Die Erde
sich groß vor den Jüngelchen, brüllte lauter, trieb sie zu blöden Wetten: eine hoch in die Luft gehaltene Literflasche in die Kehle leerlaufen zu lassen oder das volle Glas mit der Nase auszusüffeln, ohne daß ein Troffen durch den Mund ging.
Da gerade über die Macquerons und die bevorstehende Heirat ihrer Tochter Berthe gesprochen wurde, ulkte der Kleine von Couillots über Nichtsistdran, spielte sich als Spaßvogel auf, indem er wieder mit den alten Witzen anfing. Na, man würde eben den Ehemann am Tage drauf fragen müssen: war bei ihr was dran, ja oder nein? Man rede schon so lange darüber, das werde mit der Zeit dumm!
Und man war überrascht über den jähen Zornesausbruch Victors, der sonst am meisten darauf versessen war, zu sagen, bei ihr sei nichts dran.
»Nun langt's aber, bei ihr ist was dran!«
Mit Getöse wurde diese Behauptung aufgenommen.
Er hatte es also gesehen, er habe wohl mit ihr geschlafen?
Aber er verwahrte sich ausdrücklich dagegen. Man könne wohl sehen, ohne anzufassen. Er habe das eben so eingerichtet, als ihn eines Tages der Gedanke quälte, die Sache aufzuklären. Wie? Das gehe niemand was an.
»Bei ihr ist was dran, Ehrenwort!«
Aber als sich der Kleine von Couillots, der stinkbesoffen war, darauf versteifte, daß bei ihr nichts dran sei, obwohl er das gar nicht wußte, bloß um nicht nachzugeben, da wurde die Sache fürchterlich.
Victor brüllte auf, das habe er auch gesagt; wenn er das jetzt nicht mehr sage, so nicht aus dem Gedanken heraus, den Macquerons, diesem Lumpengesindel, beizustehen! Sondern weil die Wahrheit die Wahrheit sei. Und er fiel über den Wehrpflichtigen her, man mußte ihn aus seinen Händen reißen.
»Sag, daß bei ihr was dran ist, Himmelsakrament! Oder ich bring dich um!«
Viele zweifelten übrigens auch weiterhin. Niemand konnte sich erklären, warum Lengaignes Sohn so aufgebracht war, denn er war gewöhnlich hart zu den Frauen, er verleugnete öffentlich seine Schwester, die das dreckige Flottmachen ins Krankenhaus gebracht hatte, wie es hieß. Dieses Miststück, die Suzanne! Sie tat gut daran, daß sie nicht kam und sie alle mit ihrem abgetakelten Gerippe vergiftete!
Flore holte wieder Weine hoch, aber man mochte sich noch soviel zutrinken, Beleidigungen und Ohrfeigen lagen in der Luft. Nicht einer wäre weggegangen, um Abendbrot zu essen. Wenn man trinkt, hat man keinen Hunger. Die Wehrpflichtigen stimmten ein vaterländisches Lied an, das mit solchen Fausthieben auf den Tisch begleitet wurde, daß die drei Petroleumlampen blakten und ihren scharfen Rauch ausspien. Man erstickte schier. Delhomme und Clou entschlossen sich, ein Fenster zu öffnen. Und in diesem Augenblick kam Geierkopf herein und schlich in eine Ecke. Er hatte nicht seine übliche herausfordernde Miene aufgesetzt, er ließ seine unheimlichen kleinen Augen umherschweifen, betrachtete die Leute einen nach dem anderen. Zweifellos kam er, um Neues zu erfahren, weil er Bescheid wissen wollte und es nicht mehr bei sich zu Hause aushalten konnte, wo er seit gestern eingeschlossen lebte. Die Anwesenheit von Jesus Christus und Kanone schien ihn so sehr zu beeindrucken, daß, er keinen Streit mit ihnen suchte, obwohl sie Vater Fouan besoffen gemacht hatten. Lange peilte er auch nach Delhomme. Aber vor allem Bécu, den der gräßliche Lärm nicht aufweckte, beschäftigte ihn. Schlief er oder stellte er sich nur so? Er stieß ihn mit dem Ellbogen an, er beruhigte sich ein bißchen, als er bemerkte, daß der seinen Ärmel vollsabberte. Seine ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich alsdann auf den Schulmeister, dessen seltsames Gesicht ihn stutzig machte. Was hatte er denn, daß er nicht sein alltägliches Gesicht aufsetzte?
Tatsächlich wurde Lequeu, obwohl er so tat, als sondere er sich ab mit seiner Lektüre, von heftigem Zucken geschüttelt. Die Wehrpflichtigen brachten ihn außer sich mit ihren Liedern, ihrer dämlichen Freude. »Rindviecher!« murmelte er und nahm sich noch zusammen dabei.
Seit einigen Monaten verschlechterte sich seine Stellung in der Gemeinde immer mehr. Er war stets derb und grob zu den Kindern gewesen, die er mit einer Maulschelle zum väterlichen Misthaufen zurückschickte. Aber diese Ausfälligkeiten wurden schlimmer, er hatte sich eine böse Geschichte mit einem kleinen Mädchen eingebrockt, dem er durch einen Hieb mit dem Lineal ein Ohr aufgeschlitzt hatte. Es hatten Eltern geschrieben, daß man ihn ablösen solle. Und obendrein hatte Berthe Macquerons
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