Die Erde ist nah
jahrtausendelang aus den Tiefen des endlosen Wüstengürtels der nördlichen Marshalbkugel mit sich gebracht haben. Der Fahrer der führenden Eidechse weiß nie, was unter der Staubschicht verborgen liegt. Wir befinden uns jetzt auf der windgeschützten Seite der Barriere, und obwohl es fast windstill ist, wird die Sicht immer schlechter. Auf der anderen Seite weht anscheinend der Wind und treibt den Staub über die Barriere hinweg. Der Optimismus der vorangegangenen Tage schwindet, und es bleibt nur der feste, allmählich in eine stumpfe Ausdauer übergehende Wille. Gray hat Schmerzen im Knie. Er kann auf dem Bein nicht stehen, und es besteht keine Hoffnung, daß die nichtbehandelte Verletzung in absehbarer Zeit von selbst irgendwie zufriedenstellend heilt. Obwohl er nichts sagt, weiß ich gut, was er denkt; er ist zu einer schweren Belastung für die Expedition geworden. Das ist leider nicht nur sein Eindruck, sondern die harte Wahrheit.
Die Schwierigkeiten mit dem zweiten Anhänger sind so groß, daß O'Brien den Vorschlag macht, ihn an Ort und Stelle zu lassen. Unsere Vorräte sind genügend groß, auch wenn wir von dem Anhänger der verlorenen Blauen Eidechse absehen. Der Kapitän verbietet jedoch, auch nur ein Kilogramm der Vorräte freiwillig aufzugeben. Und so schleicht die Kolonne weiter, langsam und schwerfällig, wie eine große, lahme Raupe. Zu alldem beginnt der Wind auf dieser Seite der Barriere den aufgewirbelten Staub zu einer gespenstischen Wolke zusammenzuballen.
Wir kämpfen uns schwer vorwärts. Dann kommt die Nacht, die keine Erholung bedeutet, sondern nur eine Pause im Kampf. Der neue Tag ist nicht besser als der vorangegangene. Je weiter wir uns von der Barriere entfernen, desto mehr nimmt der Staub zu. Die Oberfläche des Bodens ist eine einzige Reihe von Fallen. Zehnmal, zwanzigmal befreien wir den festgefahrenen Schlepper und die Anhänger, in ständiger Angst, eine der lauernden, bodenlosen Vertiefungen könnte einen von uns verschlingen. Die Windstöße gehen in einen Sturm über, und die Sicht beträgt kaum zehn Meter im Umkreis. Der Kapitän befiehlt die Einstellung des Marsches. Wir richten ein Lager ein, in dem wir auf besseres Wetter warten wollen, und rufen die Basis an. Der Empfang ist schlecht, doch haben wir das Gefühl, im Weltall nicht verlassen und verloren zu sein. Auf der Basis wütet der Sturm schon seit dem Morgen. Wir legen uns im Windschatten des Schleppers und der Anhänger nieder und beseitigen von Zeit zu Zeit die Staubanwehungen. So verbringen wir drei furchtbare, eintönige und erschöpfende Tage und Nächte. Dann legt sich der Wind, doch die Atmosphäre bleibt staubgesättigt; trotzdem setzen wir den Weg nach Süden fort. Wir schätzen, daß wir ungefähr noch dreißig Kilometer von Sinus Sabaeus entfernt sind.Überall umgibt uns verräterischer, bodenloser Staub. Das Vordringen ist möglich, indem vor dem führenden Schlepper abwechselnd Männer gehen und mit Metallstangen das Gelände abtasten. Eine halbe Stunde vor dem Mittag meldet Sheldon einen Defekt am Motor der Roten Eidechse. Die Kolonne hält an. Ich steige von der Grünen Eidechse und blicke mich in der Hoffnung um, etwas anderes zu sehen als den bleichen Nebel über dem sich kräuselnden, feinen Sand, als verstaubte Schlepper und die schweigsamen, unförmigen Gestalten meiner Gefährten. Mein Hals ist ausgetrocknet, und im Inneren habe ich das Gefühl, daß wir unser Leben bis zu einem Wendepunkt geschleppt haben, auf dessen anderer Seite es wirklich nichts mehr gibt als eine frostige, endlose und ewige Wüste.
Ich ahnte es. Sheldon beschäftigte sich mit dem Motor der Roten Eidechse wie ein gerichtlicher Leichenbeschauer, der nur noch die Todesursache feststellen soll. Deshalb war ich weiter nicht überrascht, als er nach zwei Stunden erklärte, daß der Defekt an der Treibstoffpumpe nicht behoben werden könne. Wir standen trübselig da und schwiegen. Diesmal fragte uns der Kapitän nicht nach unserer Meinung. Er entschied allein und eindeutig: Die Expedition muß, solange noch eine Möglichkeit besteht, zur Basis zurückkehren. Keiner sagte ein Wort. Das Gefühl der Niederlage war zu bitter. Dann sprach O'Brien, ruhig und besonnen, als säße er im Stuhl des Laboratoriums: »Ralph, du bist Soldat und kennst den Preis einer Niederlage. Ich bitte dich, hilf mir! Ich bin mit der Rückkehr nicht einverstanden. Wer der gleichen Meinung ist, stelle sich neben mich.«
Es gibt Gesetze, die weder von der
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