Die Erlösung der Frauen (German Edition)
schmucken Frau’n, die mein Frei’n verschmäht, sie zwingt zur Lust sich der Zwerg.
Alexia hatte Schwierigkeiten, dem Ganzen zu folgen. Sie war zum ersten Mal in ihrem Leben in einer Oper und auch wenn sie zuhause die Inhaltsangabe im Internet gelesen hatte, war sie sicher nicht auf einen Wagner vorbereitet gewesen und schon gar nicht auf so eine Inszenierung. Sie war zu unbedarft und gleichzeitig zu kulturbeflissen, um das Ganze als einen sinnlosen Scherz abzutun. Man sah ihr förmlich an, wie sie krampfhaft versuchte, die inneren Zusammenhänge zu erkennen. Aber weil sie dabei zu keinem richtigen Ergebnis gelangte, sagte sie beim Verlassen des Opernhauses einfach nur:
Das war krass.
Was genau meinst du?
Die ganze Sache. Auf jeden Fall krasse Inszenierung.
Brauchst du vielleicht einen Schnaps?
Sie lächelte. Es war ihr peinlich. Dabei hatte Donald mit keinem Wort den Verdacht aufkommen lassen, ein Opernexperte zu sein. Sie schämte sich also völlig umsonst, aber das war nicht unbedingt schlecht. So ein Kennenlernen braucht Dramaturgie, braucht Zweifel und Scham, umso befreiender ist dann der Moment, in dem sie die Beine breit macht und damit alles vergessen macht, was zuvor geschah, es gewissermaßen nivelliert, so als sei es niemals passiert.
Donald war froh, dass Alexia nun die Initiative ergriff und festlegte, an welchem Schauplatz sich die weiteren Tastversuche abspielen sollten. Schließlich war es förderlich, wenn sie sich von nun an wieder etwas sicherer fühlte, also auch an einem Ort war, den sie kannte. Die Wahl fiel auf eine ganz unsägliche Studentenkneipe, in der Donald aus ähnlichem Anlass schon einmal gelandet war: Eine Mischung aus Alulampenschirm-Szenetreff und Eichenholzmöblierter Wirtschaft, mit vietnamesischen Glücksrollen und Independent-Bier aus dem Alpenvorland. An den Tischen saßen blonde Architekturstudentinnen aus Starnberg oder Berchtesgaden neben kernigen niederbayrischen Schönlingen mit Justin-Bieber-Frisur und angegrauten Professoren mit jenem voll diffuser Sehnsucht lüsternem Blick, der nicht mehr einer bestimmten Studentin oder gar einem androgynen Studenten zugewandt ist, sondern der Jugend an sich, ihrer Reinheit und leichtfühligen Blüte. Die Kellnerinnen hatten ungewaschene Haare und die Tische wurden grundsätzlich nicht abgewischt, damit das einsickernde Bier die begehrte Patina hineinwusch. Dort sprach man über Klausuren, Projektgruppenarbeit und Erstsemesterpartys, dort debattierte man in deutscher Gutmenschenmanier die großen Probleme der Gesellschaft und überhaupt der ganzen Welt: Atomkraft, Afrika, die Massentierhaltung und der Nahe Osten, hier hatte man, wenn schon nicht die Lösung, so zumindest eine Meinung, hier war man ganz sicher auf der richtigen Seite, ganz einfach weil man sich genau deswegen hier traf: Um gemeinsam einer Meinung zu sein.
// An genau diesem Ort hatte Donald sich einst die Zähne ausgebissen an einer vollkommen lustlosen BWL-Studentin aus Traunstein, wobei er nicht einmal wusste wo Traunstein überhaupt liegt, eine kleine, hagere und schmalbrüstige Erscheinung, mit ihrer Kurzhaarfrisur ein wenig knabenhaft anmutend oder gar lesbisch – ein Eisblock, aber ohne Profil. Von Beginn an war es ihr einziges Ansinnen gewesen, Donald zu widerstehen. Nur darum hatte sie sich überhaupt mit ihm getroffen. Es ging ihr nur darum, am Ende alleine nach Hause zu gehen. Donald war die Marionette, ein austauschbarer Komparse, der in ihrer Welt die Rolle des Verführers spielte, ohne überhaupt nur einen Finger krumm zu machen. Und das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass ihr all das natürlich gar nicht wirklich bewusst war. Sie dachte, dass das real passiert. Sie dachte, dass Donald sie wirklich unbedingt ins Bett kriegen wollte und dass ihre Abneigung eine durchdachte Regung sei, ein klares Statement zugunsten ihrer Würde als selbstbewusste Frau.
Bist du so ein Aufreißertyp, oder wie?
Ich hab keine Ahnung, was du meinst.
Naja, dir geht’s doch nur darum, mich irgendwie ins Bett zu kriegen.
Wenn du das so willst.
Ich? Nein, bei mir kannst du das vergessen.
Okay. Kein Problem.
Okay. Und warum sitzen wir dann überhaupt hier?
Keine Ahnung. Ich hab ja nur gefragt, ob wir mal was trinken gehen wollen. Ist doch nicht meine Schuld, dass wir jetzt hier sind. Ehrlich gesagt, verstehe ich auch die Fragerei nicht. Wenn du partout nicht gefickt werden willst, kann ich dich ja genauso fragen, warum wir überhaupt hier sitzen.
Du bist
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