Die Erde
Kaninchen, das Kalbfleisch und das Rindfleisch zogen vorüber, verschwanden inmitten eines furchtbaren Kinnbackenlärms. Bei sich zu Hause waren sie sehr mäßig, bei anderen fraßen sie sich so voll, daß sie beinahe platzten. Die Große sprach nicht, damit sie mehr essen konnte, und langte unter unausgesetztem Malmen tüchtig zu; und es war entsetzlich, was dieser verdorrte und platte achtzigjährige Körper verschlang, ohne auch nur aufzuquellen. Da es sich so gehörte, war vereinbart worden, daß sich Françoise und Fanny mit dem Auftragen befassen sollten, damit die Braut nicht aufzustehen brauchte. Aber sie konnte es nicht lassen, sie erhob sich alle Augenblicke von ihrem Stuhl, krempelte sich die Ärmel hoch, war eifrig darauf bedacht, eine Soße auszuleeren oder einen Braten vom Spieß zu nehmen. Bald kümmerte sich übrigens die ganze Tafelrunde darum; immerzu stand jemand auf, schnitt sich Brot ab, war darauf aus, eine Schüssel zu erhaschen. Geierkopf, der das Weineinschenken übernommen hatte, reichte dazu nicht mehr aus. Um nicht seine Zeit mit dem Zukorken und Entkorken der Flaschen zu vertun, hatte er vorsorglich einfach ein Faß angestochen. Aber er kam nicht zum Essen, Jean mußte ihn ablösen und nun seinerseits die Literflaschen füllen. Delhomme, der breitschultrig dasaß, erklärte mit seiner biederen Miene, daß man was Flüssiges brauche, wenn man nicht ersticken wolle. Als man die Fleischpastete brachte, die groß wie ein Wagenrad war, herrschte allgemeine Andächtigkeit; die Kalbfleischklößchen machten Eindruck; und Herr Charles trieb die Höflichkeit so weit, daß er bei seiner Ehre schwor, er habe in Chartres niemals eine schönere Pastete gesehen. Auf einmal ließ Vater Fouan, der tüchtig in Fahrt war, was anderes vom Stapel:
»Hört mal, wenn man sich das auf den Arsch klebt, heilt das da die Risse!«
Die Tischgesellschaft kugelte sich vor Lachen, besonders Jacqueline, der vor lauter Lachen schon die Tränen kamen. Sie stammelte, sie fügte Einzelheiten hinzu, die in ihrem Gelächter untergingen.
Die Neuvermählten saßen einander gegenüber, Geierkopf zwischen seiner Mutter und der Großen. Lise zwischen Vater Fouan und Herrn Charles; und die anderen Tischgäste setzten sich so zusammen, wie es ihnen Spaß machte. Jacqueline neben Tron, der seine sanften und blöden Augen nicht von ihr wandte. Jean in der Nähe von Françoise, lediglich durch den kleinen Jules von ihr getrennt, auf den aufzupassen beide versprochen hatten; aber gleich bei der Fleischpastete verdarb er sich dermaßen den Magen, daß die Braut ihn zu Bett bringen mußte. So beendeten Jean und Françoise schließlich, das Abendessen Seite an Seite. Sie war sehr quecksilbrig, über und über rot vom großen Feuer des Herdes, zerschlagen vor Erschöpfung und dennoch überreizt. Zuvorkommend wollte er für sie aufstehen, aber sie entwischte ihm, sie bot auch Geierkopf die Stirn, der sehr zum Necken neigte, wenn er gut aufgelegt war, und ihr seit Beginn der Mahlzeit zusetzte. Er kniff sie im Vorübergehen, wütend versetzte sie ihm einen Klaps. Gleichsam angelockt stand sie dann wieder unter einem Vorwand auf, um von neuem gekniffen zu werden und ihn zu schlagen. Sie jammerte, ihre Hüften seien schon ganz blau.
»Bleib doch hier!« sagte Jean immer wieder.
»Ach, nein«, schrie sie. »Er darf nicht glauben, daß er mit mir auch verheiratet ist, weil er mit Lise verheiratet ist.«
Es war stockfinstere Nacht, und man hatte sechs Kerzen angezündet. Seit drei Uhr wurde gegessen, als man gegen zehn Uhr endlich über den Nachtisch herfiel. Von da an trank man Kaffee, nicht eine Tasse, nicht zwei Tassen, sondern ganze Schalen voll Kaffee, die ganze Zeit über. Die Witze wurden schärfer: Der Kaffee, der gab Kraft, das war ausgezeichnet für die Männer, die zuviel schliefen; und jedes Mal, wenn einer der verheirateten Männer einen tüchtigen Schluck trank, hielt man sich die Seiten vor Lachen.
»Klar, du hast allen Grund, welchen zu trinken«, sagte Fanny zu Delhomme, die sehr zum Lachen aufgelegt und aus ihrer sonstigen Zurückhaltung herausgetreten war.
Er wurde rot, brachte zur Entschuldigung bedächtig vor, daß er zuviel Arbeit habe, während sein Sohn Nénesse inmitten des ausbrechenden Geschreis und des Schenkelklatschens, das diese eheliche Vertraulichkeit verursacht hatte, mit weit offenem Munde lachte. Übrigens hatte der Bengel so viel gegessen, daß er aus seiner Haut platzte. Er verschwand, man fand ihn erst
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