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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Stunden.«
    Dabei verschweige ich, dass ich unterwegs ein paar Mal starr auf dem steilen Weg gehockt habe wie ein Kaninchen vor der Schlange, weil ich nicht schwindelfrei bin.

    »Können Sie das löschen?«, quengle ich wie ein Kind. »Da sehe ich doch bescheuert aus!«
    Siegfried hat irgendwie rote Ohren bekommen. Ob ich den armen Mann überfordere?
    »Also unwiederbringlich … löschen?«
    »Unwiederbringlich«, sage ich mit fester Stimme.
    Wir vertiefen uns in weitere Fotos vom letzten Sommer, ich quietsche bei jedem einzelnen vor Begeisterung und erkläre dem armen Mann, wer die Leute sind, wo das jeweils war, wo ich das Kleid gekauft habe, das ich da anhabe, und wie viel Spaß wir hatten - dann läuten erst mal wieder die Glocken. Die Doppelglasfenster vibrieren. Es ist Viertel vor eins.

3
    »Mamaaaa! Wo ist meine Shisha?!«
    Wütende Schritte hallen durch den Flur, unwirsch wird die Tür aufgerissen. Vor dem verdutzten Siegfried und meiner peinlich berührten Wenigkeit steht im übergroßen T-Shirt mit der Aufschrift: »Wer sauft, muss auch speiben« meine vierzehnjährige Tochter. Das T-Shirt hat sie natürlich von Alex geklaut. Ihre Haare sind zerzaust, sie hat tiefe Ringe unter den Augen. Ihre stämmigen weißen Beine stecken in meinen lang vermissten roten Sportshorts.
    »Guten Morgen, Greta«, sage ich liebenswürdig, während ich versuche, ruhig zu bleiben.
    Greta gewahrt den fremden Gast, der mit mir Familienbilder anschaut, und keift mich genervt an: »Wo ist meine Shisha?«
    »Das hier ist Siegfried, ein Computerspezialist, und das ist meine Tochter Greta.«
    »Hallo«, sagt Siegfried und hebt eine Pobacke, während er der Wutschnaubenden die Hand reicht. Greta würdigt ihn keines Blickes. »Ich habe gefragt, wo meine Shisha ist!«
    Das sieht mir nach einem akuten Pubertäts-Hormonstoß auf der Gefährlichkeitsstufe sieben aus. Danach kommen nur noch Hurrikane, Tsunamis und das Jüngste Gericht.
    »Die habe ich konfisziert«, antworte ich mit fester Stimme.
    Ja, Siegfried. Da staunst du. Ich erziehe nämlich meine
Kinder. Meist ist es ja eher umgekehrt. Aber ich kann auch anders.
    »Was heißt das, konfisziert?!«
    »Weg. Ich habe sie dir weggenommen.«
    »Wo ist sie?!«
    »Nicht länger available.«
    Ich versuche, immer noch ein bisschen cool zu sein. Dabei möchte ich vor Scham vergehen. Was soll denn der einsame Single von uns denken? Womöglich kam er in ernsten Absichten?
    »Ich will sofort meine Shisha wiederhaben!«
    Kinder, die was wollen, kriegen was auf die Bollen!
    »Sie hat gestern mit ihren Freunden Wasserpfeife geraucht«, fühle ich mich bemüßigt, meinem peinlich berührten Gast zu erklären. »Aber das wird nicht wieder vorkommen.«
    »Dann gehe ich jetzt lieber …« Siegfried hebt erneut seine rechte Pobacke, aber ich drücke ihn in meinen Schreibtischsessel zurück.
    »Bitte bleiben Sie noch!« Endlich mal einer, der Ahnung von Computern hat! »Greta, bitte benimm dich!«, zische ich in höchster Not. »Der arme Mann muss ja denken, du seist schlecht erzogen!«
    »ICH WILL NUR MEINE SHISHA!« Die dunkelgrünen Augen meiner Tochter sprühen vor Zorn. Hinter ihr taucht blass ihr Klon auf. Toni, ihre beste Freundin.
    » Deine Shisha«, sage ich so freundlich wie möglich, »ist für dich kein Thema mehr.«
    »Die habe ich von meinem Geld bezahlt!«
    »Von Omas Geld«, sage ich liebenswürdig. »Und die hätte das bestimmt nicht gewollt.«
    »Das ist meine Sache, was ich von Omas Geld kaufe!«
    »Nicht ganz, mein Kind. Du bist vierzehn. Dieses Thema
wäre also erledigt«, sage ich freundlich und schiebe meine Tochter in Richtung Tür.
    Sie reißt ihren Arm hoch: »Fass mich nicht an!«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Lag sie nicht erst gestern als süßes Baby zufrieden glucksend in meinen Armen? Damals durfte ich sie noch anfassen und ausgiebig streicheln.
    Eigentlich rast mein Herz vor Aufregung und Scham, aber das darf ich mir vor diesem smarten Computermenschen nicht anmerken lassen. Was muss der von mir denken! Erst zeige ich ihm mit stolz geschwellter Mutterbrust Fotos meiner entzückenden Kinder, auf denen sie lachen und was Nettes anhaben, und dann wird er mit der nackten Wahrheit konfrontiert.
    In ihrer unbändigen Wut greift Greta nach meiner soeben wiedergefundenen Videokamera - da sind bestimmt noch alte rührende Kinderszenen drauf - und zischt: »Wenn du mir mein Eigentum wegnimmst, nehme ich dir deines auch weg.«
    Knall. Peng. Die Tür ist zu.
    Tja, mein lieber

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