Die Erde ist nah
sitze niedergedrückt am Sehschlitz und beobachte die eintönig blinkenden Sterne am Nachmittagshimmel.
Kurz nach drei Uhr wird die Kabine von einem Windstoß erschüttert. Williams erwacht und fragt, wo wir schon sind, wieviel Kilometer wir zurückgelegt haben. Ich messe seine Temperatur. Das Fieber steigt wieder. Dann versuche ich eine Verbindung mit der Expedition herzustellen, die irgendwo auf der Barriere sein muß. Ich höre aber nichts als das Heulen des Windes.
Seltsamerweise läßt mich die Annahme, daß sich die Expedition verirrt hat, gleichgültig. Ebenso meine Einsamkeit auf diesem Felsenriff. Einsamkeit für immer. Eine süße Müdigkeit überfällt meine Glieder, und das Gehirn sehnt sich nach Ruhe, nach erhabener Ruhe .. . Da ertönt das schrille Signal der Kontrolleinrichtung am Sauerstoffregenerator und reißt mich plötzlich aus meiner Stumpfheit. Ich habe vergessen, den Chemikalienbehälter am Reservegerät auszuwechseln. Mit sonderbar schweren Gliedern, verursacht durch den Sauerstoffmangel, manipuliere ich endlos lange am Behälter herum, ehe es mir gelingt, ihn an der richtigen Stelle anzusetzen und das Gerät auf volle Leistung einzuschalten. Nach wenigen Minuten schwindet die Schlaffheit. Ich behandle Williams und eile in die Überdruckkammer, um den Raumanzug anzuziehen. In fieberhafter Eile nehme ich die Leuchtraketen und gehe hinaus in den Sturm. Obwohl ich mich breitbeinig hinstelle, kann ich mich bei dem Wind kaum auf den Beinen halten. Deshalb lehne ich mich mit dem Rücken an die Kabine und schieße die erste Rakete ab. Hoch über mir strahlt in der trüben Dämmerung einige Sekunden lang ein grünes Licht, das der Wind nordwestlich über die abgerundeten Felsenzinnen trägt. In viertelstündigen Intervallen schieße ich zwei Stunden lang weitere Raketen ab.
Während es allmählich dunkel wird, erblicke ich die Scheinwerfer der Schlepper. Ich schalte den Scheinwerfer der Astra ein und krieche in die Überdruckkammer.
Die Expedition kehrt nur mit einem der beiden Anhänger zurück. Von den schweigsamen und vor Müdigkeit fast zusammenbrechenden Gefährten erfahre ich schließlich, daß bei einem Bodenrutsch am Hang eines Kraters ein Anhänger samt seiner Ladung geopfert werden mußte, damit wenigstens der Schlepper gerettet werden konnte. Im Geiste berechne ich die durch den Unfall reduzierten Wasser- und Sauerstoffvorräte. Der Sturm wütete die ganze Nacht und noch zwei weitere Tage. Die Expedition war, einschließlich des Rückmarsches, für sechzig Tage geplant. Dreißig waren schon verflossen. Die ursprünglich für die Errichtung des vorgeschobenen Stützpunktes im Gebiet von Sinus Sabaeus bestimmten Vorräte gewährleisteten Lebensbedingungen für eine viel längere Zeit, doch nach den erlitten Verlusten schrumpften diese wesentlich zusammen. Trotzdem bestand O'Brien, nachdem am siebenunddreißigsten Tag der Wind nachgelassen hatte, auf einem dritten Versuch zur Überwindung der Felsenbarriere. Diesmal wollte er nur einen Schlepper einsetzen und den Anhänger nur mit den notwendigsten Vorräten beladen. Ich wunderte mich, daß keiner der Männer gegen einen solchen Leichtsinn protestierte. Als wären alle angesteckt von dem besessenen Verlangen nach dem Gelobten Land dort auf der anderen Seite der Barriere.
O'Brien meldete seinen Plan nicht an die Basis. Weil sich der
Gesundheitszustand Williams' nur langsam besserte, behielt ich meine Zweifel für mich und hoffte nur, daß schließlich doch das Wetter die Situation entscheiden und die Libelle noch eintreffen würde. Ich hatte das Gefühl - vielleicht infolge der mehrtägigen Ruhe und Erholung -, daß ich das einzig vernünftig denkende Mitglied der Expedition war.
Die folgenden zwei Tage nahmen einen dramatischen Verlauf. Bei starkem Wind begab sich die Expedition von acht Männern mit nur einem Schlepper und einem entlasteten Anhänger auf den Weg, um einen letzten Versuch zu unternehmen, über die Barriere zu gelangen.
Kaum zwei Stunden, nachdem Williams und ich allein in der Kabine der Astra zurückgeblieben waren, erklang die Signalglocke des Sauerstoffregenerators. Diesmal aber war der Behälter voll. Ich schaltete auf das zweite Gerät um und stellte so fest, daß das erste Gerät einen Defekt haben mußte, den ich selbst nicht reparieren konnte. Von diesem Augenblick an war ich sehr nervös. Die Vorstellung, daß auch das zweite Gerät versagen könnte, wurde immer intensiver. Ich rief die Basis an, um mit Jenkins
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