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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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war völlig menschenleer; zwei Katzen rannten quer über sie hinweg.
    Sie werden da drin braten wie Koteletts! dachte Herr Péqueur des Saulaies, der sich darüber wunderte, wie friedlich das Haus auf der Vorderseite schlief, wo sich noch keine Flamme zeigte.
    Er klopfte heftig an die Tür, aber er hörte nur das Bullern der Feuersbrunst im Treppenhaus. Er klopfte alsdann an Herrn Rastoils Tür. Dort erhoben sich durchdringende Schreie, die von Füßegetrappel, Türenschlagen, erstickten Rufen begleitet waren.
    »Aurélie, nimm etwas um die Schultern!« schrie die Stimme des Präsidenten.
    Herr Rastoil stürzte auf den Bürgersteig hinaus, hinterdrein Frau Rastoil und seine jüngste Tochter, die noch nicht verheiratet war. Aurélie hatte in ihrer Überstürzung einen Paletot ihres Vaters über die Schultern geworfen, der ihre Arme nackt ließ; sie wurde über und über rot, als sie Herrn Péqueur des Saulaies erblickte.
    »Was für ein entsetzliches Unglück!« stammelte der Präsident. »Alles wird verbrennen. Die Wand meines Zimmers ist schon heiß. Die beiden Häuser bilden nur ein Haus, wenn ich so sagen darf … Ach! Herr Unterpräfekt, ich habe mir nicht einmal die Zeit genommen, die Stutzuhren fortzuschaffen. Wir müssen Hilfe haben. Wir können doch nicht in ein paar Stunden unsere ganzen Möbel verlieren.«
    Frau Rastoil, die mit einem Morgenrock halb bekleidet war, weinte um die Möbel ihres Salons, die sie gerade hatte neu beziehen lassen. Unterdessen hatten sich einige Nachbarn an den Fenstern gezeigt. Der Präsident rief sie und begann sein Haus auszuräumen; vor allem belud er sich mit den Stutzuhren, die er auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig abstellte. Als man die Sessel aus dem Salon herausgeholt hatte, bewog er seine Frau und seine Tochter, sich zu setzen, während der Unterpräfekt bei ihnen blieb, um ihnen wieder Mut zuzusprechen.
    »Beruhigen Sie sich, meine Damen«, sagte er. »Die Feuerspritze wird gleich eintreffen, es wird tüchtig gegen das Feuer angegangen … Ich glaube Ihnen versprechen zu können, daß man Ihr Haus retten wird.«
    Mourets Fenster zersplitterten, die Flammen brachen im ersten Stock durch. Jäh wurde die Straße von einem großen Schein erleuchtet. Es war hell wie am lichten Tag. Ein Trommler ging in der Ferne über den Place de la SousPréfecture und schlug das Signal zum Sammeln. Männer liefen herbei, eine Kette wurde gebildet, aber es fehlten die Eimer, die Feuerspritze kam nicht. Inmitten der allgemeinen Bestürzung schrie Herr Péqueur des Saulaies, ohne die Damen Rastoil zu verlassen, mit voller Stimme Anordnungen.
    »Lassen Sie den Durchgang frei! Die Kette ist dahinten zu dicht aufgeschlossen! Nehmen Sie zwei Schritt Abstand!« Sich zu Aurélie umwendend, sagte er dann mit sanfter Stimme: »Ich wundere mich sehr, daß die Feuerspritze noch nicht da ist … Es ist eine neue Spritze; man wird sie heute einweihen … Ich habe den Pförtner doch sofort losgeschickt; er hat auch bei der Gendarmerie vorbeigehen sollen.«
    Die Gendarmen ließen sich als erste sehen; sie hielten die Neugierigen zurück, deren Zahl trotz der vorgerückten Stunde anwuchs. Der Unterpräfekt war persönlich hingegangen, um die Kette geradezurichten, die unter dem Stoßen gewisser Spaßmacher, die aus der Vorstadt herbeigeeilt waren, eingedrückt wurde. Das Glöcklein von SaintSaturnin läutete Sturm mit seiner brüchigen Stimme; mehr am unteren Ende der Straße hin, in der Gegend von Le Mail, schlug ein zweiter Trommler matter das Signal zum Sammeln. Endlich kam mit dem Gepolter durchgeschüttelten alten Eisens die Feuerspritze an. Die Gruppen wichen zur Seite; die fünfzehn Feuerwehrmänner von Plassans erschienen rennend und schnaufend; aber trotz des Eingreifens von Herrn Péqueur des Saulaies brauchte man noch eine reichliche Viertelstunde, um die Spritze in Gang zu setzen.
    »Ich sage Ihnen, der Kolben gleitet nicht!« schrie der Feuerwehrhauptmann den Unterpräfekten wütend an, der behauptete, daß die Schraubenmuttern zu stramm angezogen seien.
    Als ein Wasserstrahl aufstieg, ging ein Seufzer der Befriedigung durch die Menge. Das Haus flammte jetzt vom Erdgeschoß bis zum zweiten Stock wie eine riesige Fackel. Zischend fuhr das Wasser in die Glut, während die Flammen höher aufstiegen und sich in gelbe Schwaden zerrissen. Die Feuerwehrleute waren auf das Dach vom Haus des Präsidenten gestiegen, dessen Ziegel sie mit Pickenhieben einschlugen, um zu verhindern, daß das Feuer

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