Die Erde
gebackene Hühnchen, Frikassee von vier Kaninchen, Rinds und Kalbsbraten zubereiten. Und das für etwa fünfzehn Personen, man wußte noch nicht die genaue Anzahl. Falls am Abend etwas davon übrigbleiben sollte, würde man es am nächsten Tage aufessen.
Der Himmel, der morgens ein bißchen bedeckt war, hatte sich aufgeklärt, und der Tag ging beglückend lau und klar zu Ende. Man hatte die Tafel mitten in der geräumigen Küche gedeckt, gegenüber dem Herd und dem Backofen, wo das Fleisch briet und die Soßen brodelten. Die Feuer verbreiteten eine solche Hitze in dem Raum, daß man die beiden Fenster und die Tür weit offenließ, durch die der gute durchdringende Geruch frisch gemähten Heus hereinkam.
Seit dem Vortage ließen sich Vater Flieges Töchter von Rose und Fanny helfen. Um drei Uhr gab es eine Aufregung, als der Wagen des Konditors erschien, der die Frauen des Dorfes vor die Türen lockte. Sofort stellte man den Nachtisch auf die Tafel, damit man ihn sehen konnte. Und ausgerechnet die Große traf zu zeitig ein: sie setzte sich hin, klemmte ihren Stock zwischen die Knie und wandte ihre harten Augen nicht mehr von dem Essen. War denn das die Möglichkeit, soviel auszugeben! Sie hatte am Morgen nichts zu sich genommen, um am Abend desto mehr verschlingen zu können.
Die Männer – Geierkopf, Jean, der dessen Trauzeuge war, der alte Fouan, Delhomme in Begleitung seines Sohnes Nénesse, alle in schwarzem Überrock und schwarzen Hosen, mit hohen Seidenhüten, die sie nicht ablegten – spielten Bouchon56 im Hof. Herr Charles traf allein ein, weil er Elodie am Tage vorher in ihr Pensionat nach Châteaudun zurückgebracht hatte; und ohne mitzumachen, interessierte er sich für das Spiel, gab gescheite Bemerkungen von sich.
Aber als um sechs Uhr alles fertig war, mußte man auf Jacqueline warten. Die Frauen ließen ihre Röcke herunter, die sie mit Nadeln hochgesteckt hatten, um sie vor dem Herd nicht schmutzig zu machen. Lise war in Blau, Françoise in Rosa, beide in Seide von harten und altmodischen Farbtönen, die ihnen Lambourdieu zum Doppelten ihres Wertes als letzte Pariser Neuheit verkauft hatte. Mutter Fouan hatte das Kleid aus lila Seidenpopeline hervorgeholt, das sie seit vierzig Jahren bei den Hochzeiten der Gegend zur Schau trug, und Fanny, die in Grün gekleidet war, hatte all ihr Geschmeide angelegt: ihre Kette und ihre Uhr, eine Brosche, Fingerringe, Ohrringe. Alle Augenblicke ging eine der Frauen auf die Dorfstraße hinaus, rannte bis zur Ecke bei der Kirche, um nachzusehen, ob die Dame vom Gehöft noch nicht komme. Das Fleisch brannte an, die fette Suppe, die man irrtümlicherweise aufgetragen hatte, wurde kalt auf den Tellern. Schließlich erscholl ein Schrei:
»Da ist sie! Da ist sie!«
Und das Kabriolett tauchte auf. Jacqueline sprang behende heraus. Sie war reizend, hatte soviel Geschmack gehabt, sich wie ein hübsches Mädchen in schlichten rot gepunkteten weißen Kretonne zu kleiden, und nicht ein Schmuckstück, die nackte Haut, nichts außer Brillanten an den Ohren, ein Geschenk Hourdequins, das die Frauen in der Umgebung in Aufruhr versetzt hatte. Aber man war überrascht, daß sie den Knecht, der sie hergebracht hatte, nicht zurückschickte, nachdem man ihm geholfen hatte, den Wagen unterzustellen. Das war ein Bursche namens Tron, ein Riesenkerl, mit weißer Haut, fuchsroter Mähne und kindlichem Aussehen. Er kam aus dem Perche, er war seit etwa vierzehn Tagen auf La Borderie als Hofknecht.
»Tron bleibt, wißt Ihr«, sagte sie heiter. »Er wird mich zurückfahren.«
In der Beauce liebt man die Leute aus dem Perche nicht gerade, man zeiht sie der Falschheit und der Hinterhältigkeit. Man sah einander an: das war also ein Neuer für die Cognette, dieser lange Dämlack da?
Geierkopf, der seit dem Morgen sehr nett, sehr spaßig war, antwortete:
»Klar, daß er bleibt! Es genügt, daß er zu Euch gehört!«
Nachdem Lise gesagt hatte, man wolle anfangen, setzte man sich drängelnd und laut durcheinanderschreiend zu Tisch. Es fehlten drei Stühle. Man rannte und holte zwei Hocker, deren Strohgeflecht abgegangen war und über die man ein Brett legte. Schon klapperten die Löffel tüchtig auf dem Boden der Teller. Die Suppe war kalt und mit erstarrten Fettaugen bedeckt. Das machte nichts, der alte Fouan sprach den Gedanken aus, sie werde sich in ihren Bäuchen wieder erwärmen, was einen Sturm von Gelächter auslöste. Dann gab es ein Gemetzel, ein Geschlinge: die Hühnchen, die
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