Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
den Händen habe, so solle er ihn mir vorlegen. Bis dahin aber dürf er sich den Titel eines Generalkapitäns nicht weiter anmaßen und sich bei Strafe nicht in Amtsdinge mengen. Zugleich gebot ich allen, die mit Narvaez gelandet waren, daß sie ihn fürderhin nicht Generalkapitän nennen und ihm nicht gehorsam sein, sondern im Gegenteil innerhalb einer bestimmten Frist vor mir erscheinen sollten, um von mir im Namen Eurer Kaiserlichen Majestät zu vernehmen, was für Dienste sie zu tun hätten. So sie anders handelten, wolle ich wider sie als wider Meuterer und Verräter nach strengem Recht vorgehen.
Die Antwort des Narvaez war die, daß er die Boten und Gesandten, die ihm meinen Befehl überbrachten, gefangennahm.
Das einundzwanzigste Kapitel
Als ich nun sah, daß ich Schande und Schaden nicht mehr vermeiden konnte, dieweil ich vernahm, daß die Eingeborenen anfingen, aufrührerisch zu werden, und dies von Tag zu Tag übler ward, da empfahl ich mich Gott, vergaß alle Gefahr und bedachte in meinem Gemüt, in meines Herrn Kaisers Dienst zu sterben bei der Verteidigung seines Landes. Bedachte auch, welch große Ehre mir und meinem Kriegsvolk möchte daraus erstehen. Meinem Hauptmann Gonzalo von Sandoval [32] aber gab ich den Befehl, Narvaez und die von den Seinen, die sich für Richter und Amtsleute auszugeben unterstünden, gefangenzunehmen. Ich gab ihm 80 Mann Fußvolk mit. Mit den übrigen 170 Mann – wir waren insgesamt 250 ohne Geschütz und ohne Reiterei – marschierte ich hinterdrein, um nahe zu sein im Falle, daß sich Narvaez und seine Gesellen nicht wollten gefangengeben.
Am selbigen Tage, da der Hauptmann und hinterher ich nach Cempoalla aufbrachen, war Narvaez, der dort sein Hauptquartier gehabt hatte, auf die Nachricht von unserem Anmarsche, mit 80 Reitern und 500 Fußknechten aus der Stadt gerückt, mir entgegen. Im Haupttempel, der eine Art Veste war, hatte er den Rest seines Kriegsvolks zurückgelassen. Als er mit genannter Streitmacht nur noch eine Meile von dem Punkt entfernt war, wo ich auf meinem Marsche war, machte er wieder kehrt. Obwohl ihm meine Annäherung durch Indianer war gemeldet worden, vermeinte er doch, man narre ihn, da er mich und die Meinen nirgends wahrnahm. Wieder in seinem Quartier, hielt er seine Leute in Bereitschaft und stellte dazu eine Meile vor der Stadt zwei Mann als Feldwache auf.
Dieweil ich mir nun einmal vorgenommen hatte, den öffentlichen Spott soviel wie möglich zu vermindern, hab ich es für gut angesehen und für ratsam erachtet, bei Nacht einzutreffen und heimlich in die Stadt hineinzukommen, sodann geradeswegs des Narvaez Herberge aufzusuchen, die mir und meinem Volk gar wohl bekannt war, und ihn daselbst gefangenzunehmen. Denn so er gefangen wäre, verhoffte ich die ganze Sache mit einem Schlage beigelegt zu haben. Die übrigen würden sich dann ohne weiteren Widerstand der Gerechtigkeit unterwerfen, sonderlich da der größere Teil unfreiwillig gegen mich gezogen war, gezwungen durch die Macht des Diego Velasquez und aus Furcht, daß er ihnen ihre Knechte auf der Insel Ferdinandina könnte wegnehmen.
Und also ist es uns gelungen. Am Pfingsttage (am 27. Mai), ein wenig nach Mitternacht, hab ich den Narvaez in seinem Quartier überfallen. Vorher waren wir auf die Feldwache gestoßen, die er uns in den Weg gelegt hatte. Die Aufklärer, die ich vorausgesandt hatte, nahmen den einen Posten gefangen. Der andre ist entronnen. Von dem Gefangenen erfuhr ich die Maßregeln, die Narvaez hatte verordnet. Damit nun der Entwischte nicht vor uns in der Stadt ankäme, hab ich geeilt, sovielmir möglich. Doch hab ich es nicht schaffen können. Der Mann war eine halbe Stunde vor uns dort. Und wie wir kamen, waren Narvaez und sein Kriegsvolk schon in den Waffen und alle Pferde gerüstet. An zwei Stellen standen je 200 Mann wohlbereit. Wir aber sind so still in die Stadt hineingekommen, daß sie uns erst gewahr wurden und Lärm machten, als wir schon in den Hof des Haupttempels eingerückt waren, wo Narvaez samt seinem ganzen Volke lag. Die drei oder vier Türme der Gebäude waren alle besetzt, und an der großen Stiege des Tempels, in dem Narvaez selbst wohnte, standen 19 Büchsenschützen. Wir stürmten aber so schnell hinauf, daß sie nicht mehr denn bloß eine Büchse konnten anzünden, welcher Schuß auf Gottes Geheiß versagte und somit keinen Schaden anrichtete.
Also drangen wir zur Plattform hinauf, bis vor den Turm, da des Narvaez Gemach war, wo er sich mit 50
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