Die Erbin Der Welt erbin1
nebenan ankleidete. Der Schneider hatte über Nacht ein Wunder bewirkt und mir einen ganzen Ständer voller standesgemäßer Kleidung geliefert. Er war sehr gut: Anstatt einfach etwas zusammenzunähen, das dem Stil der hochgewachsenen Amn entsprach, hatte er mir eine Auswahl längerer Röcke und Kleider geschneidert, die auch mir gut standen, obwohl ich etwas kleiner bin. Sie waren trotzdem immer noch viel dekorativer und wesentlich unpraktischer, als ich es gewohnt war — ganz zu schweigen davon, dass sie an den merkwürdigsten Stellen einengten. Ich fühlte mich lächerlich. Aber eine Erbin der Arameri durfte eben nicht wie eine Barbarin aussehen — nicht einmal, wenn sie eine war —, und so trug ich T'vril auf, dem Schneider für seine Bemühungen zu danken.
Mit all den fremdartigen Gewändern und dem pechschwarzen Kreis auf meiner Stirn erkannte ich mich im Spiegel kaum wieder.
»Relad und Scimina müssen nicht teilnehmen, und sie tun es auch nur selten«, sagte T'vril. Er war eingetreten, um mich kurz zu mustern, wie ich da so vor dem Spiegel stand. Sein zufriedenes Nicken ließ mich wissen, dass mein Aussehen seine Zustimmung fand. »Allerdings kennt sie auch jeder, und Ihr seid eine unbekannte Größe. Dekarta möchte, dass Ihr insbesondere heute anwesend seid, damit jeder seine neue Erbin sehen kann.«
Was bedeutete, dass ich keine andere Wahl hatte. Ich seufzte und nickte. »Ich bezweifle, dass die meisten der Adligen sehr erfreut sein werden«, sagte ich. »Ich war zu unbedeutend, als dass sie mir vor diesem Durcheinander ihre Zeit geschenkt hätten. Ich könnte mir vorstellen, dass es ihnen gegen den Strich geht, jetzt nett zu mir sein zu müssen.«
»Da könntet Ihr recht haben«, sagte T'vril leichthin und unbekümmert.
Er durchquerte das Zimmer bis zu den Fenstern und genoss die Aussicht, während ich vor einem Spiegel mit meinen widerspenstigen Haaren kämpfte. Das war reine Nervosität, meine Haare hatten noch nie besser ausgesehen.
»Dekarta verschwendet seine Zeit nicht mit Politik«, fuhr T'vril fort. »Er stellt die Zentralfamilie über derartige Dinge. Deshalb neigen die Adligen dazu, mit ihren Anliegen an Relad oder Scimina heranzutreten. Und jetzt an Euch.«
Großartig. Ich seufzte und drehte mich zu ihm um. »Ich gehe davon aus, dass es keine Chance gibt, enterbt zu werden, wenn ich mich in einen Skandal oder zwei verwickeln lasse? Vielleicht könnte ich dann in irgendeine Provinz im Norden verbannt werden.«
»Ihr würdet höchstwahrscheinlich so enden wie mein Vater«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »Das ist die übliche Art der Familie, mit Peinlichkeiten umzugehen.«
»Oh.« Einen Moment lang fühlte ich mich unbehaglich, weil ich ihn an diese Tragödie erinnert hatte, aber dann erkannte ich, dass es ihn gar nicht berührte.
»Wie dem auch sei, Dekarta scheint fest entschlossen, dass er Euch hier haben will. Ich könnte mir vorstellen, dass er Euch, wenn Ihr genügend Arger macht, einfach wie ein Bündel verschnüren und bei der Nachfolgezeremonie zum richtigen Zeitpunkt abliefern lässt. Obwohl, soweit ich weiß, läuft diese Zeremonie ohnehin immer so ab.«
Das überraschte mich. »Ihr kennt sie nicht?«
»Die Zeremonie?« T'vril schüttelte den Kopf. »Nur Mitglieder der Zentralfamilie dürfen daran teilnehmen. Außerdem hat es seit vierzig Jahren keine gegeben — nicht, seitdem Dekarta aufgestiegen ist.«
»Verstehe.« Ich schob diese Information beiseite, um später darüber nachzudenken. »Na gut. Sind im Salon Adlige, vor denen ich mich hüten sollte?« Er warf mir einen ironischen Blick zu, und ich berichtigte mich. »Jemand im Besonderen?«
»Das werdet Ihr noch vor mir feststellen«, sagte er. »Ich glaube, dass sich sowohl Eure Verbündeten als auch Eure Feinde sehr schnell zu erkennen geben werden. Um genau zu sein, vermute ich, dass ab jetzt alles sehr schnell gehen wird. Seid Ihr bereit?«
Das war ich keineswegs. Und ich wollte ihn unbedingt nach seinem letzten Kommentar fragen. Die Dinge würden noch schneller geschehen als bisher? War das möglich?
Aber ich musste meine Fragen auf später verschieben. »Ich bin bereit.«
Und so führte T'vril mich aus meiner Wohnung und durch die weißen Flure. Meine Wohnung befand sich, wie die der meisten anderen Vollblut-Arameri, in der obersten Etage von Elysiums Ballungszentrum, obwohl ich wusste, dass sich auch in den Türmen Wohnungen und andere Räumlichkeiten befanden. Es gab noch ein Lotrechtes Portal
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