Die Ernte
stützten.
»Warum setzt du dich nicht, Tante Mayzie?«, fragte James. Sie atmete heftiger, als ihm das lieb war.
»Mir geht es gut, Schatz«, sagte sie. »Lass mich hier nur ein bisschen in die Gegend schauen und zu Atem kommen, dann gehen wir nach Hause. Ich weiß, dass du heute noch Basketball schauen willst.«
James hatte ganz vergessen, dass Georgetown heute spielte. Für ihn war das ein weiteres Zeichen, dass sein Gehirn nicht richtig funktionierte. Aber jetzt ging es schon besser. Solange die Heuballen nicht plötzlich aufstanden und herumgingen, war alles ok.
Sie gingen nach Hause, gerade als die Unterseite der Sonne die Bergrücken berührte. Die Wolken waren rosa und rötlich gefärbt, die Berge waren jedoch so rot wie das Höllenfeuer. Die Abendluft war so frisch wie das neue Leben und die Blüten kamen auch gerade zur richtigen Zeit für das gleichnamige Festival. James blickte an den Hügeln, die die Stadt umsäumten, vorbei und schaute in die Ferne, wo das Granitantlitz des Bear Claw wie ein majestätisches Tier thronte. James dachte, dass es vielleicht diese besonderen Momente waren, wegen denen Tante Mayzie die strengen Winter, die Einsamkeit und die weiße Winterlandschaft ertrug.
Die weißen Augen.
Und jetzt sogar grüne Augen.
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Auuugen.
Das Alien nahm das Symbol in sich auf und fügte es zu seiner Sammlung hinzu. Shu-shaaa tah-mah-raaa auuuugen .
Die Symbole waren völlig unsinnig, ohne jeglichen Sinn. Dieser Planet kannte kein intelligentes Leben. Die Kreatur konnte sich ohne Angst höhere Lebensformen zu zerstören, ernähren. Sie wurde jetzt immer schneller größer, da sie sich von dem Aufprall auf die Erde erholt hatte. Ihre Wurzeln und Sporen verbreiteten sich immer schneller. Ihr Herz-Hirn pulsierte im gleichen Rhythmus wie ihre Tentakel.
Ein Symbol meldete sich immer wieder, regelmäßig, wie der Puls eines Quasars.
Tah-mah-raaa tah-mah-raaa tah-mah-raaa .
Die Kreatur öffnete sich und ließ die Vibrationen ihres neuen Zuhauses in ihr Inneres. Die Herkunft dieses Symbols war intensiver geworden, bedeutsamer. Für die Kreatur war dies ein Zeichen der Heilung.
Bald würde sie stark genug sein, um die anderen zu kontaktieren und so ihre weite Reise durch das All möglich zu machen. Die, die ihr am nächsten waren, konnten bald kommen und ihr dabei helfen, den Planeten zu transformieren. Immerhin war er voll von Mikroorganismen, reich an Zellaktivität. Die Kreatur gehorchte nur ihrer biologischen Bestimmung.
Wachsen.
Gedeihen.
Ernten.
Sie erschauderte vor Freude über den Gedanken an das Überleben und die Fortpflanzung.
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Tamara bremste ihren Toyota und schaute auf den Gipfel des Bear Claw. Sie sollte eigentlich nach Hause fahren. Aber irgendetwas auf dem Berg zwang sie, die Berghänge abzusuchen. Es war wie ein innerer Befehl, tief in ihr drinnen.
Sie bremste stärker und konnte jetzt genauer schauen. Die Welt war eigentlich gleich wie vorher, aber alles war irgendwie noch mehr voller Leben. Das Gras auf den Berghängen war ein wogender, grüner Ozean, die Bäume reckten sich wie glückliche Gläubige in Richtung Himmel und sogar die Wolken sahen so aus, als ob sie in das Geflecht des Sonnenuntergangs gestickt worden waren. Die Luft war frisch und Tamaras Kopf dröhnte vor ansteckender Freude.
Etwas stach in ihren Arm und sie sah ein Moskito, das gerade seinen Stachel in ihre Haut bohrte. Seine Flügel waren schlank und leuchtend, sie glühten beinahe. Sein Körper war wie ein Schmuckstück aus Bernstein. Die Augen waren hell und sie war von der Intelligenz, die daraus leuchtete, beeindruckt. Es schien ihr, als wollten sie sie durchbohren.
Als ob ich auf der falschen Seite einer Lupe wäre. Nun ja, im Moment bin ich auf jeden Fall auf der falschen Seite der Nahrungskette.
Tamara nahm eine Hand vom Lenkrad, um das Moskito zu erschlagen. Doch plötzlich war sie von Dunkelheit geschlagen; sie stöhnte vor Schmerz auf und ihr Gehirn wurde von einem Wort durchzuckt, das sie fürchtete.
Shu-shaaa.
Und gleich danach, so unmittelbar darauf, dass es fast zu einem einzigen Symbol verschmolz, kam Tah-mah-raaa.
Ihr eigener Name.
Sie presste ihre Hände auf das Gesicht und dachte nicht mehr an das Moskito. Sie hatte gehört, dass Leute, die an Migräne litten, bei einem Anfall in ihrer Handlungsfähigkeit praktisch gelähmt waren und sie fragte sich, ob das gerade auch mit ihr passierte. Ihr Magen krampfte sich vor Schmerz zusammen. Die Nadeln in ihrem
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