Die Erfolgsmasche
liegen.«
Wenn eine Frau das erzählt, gähnt man. Wenn ein Mann das behauptet, horcht man auf.
»Während der Kaffee durchläuft, nutze ich die Zeit, um die Wäsche aus dem Trockner zu holen und zusammenzulegen. Wenn man will, ist das auch eine Art Morgenmeditation. Wenn meine Kinder nur die Güte hätten, ihre Wäsche an sich zu nehmen! Doch die Stapel bleiben liegen, wachsen zu immer größeren Stapeln, die letztlich wieder unter nassen Handtüchern verschwinden.«
Ist das nicht süüüß? Sebastian Richter hat dieselben Sorgen wie wir! Aber wie mannhaft er das meistert! Und wie humorvoll er darüber schreibt!
Ich könnte den Mann auf der Stelle heiraten. Wenn ich ihn nicht selbst erfunden hätte.
Ich grinse verzückt und bin sofort wieder Sebastian Richter. »Nie war ich so diszipliniert wie jetzt als alleinerziehender Vater! Ich wecke sie morgens auf die Sekunde genau, denn sie wollen noch fünf Minuten liegen bleiben. Diese Zeit nutze ich, um die Spülmaschine leer zu räumen und den Abfall an die Tür zu stellen. Dann wecke ich die Kinder erneut. Dabei mache ich grausamerweise das Licht an und ziehe ihnen die Decke weg. Ihre Beschimpfungen nehme ich nicht persönlich. Jetzt bleiben mir genau drei Minuten, meinen Kaffee zu trinken und die Nachrichten zu hören, bis ich unauffällig um die Ecke schaue, ob sie sich auch die Zähne putzen. Wehe, ich lasse mich dabei erwischen! Dann quietscht es ›Raus aus dem Bad!‹, ›Ich dusche!‹ oder ›Spinnst du!‹. Nicht mal beim Militär hat man mich so angeschnauzt. Dann werde ich wieder in die Küche abkommandiert. Die Feldmarschallin,
die inzwischen ihre Kampfmontur samt schweren Waffen angelegt hat, wünscht frisch geröstete Vollkornhaferflocken mit Nüssen und geriebenem Apfel zu speisen, die allerdings ihrer Zahnspange in die Quere kommen, während der Oberfeldwebel in Uniform Eier mit Speck zu frühstücken pflegt.
Dass meine Vorgesetzten morgens nicht mit mir reden, nehme ich auch nicht persönlich. Wenn sie essen, können sie wenigstens nicht mir schimpfen.
Wie jeden Morgen fordern sie im letzten Moment noch eine Unterschrift: nicht lesen, nur unterschreiben! Jawoll! Ich knalle die Hacken zusammen und unterschreibe. Wer weiß, ob ich gerade eine Immobilie gekauft habe?
Doch ich komme gar nicht dazu zu fragen, was ich da soeben unterschrieben habe, denn schon treiben mich die Häscher aus dem Haus, auf dass ich sie zur Schule fahre. Draußen warten bereits weitere uniformierte Gestalten, die sich meines Wagens bemächtigen. Und wehe, ich bleibe vor einer gelben Ampel stehen! Dann wird mir von hinten die Knarre ans Genick gehalten!«
Mein Äppel schluckt artig jeden Buchstaben. Ja, Sebastian Richter hat’s drauf. Er ist witzig, charmant, kann über sich selbst lachen. Er wuppt seinen Haushalt und seine Kinder neben dem Job mit links. So ein sympathischer Zeitgenosse! Natürlich fährt er seine Kinder jeden Morgen zur Schule. Allerdings wird er genötigt, eine Straßenecke vorher anzuhalten und das Radio leise zu stellen, damit niemand etwas von diesem peinlichen Vater sieht oder hört. Der peinliche Vater fährt dann wieder heim, wirft sich in seine Laufklamotten und geht erst mal eine große Runde joggen. Wie ein einsamer Wolf trottet er durch die Morgendämmerung und fragt sich immer wieder, ob er alles richtig macht. Dann hetzt er zu seinem
Job, denn natürlich zahlt ihm seine weggelaufene Frau keinen Unterhalt.
Er muss sich und seine Kinder ganz allein ernähren.
Wenn er abends heimkommt, putzt er die Wohnung, kümmert sich um die Wäsche und hilft seinen Kindern bei den Hausaufgaben. Dann zaubert er ein Abendessen auf den Tisch. Anschließend schreibt er noch, Pfeife rauchend und Rotwein trinkend, vor dem Kamin seine geistreichen Kolumnen. Dabei sitzt der Gutaussehende im Grobstrickpullover auf dem Boden und kritzelt in ein Notizbuch, das er auf den Knien hält. Neben ihm liegt ein großer, lieber Hund artig auf seinem Platz, den Sebastian beim Schreiben gedankenverloren krault, während aus der Stereoanlage leise die Musik seines Namensvetters, Johann Sebastian, auf ihn einrieselt. Sebastians Seele ist schön und rein, und warum seine Frau ihn verlassen hat, weiß kein Mensch.
Es wird Zeit, dass er endlich wieder eine Frau findet. Und durch diese Kolumne wird ihm das sehr schnell gelingen. Davon bin ich überzeugt.
10
Siegfried, mein treuer Hausfreund - wir duzen uns inzwischen -, ist erst ein bisschen skeptisch, als ich ihm meinen Plan
Weitere Kostenlose Bücher