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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Schlafengehen. Wenn man ein Kind miteinander hatte – nicht wahr? –, dann war es ja wohl zwecklos, Umstände zu machen, wenn man unter die Bettdecke kroch. Ebenso verhielt es sich mit den üblichen Späßen: kratzende Borsten unterm Laken, das Einreißen des Bettes, die Quietschtiere, all das wäre bei ihnen kaum mehr gewesen als Mostrich nach der Wurst. Das beste war, noch einen Schluck zu trinken und dann einander gute Nacht zu wünschen.
    In diesem Augenblick stießen Lise und Fanny einen Schrei aus. Durch das offene Fenster war eben mit vollen Händen Unrat hereingeschmissen worden, eine Salve Scheiße, die am Fuße der Hecke aufgelesen worden war; und die Kleider dieser Damen waren hin, von oben bis unten mit Dreck bespritzt. Was für ein Schwein hatte das getan? Sie rannten raus, sie schauten auf den Platz, auf die Dorfstraße, hinter die Mauer. Niemand! Übrigens waren sich alle einig: das war Jesus Christus, der sich dafür rächte, daß man ihn nicht eingeladen hatte.
    Die Fouans und die Delhommes brachen auf, Herr Charles auch. Die Große machte die Runde um den Tisch, suchte, ob nichts übriggeblieben war; und sie entschloß sich zu gehen, nachdem sie zu Jean gesagt hatte, daß Geierkopfs im bittersten Elend verrecken würden. Während die anderen, stark berauscht, draußen auf die Steine purzelten, hörte man, wie sich ihr fester und harter Schritt und das kurze regelmäßige Klopfen ihres Stockes auf dem Wege entfernten.
    Tron hatte das Kabriolett für Madame Jacqueline angespannt, sie drehte sich auf dem Tritt um.
    »Fahrt Ihr mit uns nach Hause, Jean? – Nein, nicht wahr?«
    Jean, der sich bereits anschickte aufzusteigen, besann sich und war froh, sie dem Kumpel zu lassen. Er sah, wie sie sich eng an den großen Körper ihres neuen Galans schmiegte, er konnte nicht umhin zu lachen, als der Wagen verschwunden war. Er würde zu Fuß heimkehren, und er setzte sich für einen Augenblick im Hof auf die Steinbank neben Françoise, die sich, benommen vor Hitze und Müdigkeit, dort niedergelassen hatte und wartete, bis alle gegangen waren. Geierkopfs waren bereits in ihrer Stube, sie hatte versprochen, alles abzuschließen, bevor sie sich selber schlafen legte.
    »Ach, wie gut das hier tut!« seufzte sie nach reichlich fünf Minuten Schweigen.
    Und das Schweigen begann wieder, ein Schweigen voll erhabenen Friedens. Die Nacht war mit Sternen übersät, war kühl, köstlich. Dem Heu entströmte ein Geruch, stieg so stark von den Wiesen am Aigre auf, daß er die Luft balsamisch würzte wie der Duft einer wilden Blüte.
    »Ja, das tut gut«, wiederholte Jean. »Das rückt einem wieder das Herz zurecht.«
    Sie antwortete nicht, und er merkte, daß sie schlief. Ihr Kopf glitt zur Seite, sie lehnte sich an Jeans Schulter. Da verweilte er noch eine Stunde und dachte an verworrene Dinge. Schlechte Gedanken überkamen ihn, verflogen dann. Sie war zu jung, ihm war, als würde mit den Jahren allein sie älter werden und so seinem Alter näherkommen.
    »Hör mal, Françoise, müssen schlafen geben. Man holt sich sonst was.«
    Sie fuhr aus dem Schlaf hoch.
    »Ja, ja! Das stimmt, in seinem Bett hat man's besser ... Auf Wiedersehen, Jean.«
    »Auf Wiedersehen, Françoise.«
     

Dritter Teil

Kapitel I
    Endlich hatte Geierkopf also seinen Anteil, diese so glühend begehrte Erde, die er mehr als zweieinhalb Jahre hindurch ausgeschlagen hatte in einer Raserei, die sich aus Verlangen, Groll und Hartnäckigkeit zusammensetzte! Er selber wußte nicht mehr, warum er so starrköpfig gewesen, da er im Grunde doch darauf brannte, das Schriftstück zu unterschreiben, dabei aber immer fürchtete, reingelegt zu werden, und sich nicht darüber hinwegtrösten konnte, daß er nicht die ganze Erbschaft bekam, die neunzehn Arpents, die nun verstümmelt und verstreut waren. Seitdem er angenommen hatte, war eine große Leidenschaft befriedigt, die rohe Freude am Besitzen; und noch etwas verdoppelte diese Freude, die Vorstellung nämlich, daß seine Schwester und sein Bruder betrogen worden waren, daß sein Los jetzt mehr wert war, da der neue Weg an seinem Stück entlangführte.
    Jedes Mal, wenn er sie traf, grinste er verschmitzt und sagte sich augenzwinkernd: Trotzdem habe ich sie übers Ohr gehauen!
    Und das war nicht alles. Auch seine so lange hinausgeschobene Heirat, die beiden an sein Stück grenzenden Hektar, die ihm Lise mit in die Ehe brachte, waren für ihn ein Anlaß zum Frohlocken, denn der Gedanke an die unvermeidliche Teilung

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