Die Ernte
ihren kleinen scharfen Zähnen. »Ich weiß wirklich nicht«, sagte sie mit ihrem Daumen im Mund.
»Ich bringe die Kunden und alles, was du machen musst, ist sie glücklich zu machen. So gewinnt jeder.«
»Aber es ist so … schmutzig.«
Jimmy drehte sich zu ihr und nahm sie fest an beiden knöchernen Schultern. »Schau mal, Peg. Es ist dein Weg heraus aus diesem Loch«, sagte er und deutete mit seinem Kopf auf das Innere des Wohnwagens. »Vielleicht können wir ja eines Tages gemeinsam von hier abhauen - nur du und ich.«
» Aber die Kinder…«
»Das wird ja erst in ein paar Jahren sein.«
»Also, ich weiß nicht.« Sie schaute auf die abgewetzte Türmatte.
»Denk drüber nach«, sagte er mit einer Hand auf der Türschnalle.
Sie beugte sich schnell vor und küsste ihn auf die Wange. Er gab ihr die fast leere Whiskeyflasche.
»Und du bist dir sicher, dass du mich trotzdem lieben würdest?«, fragte sie.
»Natürlich, Schatz.« Genauso wie er seinen Ford F-100 Pickup mit dem Leonard Camper-Top und dem Autoradio liebte. Genauso wie er seine Jagdmesser, die er am Piney-Ford-Flohmarkt eingetauscht hatte. Genauso wie er seine Dale-Earnhardt-Gürtelschnalle aus Silber liebte. So wie er eben seine wichtigsten Besitztümer liebte.
»Und alles wäre so wie immer?«
»Klar. Vielleicht sogar besser.« Außer, dass er dann sicher nichts mehr in sie hineinstecken würde, nachdem sie einmal zu arbeiten begonnen hätte. Nicht mit den ganzen Krankheiten, die die Leute heutzutage verbreiteten. Aber das würde er ihr erst später sagen.
»Ich ruf dich an«, sagte er, bevor er sein Gewicht auf die gewellte Wohnwagenstufe stellte.
Peggy saß am Küchentisch mit der Flasche vor sich. Jimmys Auspuffrohre dröhnten, als er die Auffahrt verließ und Richtung Innenstadt davonfuhr. Sie versuchte mit ihrem Fingernagel einen Flecken eingetrockneter Sauce weg zu kratzen und dachte über Jimmys Angebot nach. Sie nahm noch einen Schluck Whiskey und genoss das kühle Kribbeln des Glases an ihren Lippen. Zur Übung ließ sie den gesamten Flaschenhals in ihrem Mund verschwinden. Er passte ohne Probleme hinein.
Jemand klopfte an der Türe. Sie wusste nicht, wer das um diese Zeit sein könnte. Die Kinder würden erst in einer Stunde oder so nach Hause kommen, besonders wegen des langen Weges von der Bushaltestelle bis nach Hause. Sie wickelte das Nachthemd fester um ihre Hüften und hielt es mit ihrem Arm fest. Dann öffnete sie die Türe einen Spalt breit.
Es war Paul Crosley mit einem gierigen Lächeln auf den Lippen.
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Bürgermeisterin Virginia Speerhorn blickte von ihrem Stuhl auf das Publikum zu ihren Füßen herab. Der erhöhte Blick auf die Mitglieder der Wirtschaftskammer gefiel ihr. Sie beäugte die rosa Kopfhaut von spärlich behaarten Köpfen, die einzelnen Haare, die einen verlorenen Kampf gegen den Ausfall führten, die unnatürlichen Haaransätze von Toupets und Perücken. »Machen wir Fortschritte, Mr. Patterson?«
»Ja, Frau Bürgermeister«, sagte Melvin Patterson unterwürfig. Er sah so aus, als ob er am liebsten mit seiner Zunge ihre Schuhe lecken würde. WRNC übernahm für sie die Berichterstattung während des Wahlkampfes und Patterson war zu dumm zu erkennen, dass er jedes Mal, wenn er sie interviewte, für sie gratis Wahlwerbung machte.
»Ich habe die Sicherheitsfragen für das Wochenende bereits mit Polizeichef Crosley besprochen«, sagte sie in ihrer autoritären Stimme, die sich an den Eichenbalken des Gemeinderatsaals und der Vertäfelung aus Teakholz brach. »Somit bleibt uns nur mehr die Frage der Unterhaltung für die Besucher, was ja in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt, Mr. Patterson.«
»Ja, Frau Bürgermeister. Alle Musiker haben bereits ihre Verträge unterschrieben. Star des Abends ist die Country-Legende Ray Hawkins. Und wir werden eine Gruppe haben, die die kleineren Kinder mit Geschichten unterhält. Die machen das aber natürlich gratis. Dann gibt es natürlich auch wieder die schon traditionellen Attraktionen wie das Preisschießen unserer Freiwilligen Feuerwehr.«
»Mit Luftdruckgewehren, hoffe ich?«
»Natürlich. Die örtliche Bibliothek hat einen Buchmarkt geplant und der Strickkreis der Baptisten arbeitet schon seit Monaten an den Decken, die dann versteigert werden. Die meisten Straßenverkäufer haben ihre Waren ausgestellt und einige gratis Aktivitäten geplant, um die Kinder an ihren Ständen zu unterhalten.«
»Sehr gut, Mr. Patterson. Alles sehr
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