Die Ernte
als Bret anfängt, zu lachen.
In Gedanken sagt Mrs. Carlin zu Duncan und Gully: Ihr seid nun dreizehn Jahre lang mein Glück. Gully und die drei Katzen vor ihr, Duncan und die beiden Welpen vor ihm – ihnen verdankt sie ihr Leben. Nur für sie schreibt sie Schecks und an Kongressabgeordnete, um zu versuchen, die zu beschützen, die sie nie kennenlernen wird.
Mrs. Carlin schickt die Jungen in die Schule, dann steht sie zerstreut auf dem Vorgartenrasen der Pattersons. Sie geht langsam zum Briefkasten, der ohne Briefe ist. Dann folgt sie der mit Mittagsblumen gesäumten Kieseinfahrt zurück zum Haus und tritt beinahe auf die Stelle, an dem ein Nachbarhund sein Geschäft hinterlassen hat.
Mrs. Carlin zieht einen Teil aus der Morgenzeitung und macht sich daran, die Sauerei wegzumachen. Aber diese stellt sich, aus der Nähe gesehen, als eine Ansammlung von bronzefarbenen Windelschnecken heraus, von Sekretion glänzend, an zusammengerollte, tote Blätter geklebt.
Mrs. Carlin bringt die Zeitung ins Haus und tauscht sie gegen die Autoschlüssel ein.
Sie fährt mit einem Finger auf sechs Uhr am Lenkrad – die Patterson-Jungen nennen das den »unfallanfälligen Griff«. Sie ist müde, und der Stimmen müde, die manchmal Visionen sind – Marmosetten, deren Augenlider mit dickem, gewachstem Faden zugenäht werden. Mrs. Carlin ist es müde, zu wissen, wann ein Kaninchen geblendet wird, um die Scheuerkraft eines bekannten Ofenreinigers zu verbessern.
Das Aquarium hat noch nicht geöffnet, als Mrs. Carlin dort ankommt, also wartet sie im Auto.
Sie ist der Stimmen müde. Sie sagt
nein
zu den Stimmen. Mrs. Carlin wird klar: Die Stimmen hören ihr Nein und lassen’s nicht sein.
Sie ist die erste Besucherin des Tages. Als das Aquarium geöffnet ist, hat Mrs. Carlin den Karusell-Raum für sich.
Die Fische – ruhen sie denn nie? – strömen hinter dem Glas. Zuerst sichtet Mrs. Carlin den einzelnen buckligen Blaufisch. Aus dem Schatten eines Stachelrochens schwimmen zwei Sandtigerhaie hervor.
Sie dreht sich schnell genug, um einen Schwarm Bernsteinmakrelen an der Kreislinie des Tanks entlang zu verfolgen. Dann spielt sie ein Spiel mit sich. Sie lässt sich die Fische sehen, als wären sie in Kunstharz fixiert wie in einem Diorama, fühlt
sich selbst
als sich bewegende Gestalt, so, wie wenn ein Zug langsam anfährt, es jenen verunsichernden Augenblick gibt, an dem es die Landschaft sein
könnte
, die sich bewegt, und nicht der Zug.
Dann lässt sie das Harz sich auflösen und die Fische frei durch den Tang und die Wellen ihrer Artgenossen fluten.
Plötzlich ist ein Geräusch im Raum. Jedoch nicht im Raum – in Mrs. Carlins Kopf. Sie steht still und konzentriert sich auf das, was sie zu hören scheint:
Ein junger Gorilla, der in Zimbabwe zur Waise geworden ist, macht ein Geräusch in der Nacht, das klingt wie »Wuuh, Wuuh«
.
Mrs. Carlin lehnt sich gegen das Glasbecken, um das Gleichgewicht wiederzugewinnen. Die Zeit im Karusell-Raum sollte begrenzt sein, denkt sie. Nach soundsoviel Minuten sollte man rausgeholt werden, wie aus der Sauna.
Und dann hat sie eine Vision, so deutlich, als wäre sie dort – eine koreanische Familie sucht nach einem Platz für ein Picknick. Auf einer schattigen Lichtung in einem Bambuswald wird eine Matte ausgebreitet, ein Feuer gemacht. Der Familienhund, ein hübscher blonder Schäferhund, wird von seinem Herrn gerufen und folgt freudig dem Ruf.
Mrs. Carlin sieht den Besitzer eine Schlinge um den Hals des Hundes legen. Es ist »Bok-Tag« in Südkorea, dem »Land der Morgenstille«.
Es ist das Picknick des Todes, dem Mrs. Carlin beiwohnt.
Zwei Mitglieder dieser Familie sind nötig, um den Hund in die richtige Höhe über den Flammen zu ziehen. Der Hund wird von einem Baum gehängt und so langsam erdrosselt, während sein Fell über dem Feuer versengt. Der Zweck des langsamen Todes ist es, das Fleisch zart zu machen.
Der Hund gibt ein unbeschreibliches Geräusch von sich, und wie eine Person, die den Schmerz eines verletzten Zwillings erleidet, keucht Mrs. Carlin und fällt zu Boden.
Dort findet sie das Paar, das aus der Fossilienhalle herein kommt. Der Mann legt zwei Finger auf Mrs. Carlins Handgelenk, dann legt er sie auf die Seite ihres Halses. Die Frau ruft nach einem Wärter und tritt zurück.
In Belize reflektieren die Augen eines gefallenen Jaguars das Blättergrün
.
FÜR DIE DAME DEN SCHNEGELSALAT LOUIE
Mein Hund – ich entdeckte ihn auf dem Esszimmertisch, wie er um die
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