Die Erlösung der Frauen (German Edition)

weniger über sich selbst sondern über alles, was sonst so in der Welt passiert. Dagegen laufen Männer, die zuhören, oftmals Gefahr, zum besten Freund degradiert zu werden. Dies ist einer der großen Widersprüche in der Psyche der Frauen. Einerseits fühlen sie sich zum Macho hingezogen, andererseits erwarten sie Einfühlsamkeit und Verständnis. Das ist vergleichbar mit der widersprüchlichen Sehnsucht der Männer, Huren und treue Ehefrauen in einer Person vereint zu sehen. Beides ist der perfekte Beweis dafür, dass die Monogamie ursprünglich nicht vorgesehen war in der Schöpfung. Die Liebe, was auch immer das genau sein soll, ist erst vom Menschen erfunden worden. Absurderweise gilt sie trotzdem als Maßstab, ob eine Beziehung funktionieren kann, beziehungsweise funktionieren muss.
    Auch wenn Donald nicht der Typ dafür war, solche Zusammenhänge in Worte zu fassen, so war er sich doch recht früh bewusst, dass sein großes Interesse an den Frauen nur dann gestillt werden konnte, wenn er sein allgemeines Auftreten dahingehend formte. Er musste die perfekte Mischung aus Macho und Weichei werden und noch dazu vortäuschen, auf der Suche nach der großen Liebe zu sein. Um sich entsprechend zu rüsten, las er regelmäßig Frauenmagazine. Im Laufe der Jahre hatte er sich ein umfangreiches Wissen aufgebaut über all die dort besprochenen sexuellen Vorlieben und Verklemmungen, aber auch über Damenmode, Frisuren, Schminktips und Diäten. Dies war einer seiner wirksamsten taktischen Züge gewesen. Er konnte stundenlang mit Frauen über Sleek-Sprays, Pumps und die Anzüge von George Clooney plaudern, so begeistert und ausschweifend, dass jeder beste schwule Freund vor Neid erblassen würde. Da Donald aber selbst kein bisschen Style hatte und niemals damit zögerte, den Frauen eindeutige Avancen zu machen, fiel es ihnen schwer, ihn einzuordnen. Er war bestimmt, geheimnisvoll und ein Kumpeltyp: Das perfekte Abenteuer mit Aussicht auf mehr. Und dabei musste er sich nicht einmal verstellen. Seiner Taktik lag keine Berechnung zugrunde. Er war sich zwar bewusst, wie er wirkte und wirken wollte, wäre aber niemals dazu in der Lage gewesen, das irgendjemandem zu erklären, nicht einmal sich selbst.

    // Nun, da er Jenny aufgeben musste, war es für Donald höchste Zeit, sich neues Terrain zu erschließen. Ihm stand der Sinn nach einem gebührenden Ersatz. Er wollte kein kurzes Abenteuer für eine Nacht, sondern eine regelmäßige Quelle der Lust, eine Frau, deren Wesen und Körper er in Ruhe und in gewissen Abständen ergründen konnte. Die hässliche Griechin erschien ihm dabei als geeignetes Studienobjekt. Er hatte sie nur flüchtig kennen gelernt und wusste nicht viel mehr als dass ihr Name Alexia war und dass sie Film studierte, was auch immer das bedeuten mochte. Ihre Telefonnummer hatte er unter dem Vorwand erfragt, ihr Opernkarten zu besorgen. Opernkarten sind immer gut. Das klingt sofort nach einem unverbindlichen Abend ohne eindeutige sexuelle Konnotation. Ist ja schließlich Hochkultur. Als ob das nichts mit Sex zu tun hätte!
    Man traf sich vorab auf einen Drink auf der Terrasse im Bayerischen Hof, um den glamourösen Charakter eines Opernabends noch durch das passende Entrée hervorzuheben. Donald hatte kein Faible für die Münchner Schicki-Micki-Kultur, aber er hatte auch keinen Respekt davor und somit keinerlei Berührungsängste. Er wusste, dass er mit seinem lieblos übergeworfenen Sakko, das ihm nicht einmal richtig passte, das Bild eines traurigen Möchtegernyuppies abgab. Doch er genoss die abschätzigen Blicke der stilbewussten Gesellschaft, weil diese Leute ihre Zeit damit verschwendeten, eine Meinung über ihn zu haben, während er sich für sie überhaupt nicht interessierte. Der einzige Grund, sich an diesem Ort zu treffen, war die Vortäuschung eines romantischen tête-à-tête vor der Kulisse einer über den Dächern untergehenden Sonne, mit einem gut gemixten Mojito in der Hand und der Erlaubnis, eine Zigarette dabei zu rauchen. Außerdem war es zweckmäßig, sich in der Hotellobby zu treffen und gemeinsam mit dem Aufzug nach oben zu fahren, was bereits in erster Instanz die Assoziation mit einem sexuellen Abenteuer weckte. Alexia erschien in einem himmelblauen Jumpsuit, mit Flip-Flops, einer mit orientalischen Ornamenten bestickten Handtasche und einer großen Sonnenbrille in den Haaren. In Kombination mit ihrem Pferdegesicht wirkte dies so über alle Maßen geschmacklos, dass Donald bereits im