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Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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genoss aber jetzt die technologischen und materialistischen Vorteile in vollen Zügen. Solche Typen verspeiste Emerland zum Frühstück.
    Er fuhr bis zum Haus und stieg aus dem Wagen. Emerland konnte den schweren Geruch nach feuchtem Humus und Schimmel riechen, genauso wie den würzigen Duft nach Kacke und trockenem Heu. Die Luft war vom Pollen der Pappeln und wilden Kirschblüten geschwängert. Es sah so aus, als ob die Blätter in den letzten Stunden ausgetrieben hätten. Die Felder waren wie wogende Hügel, die einem alten Klischee entsprachen, und Emerland suchte schon nach einem passenden Namen für das neue Bauprojekt.
    »Hallo! Herr Mull!« Er war verärgert, dass Mull nicht aus dem Haus gekommen war, um ihn zu begrüßen. Der alte Idiot hätte wenigstens barfuß auf seiner Veranda stehen können, mit einer Flinte im Arm, so wie Emerland es sich vorgestellt hatte.
    Aber wer auch immer den Pathfinder so im Straßengraben abgestellt hatte, hatte vielleicht einen derartigen Empfang erhalten, sodass er die Kontrolle über das Auto verloren hatte.
    Er hatte Bekannte, die ihm schon öfter erzählt hatten, wie dickköpfig diese alten Bergleute waren. Es gab sogar Gerüchte, dass diese Hinterwäldler auf jeden Typen in einem Anzug schossen, der auf sie zukam. Die glaubten ja, dass jeder, der sich ihnen ohne Jagdhund näherte, entweder ein Steuereintreiber oder ein Prediger war. Und beides war für sie ein rotes Tuch. Sie glaubten ja auch, dass man niemandem, der noch alle seine Zähne im Mund hatte, trauen konnte. Aber das war je lächerlich. Der Film Deliverance war kein Dokumentarfilm. Auf jeden Fall war er aus einem anderen Holz geschnitzt. Emerland würde sich nicht so leicht abschrecken lassen.
    Emerland fand Gefallen an dem Kampf. Die Angsthasen konnten ja woanders ihre Projekte durchführen, z.B. die Everglades auffüllen oder Einkaufszentren über einer stillgelegten Giftdeponie in New Jersey bauen und so schnelles Geld verdienen. Aber was hatten die schon für Träume? Sogar wenn sie achtzigstöckige Bürohäuser in Atlanta bauten, würden sie nie so hoch steigen wie Emerland, der sich in den Bergen sein Denkmal setzte. Niemand würde jemals auf ihn herabblicken können.
    Er wurde langsam ungeduldig und rief noch einmal Mulls Namen. Er hatte wenigstens bellende Hunde erwartet. In der Stadt hätte er einfach so lange auf die Hupe gedrückt, bis er eine Antwort bekommen hätte. Aber hier wollte er lieber etwas subtiler vorgehen und nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.
    Er schaute über das Land, das bald das Seine werden würde. Die verfallenen Gebäude sahen so aus, als ob sie nicht einmal einem stärkeren Wind standhalten konnten, von Emerlands Bulldozern gar nicht zu reden. Vielleicht würde er den alten Schuppen stehen lassen und ihn in einen Saloon verwandeln, der an die alten Zeiten erinnerte, mit rostigen Sägeblättern und verwaschenen Fotos von Schnapsbrennern an den Wänden. An der Bar könnte man leicht acht Dollar für Getränke wie "Mountain Squeeze" und "Blue Ridge Brandy" und "Olde Firewater" verlangen. Und vielleicht würde er das Plumpsklo stehen lassen, damit die Touristen ein bizarres Motiv für Erinnerungsfotos hatten.
    Er rief noch einmal laut und betrat dann die Veranda. Gelbgrüne Hühnerscheiße und alte schwarze Flecken bedeckten die Holzbohlen. Die Fenster waren vernagelt und mit Fichtenbrettern dicht gemacht. Ein alter Schaukelstuhl, der mit Bindfaden und Spucke zusammengehalten wurde, zeigte in seinem zerrissenen Polster deutlich den Abdruck von zwei knochigen Arschhälften.
    Ja genau, dieser alte Knabe würde sofort die einmalige Chance ergreifen, in eine moderne Wohnung zu ziehen.
    Die Verandatür war kaputt, lose Holzteile und das zerrissene Fliegengitter hing an braunen Scharnieren. Die Eingangstür war offen. Emerland schaute vorsichtig in den dunklen Raum. Der Raum war in totaler Unordnung, Möbel waren umgeworfen und der Boden von zerbrochenem Glas bedeckt, das wie Silber leuchtete. Mull hatte hier wohl im Vollrausch gewütet.
    »Herr Mull, sind Sie zu Hause?«, rief er in den dunklen Gang. Seine Worte wurden von den kalten, abgewohnten Wänden verschluckt.
    Verdammter alter Bastard. Es stimmt, ich habe mich nicht vorher angekündigt, aber der Pickup hier ist sicherlich seiner. Ich glaube nicht, dass der SUV ihn fortbringen sollte. Und so wie es hier aussieht, ist Mull sicher nicht irgendwo da draußen, um sich um sein Anwesen zu kümmern.
    Emerland legte seine Arme auf

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