Die Erde ist nah
zu sprechen. Der versuchte mir zu erklären, wie ich das Gerät reparieren solle. Als er aber meine unbeholfenen Fragen hörte, sagte er: »Weißt du was, Georg, laß es lieber sein. Rühr das Gerät gar nicht mit dem Schraubenzieher an. Die Geräte sind miteinander verbunden, und es könnte auch der zweite Apparat zu arbeiten aufhören.«
So blieb mir nichts anderes übrig, als der Technik zu vertrauen. Schließlich gab es für den unwahrscheinlichen Fall, daß beide Geräte versagten, noch die Raumanzüge. An den Start der Libelle war nicht zu denken. Im Gebiet der Basis, das in einem Staubgebiet lag, war wegen Nebel kaum zwei Meter Sicht. Hier sah ich zwar durch die Sehschlitze die Landschaft im Umkreis von fünfhundert Metern, aber das
Firmament war auch von einem Staubschleier überzogen. Es war ein trauriger Tag, und Williams' Zustand verschlechterte sich wieder.
Gegen Abend meldete sich der Sender des Schleppers. O'Brien berichtete, der Schlepper habe fast den Gipfel des Bergrückens erreicht. Weiter könne man mit ihm nicht vordringen. Die Expedition bleibe über Nacht beim Schlepper, und am Morgen würden O'Brien, McKinley, Sheldon und Briggs versuchen, auf die andere Seite des Kammes zu gelangen, und zwar nur mit den notwendigsten Vorräten an Sauerstoff und Wasser, während der Rest der Expedition mit einem Vorrat an Signalraketen auf dem Gipfel des Felsenrückens bleibe. Ich machte kein Hehl aus meiner Meinung über diesen irrsinnigen Plan. Nach einer Weile stellte ich jedoch fest, daß O'Brien offensichtlich die Verbindung unterbrochen hatte. Abends begann Williams wie vorher schon von einem Fluß zu phantasieren, dann von einem Baum. Ich gab ihm eine Spritze und rief die Basis an. Der Kapitän war wütend, als er von O'Briens Plan hörte. Er befahl mir, mich sofort mit der Expedition in Verbindung zu setzen. Keiner dürfe sich von dem mit Vorräten beladenen Schlepper entfernen. Schließlich raffte sich der Kapitän zu einem direkten Schlag auf und ordnete die Rückkehr der Expedition zur Basis an. Ich versuchte, mich mit dem Schlepper der Eidechse zu verbinden, doch niemand reagierte auf meinen Ruf. Draußen heulte eintönig der Wind. Der schlafende Williams atmete laut und schwer.
Am folgenden Tag versuchte ich wieder vergblich, eine Verbindung mit der Expedition auf dem Felsenrücken herzustellen. Die Kopfhörer blieben taub. Nur der Wind draußen heulte den ganzen Tag und die ganze Nacht, während Williams mir wieder von einem Baum und einem Fluß erzählte. Die Expedition kehrte erst am späten Nachmittag des nächsten Tages zurück. Die Männer waren zum Umfallen erschöpft. Keiner sprach ein Wort. Der Grund aber war nicht allein die Müdigkeit. Erst viel später habe ich erfahren, wie das dort oben eigentlich war . . . O'Brien, McKinley, Sheldon und Briggs gelangten über die Barriere, doch vor sich sahen sie nur ein wüstes, im grauen Nebel verschwindendes Felsengewirr. Bis zum Mittag drangen sie in diese trostlose Wüste vor. O'Brien wollte noch weiter gehen. Die Todesgefahr war jedoch so offensichtlich, daß McKinley, Sheldon und Briggs sich weigerten. Da kapitulierte auch O'Brien.
Uns bleibt keine andere Wahl, wir müssen zurück. Das Leben des Menschen hängt von ganz einfachen Dingen ab - Wasser und Luft. Auf diesem unmenschlichen Planeten ist alles nur totes Gestein. Wir haben so viel Luft und Wasser, daß es gerade noch reicht. Wir schleichen vierzehn Tage lang durch eine Wüste, auf endlosen Umwegen, in trüber Dämmerung, bei ständigem Wind - und jeder berechnet abends die Kilometer, das Wasser und die Luft.
Williams liegt auf dem schaukelnden Anhänger und rechnet nicht mehr. Von Zeit zu Zeit erwacht er aus seiner Bewußtlosigkeit. Wenn ich mich über ihn beuge, sehe ich hinter der Schutzscheibe des Helms sein erschreckend abgemagertes Gesicht, das sich in dem Augenblick, in dem er mich erkennt, zu einem schuldbewußten Lächeln verzieht. Ich stecke ihm den Schlauch in den Mund und beobachte, wie er trinkt. Der einzige von uns, dem es gegönnt ist, sich satt zu trinken. Der einzige, der nicht weiß, wie kostbar die Flüssigkeit ist, die er trinkt. Wenn ich sein Gesicht betrachte, habe ich das Gefühl, daß der Wind aufhört, der Himmel sich aufhellt, die Sterne leuchten, und daß einer der Sterne zu uns fliegt, größer wird - die Libelle. Doch nein, es ist nur eine Vision. Der nördliche Wind überschüttet uns ununterbrochen mit Staubwolken, und am fünfzehnten Tag wächst der
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