Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
wollten an diesem Tage den einzigsten Wassergraben, der noch vorhanden und einzunehmen war, nicht erobern, sondern waren nur beflissen, die bereits genommenen Straßen zu ebnen. Auf unserem Rückzug ward uns von den Feinden hart zugesetzt, doch nur zu ihrem Schaden.
Am nächsten Tage in der Morgenfrühe rückten wir von neuem wider die Stadt, um den letzten Wassergraben nebst seiner Schanze am vermeldeten Turm zu nehmen. Während des Angriffes sprang ein Fähnrich mit vier Hispaniern ins Wasser, um den Wall zu stürmen. Alsbald verließen die Temixtitaner ihre Stellung und zogen sich zurück.
Während der Graben zugeschüttet ward, kam Peter vonAlvarado mit vier Reitern vom anderen Ende der Gasse hergeritten, zur großen Freude meiner Leute, denn die Verbindung unserer beiden Abteilungen war ein gewaltiger Schritt zum endlichen Siege. Alvarado hatte die ganze Strecke hinter sich bis zu seinem Lager mit Fußknechten besetzt, teils um das Eroberte zu wahren, teils zum Schutze seiner Person.
Als der neu genommene Weg geebnet war, ritt ich mit etlichen Reitern nach dem großen Markte, um ihn zu besichtigen, nachdem ich den in der Gasse Zurückbleibenden den Befehl gegeben hatte, nicht weiter vorzurücken. Auf dem Markte sahen wir, daß die Tempel und die Dächer der noch nicht genommenen Teile der Stadt voller Feinde waren. Da aber der Platz riesig groß ist, und wir alle zu Roß waren, so wagte sich niemand an uns heran.
Sodann stieg ich auf die große Tempelpyramide, die zunächst dem Markte steht. Dort fand ich eine Menge Köpfe von abgeschlachteten Hispaniern, auch viele von Tlaskalanern, die der Temixtitaner Urfeinde sind. Von der Höhe des Tempels nun überschaute ich alles, was wir von der Stadt schon erobert hatten. Ohne Zweifel hatten wir von acht Teilen bereits sieben. Es ward mir dabei klar, daß die Feinde, deren Anzahl noch ungeheuerlich groß war, in dem, was sie von der Stadt noch innen hatten, dicht gedrängt sein mußten, zumal die Häuser daselbst klein und zum größeren Teil in das Wasser hinein gebaut waren. Um so größer war offenbar der Mangel an Lebensmitteln bei ihnen. In der Tat hab ich nach der Eroberung des letzten Teiles der Stadt Bäume vorgefunden, von denen man vor Hunger die Rinden abgenagt hatte.
Nach dieser Betrachtung entschloß ich mich, in den nächsten Tagen nicht zu stürmen, sondern den Belagerten Vorschläge anzubieten, um so viel Volk vor dem völligen Untergange Zu bewahren. Die Not der Stadt tat mir im Herzen leid. Tag Tag um ließ ich ihnen nun den Frieden antragen, aber sie antworteten mir immer wieder, daß sie sich nimmermehr wolltenergeben, sondern sich bis auf den letzten Mann wehren. Und von der Habe, die sie noch hätten, solle nichts in unsere Gewalt kommen; vielmehr wollten sie alles verbrennen oder ins Wasser werfen. Auf solch höhnischen Bescheid wartete ich trotzdem noch mehrere Tage, da ich nicht Böses mit Bösem vergelten wollte, und unternahm keinerlei Angriff und Sturm.
Das zwanzigste Kapitel
Seit vierzehn Tagen, da uns das Schießpulver knapp ward, waren wir mit dem Plan umgegangen, ein großes Steinwurfgeschütz zu erbauen. Wir hatten zwar niemanden, der sich auf derlei rechtschaffen verstand, aber es erboten sich etliche Zimmerleute, eine solche Maschine, wenn auch in kleinem Maße, herzustellen. Und wiewohl ich voraussah, daß dabei nichts Gescheites herauskommen konnte, gab ich doch meine Erlaubnis. In diesen Tagen nun, an denen wir uns begnügten, die Feinde eingeschlossen zu halten, war das Ding fertig geworden. Man brachte es auf den großen Markt und richtete es auf einem daselbst vorhandenen Unterbau aus Quadersteinen auf, der dritthalb Mann hoch war und von einem Ende zum anderen dreißig Schritte breit war. Dieser Unterbau war ehedem eine Bühne der Gaukler gewesen, wobei das Volk vom Markte wie von den Dächern aus zugeschaut hatte.
Vier Tage dauerte das Aufstellen der Maschine. Währenddem machten unsere indianischen Bundesgenossen viel Geschrei davon und riefen den Temixtitanern drohend zu, wenn das Ungeheuer zu schießen beginne, sei die Stadt mit Mann und Maus verloren. Die Feinde bekamen Schrecken und Angst, aber meine Hoffnung, dies möchte sie veranlassen, sich uns zu ergeben, war eitel, denn das Geschütz kam nimmer zustande. Wir ließen es uns aber nicht anmerken, sondern gaben vor, wir seien zu barmherzig, als daß wir ein so mörderisches Werkzeug gebrauchen wollten [46] .
Am Tage nach der Aufrichtung des Wurfgeschützes
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