Die Erlösung der Frauen (German Edition)
und die darin gespeicherten Nummern durchging, kam ihm ein ekelhafter Gedanke: Was, wenn er genauso war? Wenn sein immerwährender Drang nach Sex und weiblicher Zuneigung nichts anderes war, als eben die gleiche Sucht nach Bestätigung, die ihm seine Frauen so gefügig machte?
Aber Donald war kein Zweifler und er hatte, im Gegensatz zu Johann, kein höheres Interesse an der Wahrheit. Selbst wenn es so war, selbst wenn er nicht der aktive Spieler war, sondern nur das Opfer weiblicher Verheißungen, was für einen Unterschied machte es? Das Leben war doch eigentlich ganz wunderbar eingerichtet, dass es Männer und Frauen gab und dass die Schwänze in die Mösen passten. Wozu wollte man da irgendetwas in Frage stellen, geschweige denn nach Antworten suchen? Woher kam dieser widerliche Weltschmerz?
Zügig trat Donald die Flucht an. Er ließ die Reichen und Kultivierten hinter sich, machte sich auf den Weg nach Osten. Er überquerte den Fluss, die Wasser schimmerten tieforange vom Licht der Straßenlaternen. Ein bleicher Mond stand am Himmel. Jenny würde ihn trösten. Jenny arbeitete im Supermarkt.
// Sie lebte in einer kleinen WG in Haidhausen, zusammen mit Simone, einer Bankangestellten mit einem typisch deutschen Brotgesicht. Sie waren ein wunderbares Team. Simones runder, großer Wasserkopf und ihre dicken Wangen ließen eindeutig auf Inzest schließen und passten ganz hervorragend zu Jennys bäuerlicher Erscheinung, ihren Pausbacken und ihrer ordinären Stupsnase. Beide waren sie blond, von gedrungener Statur, mit drallen Brüsten und breiten Becken. Sie hatten gerade Spaghetti gegessen und sich auf einen gemeinsamen Abend vor dem Fernseher in Simones Zimmer vorbereitet. Simone war ein Nespresso-Junkie, die Kaffeemaschine stand direkt neben ihrem Bett im Zentrum des Raumes und vermittelte den Eindruck eines Altars. Die ganze Wohnung duftete nach Frauenkosmetik und frisch gewaschenen Laken. Donalds Erscheinen brachte kurz eine gewisse Unruhe ins Haus, vor allem Simone war etwas pikiert und zeigte nur wenig Begeisterung über den unangemeldeten Besuch. Sie trug eine Jogginghose und ein gelbes T-Shirt mit der Aufschrift „Ich habe auch Augen du Arsch!“ Jenny war bereits im Schlafanzug, ein verwaschenes rosa Teil mit kindischem Häschenprint. Als Donald neben ihr in der Küche saß, fühlte er sich wieder wie ein Mensch. Jenny war sehr nett zu ihm, sie machte ihm die restlichen Spaghetti in der Mikrowelle warm und schenkte ihm eine kalte Cola ins Glas. Dass die Nudelsoße wie Fabrik-Mayonnaise schmeckte und die Cola schon sehr abgestanden war, störte ihn nicht im Geringsten. Von allen Frauen, die Donald regelmäßig aufsuchte, war ihm Jenny die Liebste. Sie hatte niemals Forderungen gestellt, ihm gegenüber weder echte Gefühle entwickelt, noch sich welche eingebildet. So ungebildet und plump sie war, so sehr war sie ein freier Mensch, weil frei von all den falschen Träumen und Schablonen. Scheinbar.
Wär schon gut, wenn du vorher anrufst.
Ich ruf doch nie an.
Ja, aber du bist ja jetzt schon lange nicht mehr da gewesen. Ich hab gedacht, du hast vielleicht ne Freundin oder so.
Donald blieb das Essen im Halse stecken.
Ne Freundin?
Hätt ja sein können.
So’n Scheiß.
Was hast’n so gemacht?
Nicht viel. Bin letzte Woche 30 geworden.
Echt? Alles Gute nachträglich.
Danke.
Hast mir gar nicht bescheid gesagt.
Ich hab nicht gefeiert.
Warum denn nicht?
Mit wem hätte ich denn feiern sollen?
Keine Ahnung. Mit mir zum Beispiel.
Wärst du nackt aus der Torte gehüpft?
Vielleicht.
Als Donald mit dem Essen fertig war, gingen sie hinüber in Jennys Zimmer. Ihr Bett hatte einen Rahmen aus schwarzem, verschnörkeltem Eisengestänge. Davor lag ein weißer Flokati-Teppich. An der Wand hing ein gerahmtes Poster von Raffaels verträumten Engeln mit Babyspeck, jenem Detail aus der Sixtinischen Madonna, das Millionen von Mädchenzimmern schmückt. Der ganze Raum erinnerte an einen Ikea-Katalog. Donald setzte sich auf die weißen Bettlaken und zog seine Schuhe aus. Aus Simones Zimmer dröhnte der Fernseher, es war eine Casting-Show. Jenny schoss die Türe, zündete eine Kerze an und dimmte das Licht. Bereitwillig setzte sie sich neben ihn, doch als er seinen Arm um sie legte und Anstalten machte, sie zu küssen, wich sie ihm aus.
Du. Ich glaube, ich hab mich verliebt.
Was? In wen denn?
So ein Kunde aus dem Supermarkt. Hat mich angequatscht, als ich hinter der Kasse war.
Spinnst du?
Der ist echt nett. Ist
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