Die Erfinder Des Todes
Überarbeitungsprozess, anders als die meisten Schriftsteller. Er erlaubte ihr, die technischen Tricks und Verknüpfungen außer Acht zu lassen, auf die sie sich beim ersten Abfassen des Rohtexts konzentrieren musste, und so konnte sie auf die Qualität des Ausdrucks achten. Sie hatte sich einen Ruf für sorgfältig ausgearbeitete, ausgezeichnete Texte geschaffen und betonte immer, dass dies auf ihre genaue Überarbeitung der Form zurückzuführen sei, bei der sie Satz für Satz durchging.
Sie hatte drei Tage für ihre Lieblingsarbeit zur Verfügung und freute sich darauf.
Ihre Gedanken eilten schon zu dem Teil des Buchs voraus, den sie heute bearbeiten würde. Das Manuskript lag auf ihrem Tisch neben dem Füller, einem Meisterstück von Mont Blanc, den sie immer für die Korrekturen benutzte. Ihre Sekretärin würde sie dann später in den Computer eingeben. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, sich anzuziehen. Sie wollte bis zum Mittagessen einfach in ihrem weichen Morgenmantel herumschlampern, das Haar unter einem Seidenturban verborgen. Dann würde sie ein heißes Bad genießen und die Mittagsmagazin-Sendung im Radio hören. Ein Imbiss zur Mittagszeit, danach würde sie sich nach Dorchester aufmachen müssen. In der Kühltruhe war genug Essen vorrätig, aber unerklärlicherweise war ihr der Weißwein ausgegangen, und ein Abendessen ohne ein Glas gekühlten Chablis war undenkbar.
Sie war fest davon überzeugt, dass Schriftsteller die Disziplin eines festgelegten Tagesablaufs brauchten. Und das betraf die kleinen
Freuden des Lebens ebenso wie ihre geistigen Gepflogenheiten, die es ihr ermöglichten, ein Buch pro Jahr zu schreiben. Georgia trank ihren Tee aus und goss sich nach. Sie wollte diese drei Tage gut nutzen. Wenn sie vorbei waren, würde sie sich auf eine Lesereise für ihr neuestes Buch begeben. Das erinnerte sie daran, dass sie ihren Verleger immer noch nicht überredet hatte, die Kosten für den gut aussehenden Bodyguard zu übernehmen, den sie verpflichtet hatte, bevor sie London verließ. Sie glaubte eigentlich nicht, dass jemand sie verfolgte, obwohl sie dem lieben, netten Kit gegenüber beteuert hatte, dass sie mit diesen leidigen Briefen zur Polizei gehen sollten. Aber sie hatte nichts dagegen, von der Situation zu profitieren. Es konnte nie schaden, seinen Namen fest im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Der Gedanke, dass sie eine Schriftstellerin war, der genug Bedeutung zu-kam, dass sie die Aufmerksamkeit eines Verfolgers auf sich zog, würde ihr unweigerlich neue Leser bringen, die neugierig geworden waren und wissen wollten, was an ihr Besonderes war. Und Georgia war vollkommen überzeugt, dass sie ihr treu bleiben und ihre sämtlichen schon vorliegenden Bücher verschlingen würden, wenn sie erst einmal auf sie aufmerksam geworden waren. Dank solch kluger Planung war sie an die Spitze vorgedrungen. Sie wusste wohl, dass ihre Aktionen bei vielen ihrer Kollegen nicht gern gesehen waren. Aber es störte sie nicht im Geringsten. Sollten sie doch nur reden, wie hochgeistig sie seien und dass sie sich deswegen nie zu Georgias Taktiken herablassen würden. In Wirklichkeit waren sie neidisch auf die Fülle von Presseartikeln, die sie ansammelte.
Ohne zu ahnen, dass ihre größte Publicitynummer kurz bevorstand, nippte Georgia sehr zufrieden an ihrem Tee.
Kapitel 23
Fiona war spät dran. Sie wich einigen Studenten aus und schoss um die Ecke und ins Büro ihrer Sekretärin. »Verdammte U-Bahn«, keuchte sie und versuchte gleichzeitig ihren Mantel abzustreifen und ihre Bürotür zu öffnen. Sie trat über die Schwelle, legte Jacke und Aktenkoffer ab und nahm den Ordner mit den Notizen zur Institutsversammlung, bei der sie seit fünf Minuten erwartet wurde. Ihre Sekretärin ging hinter ihr her.
»Ein spanischer Polizeibeamter hat versucht, Sie zu erreichen«, sagte sie und warf einen Blick auf den Zettel in ihrer Hand. »Ein Major Salvador Berrocal. Er hat die letzte halbe Stunde alle zehn Minuten angerufen.«
»Ach, so ein Mist!«, murmelte Fiona wütend.
»Er bat darum, dass Sie ihn so bald wie möglich zurückrufen«, fügte die Sekretärin hilfsbereit hinzu, als Fiona zögerte, sich zwischen Schreibtisch und Tür zu entscheiden. »Es klang dringend.«
»Ich muss zu dieser Versammlung gehen«, sagte sie. »Barnard hat versucht, die Hälfte seiner Seminare abzugeben, und ich will nicht, dass sie bei mir landen.« Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Okay. Rufen Sie Berrocal an,
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