, weil er sie ihrem Schicksal überließ: der Hölle, die sie fürchteten, der sie um jeden Preis hatten entgehen wollen … der Hölle, die sie jetzt bei lebendigem Leib verschlang.
    Confiteor Deo omnipotenti,
    Quia peccavi nimis …
    … dass ich gesündigt habe …
    Aber das war es wert, oder nicht? Als sie vom Aufruf zu einem neuen Pilgerzug in das Heilige Land gehört hatten, zu dem der König von Frankreich und der Herr von Venedig aufgerufen hatten (es schien, als sei es erst gestern gewesen, und dabei war er damals ein Jüngling gewesen und jetzt ein Mann jenseits der Lebensmitte), hatten sie diskutiert. War es der Glaube wert, dafür zu sterben? Die Antwort war »Ja!« gewesen, gegeben mit blitzenden Augen und glühenden Wangen. Die Narren, die sie damals gewesen waren, er ebenso wie die anderen. Nichts hatten sie gewusst, gar nichts!
    Confiteor Deo omnipotenti,
    Quia peccavi nimis,
    Cogitatione …
    … in Gedanken …
    Und es war die falsche Frage. Für den Glauben zu sterbenwar einfach. Wer glaubte, war überzeugt, dass nach dem Leben auf Erden ein besseres Leben im Himmel auf ihn wartete – warum den Eintritt darein verzögern? Nein, die wahre Frage musste lauten: War es der Glaube wert, dafür zu töten ?
    Confiteor Deo omnipotenti,
    Quia peccavi nimis,
    Cogitatione,
    Verbo et opere.
    … in Worten und Werken.
    Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa! Kyrie eleison! Kyrie eleison …
    Er blätterte … blätterte in seinem Hirn, weil er seit Langem die Schriftwerke nicht mehr benötigte, um das Wissen abzurufen. Das Streben des Daseins lag nicht in der Ordnung und erst recht nicht in der Seligkeit, sondern im Gleichgewicht der Dinge. Wenn man das akzeptiert hatte, verstand man das Leben; vor allem, dass jeglicher Anspruch auf Macht und Unterwerfung und alle Lieder vom weißen König auf dem weißen Ross völliger Unfug waren. Es ging nicht darum, zu siegen; es ging darum, ins Gleichgewicht zu kommen. Leben gab es nicht ohne Tod …
    Die Worte hallten in seinem Kopf: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
    Das war die wahre Dreifaltigkeit, und sie hatte ihre dunkle Entsprechung. Er hörte die gleiche Stimme in seinem Kopf wispern: Nun aber bleiben Misstrauen, Verzweiflung, Hass …
    Gleichgewicht. Es kam nur auf das Gleichgewicht an. Das war das Herz aller Dinge.
    Kyrie eleison , denn ich habe vom Baum der Erkenntnis genossen, und ich sehe die Welt, wie Du sie geschaffen hast.
    Kyrie eleison , denn ich habe gesündigt.
    Kyrie eleison, kyrie eleison … denn Du hast es so gewollt, weil ich ein winziger Stein in den Waagschalen von Gut undBöse bin, und Du, o Herr, hast mich in die Schale des Zorns gelegt.
    Er hörte die Schreie hinter sich und das Prasseln der Flammen, roch den Rauch …

    … es war ein Traum gewesen! Nur ein Traum …
    Doch die Schreie blieben, und die Kampfgeräusche. Sie drangen bis hierher – Klingen, die aufeinanderprallten, das Peitschen der Schüsse, die verzweifelten Befehle, Pferdewiehern … das Flattern eines Geschosses, das in hohem Bogen über die Mauern flog, der Einschlag, das Beben des Bodens und das Krachen, mit dem eine Hauswand in sich zusammenstürzte … Hufgetrappel, wilde Flüche, lang gezogene Schmerzensschreie und dazwischen das schrille Gebet eines Menschen, der sich seiner Angst ergeben hatte: Heilige Maria Mutter Gottes, voll der Gnaden …! Heilige Maria Mutter Gottes …! Etwas prasselte, als stünde alles in Flammen, aber reines Mauerwerk konnte doch nicht brennen! Oder doch? Vielleicht brannten heute sogar Steine, vielleicht brannte die ganze Welt, vielleicht starb die Hoffnung hier und heute, nachdem der Glaube schon so lange tot war und zuletzt auch die Liebe gestorben war.
    Dies war kein Traum. Oh, wollte Gott, es wäre einer gewesen!

2.
    Alexandra Rytíř blieb an der Schwelle der Ägidius-Kirche stehen und holte Luft. Der Geruch, der aus dem weiten, nüchternen Kirchenschiff drang, war einladend – Kerzenwachs und Unschlitt, Reste von Weihrauch, Ölfarbe, Staub und Alter: der ewige Kirchenduft. Für sie würde er nie mehr etwas anderes bedeuten als Abschied, Schmerz und

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