Die Erfinder Des Todes
von ihrem Haus entfernt war.
Allerdings war all das schon schrecklich genug. Auch mit der Brutalität des Killers, der eine junge Mutter vor den Augen ihrer eineinhalbjährigen Zwillingssöhne schändete und erstach, hatte es nichts zu tun.
Bedeutsam war der Hampstead-Heath-Mord für Fiona deswegen, weil er das Ende ihrer Zusammenarbeit mit der Metropolitan Police, der Met, bedeutete. Sie und Steve Preston kannten sich gut vom Studium her, als sie beide in Manchester Psychologie belegten. Anders als die meisten Studenten-bekanntschaften hatte ihre Freundschaft gehalten, obwohl sie beruflich ganz verschiedene Wege gegangen waren. Und als die britische Polizei die potenziellen Vorteile einer Zusammenarbeit mit Psychologen erwog, um bei der Erfassung von Wiederholungstätern bessere Chancen zu haben, war es für Steve die natürlichste Sache der Welt, sich an Fiona zu wenden. Es war der Anfang einer produktiven Beziehung, in der Fiona mit ihrem Konzept gründlichster Datenanalyse die Erfahrung und Intuition der Kriminalbeamten durch ihre Zusammenarbeit ergänzen konnte.
Schon Stunden nach der Entdeckung von Susan Blanchards Leiche war es Steve Preston klar, dass gerade in einem Fall wie diesem Fionas Fähigkeiten zum bestmöglichen Vorteil genutzt werden konnten. Ein Mann, der so töten konnte, war kein Anfänger. Steve hatte genug von Fiona gelernt und dies durch eigene Studien ergänzt, um zu wissen, dass ein solcher Mörder gewiss schon zuvor in der Strafgerichtsbarkeit seine Spuren hinterlassen hatte. Mit ihrem Fachwissen würde Fiona zumindest darauf hinweisen können, welche Art von Vorstrafen der Verdächtige vermutlich hatte. Je nach Sachlage konnte sie vielleicht sogar Angaben zu seinem wahrscheinlichen Wohnort machen. Sie würde von denselben Fakten ausgehen wie die Kriminalbeamten, aber andere Schlüsse im Hinblick auf ihre Bedeutung ziehen.
Im Verlauf der Untersuchung war Francis Blake schon früh als eventueller Täter aufgetaucht. Jemand, der mit seinem Hund spazieren ging, hatte zur Zeit des Mordes in Hampstead Heath die Kinder schreien hören und Blake in Richtung auf das dichte Unterholz davonrennen sehen, das die kleine Lichtung verdeckte, wo Susan Blanchards Leiche entdeckt wurde. Blake leitete die Filiale einer Kette von Bestattungsunternehmen, woraus die Kriminalbeamten auf eine ungesunde Vertrautheit mit Leichen schlossen. Er hatte als Junge auch bei einem Metzger gearbeitet, weswegen die Polizei davon ausging, dass es ihm nichts ausmachte, Blut zu sehen. Als Erwachsener hatte er keine Vorstrafen, aber zweimal war ihm eine Jugendstrafe angedroht worden, weil er einen Mülleimer in Brand gesetzt und beim zweiten Mal einen kleineren Jungen tätlich angegriffen hatte. Außerdem konnte er keine klare Aussage machen, wieso er an jenem Morgen im Park von Hampstead Heath gewesen war.
Es gab nur ein Problem. Fiona glaubte nicht, dass Francis Blake der Mörder war. Sie hatte dies Steve und auch jedem anderen mit-geteilt, der es hören wollte. Aber ihre Vorschläge für eine andere Richtung der Ermittlungen hatten offenbar zu keinem Ergebnis geführt. Unter dem Druck der wütenden Medien musste Steve eine Verhaftung vorzeigen können.
Eines Morgens war er in Fionas Büro in der Universität gekommen. Nach einem Blick auf seinen verbissenen Gesichtsausdruck hatte sie geäußert: »Was du mir zu sagen hast, wird mir nicht gefallen, was?«
Er schüttelte den Kopf und ließ sich schwer auf den Stuhl vor ihr fallen. »Nicht nur dir. Ich habe alle Argumente gebracht bis zum Gehtnichtmehr, aber man kann sich manchmal einfach nicht gegen opportunistische Schachzüge durchsetzen. Der Commander hat über meinen Kopf hinweg seine Entscheidung getroffen. Er hat Andrew Horsforth beauftragt.«
Keiner von beiden musste dazu noch etwas sagen. Andrew Horsforth war praktizierender Psychologe in einer Klinik. Er hatte jahrelang eine sichere Stelle in einer psychiatrischen Anstalt gehabt, deren Ruf nach jedem unabhängigen Bericht schlechter wurde, der über sie erschien. Sein Verständnis von Profiling beruhte auf dem, was Fiona verächtlich als »instinktive Annahmen« bezeichnete, und er bildete sich aufgrund jahrelanger praktischer Erfahrung mit Patienten viel auf die Qualität seiner Erkenntnisse ein. »Und das wäre ja in Ordnung, wenn für ihn je etwas anderes als sein Ego im Vordergrund gestanden hätte«, sagte sie einmal sarkastisch, nachdem sie einen Vortrag von ihm gehört hatte. Er hatte bei seinem ersten
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