Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
bückte sich, hockte sich wieder hin, lief auf allen vieren und schnaufte heftiger mit einem Brummen schrecklicher Freude.
    Nun ergriff er ein Stück Rebholz. Er zündete die Haufen an. Er begann mit den Haufen unter den Fenstern auf der Terrasse. Mit einem Satz eilte er wieder hinein, entflammte die Haufen im Salon und im Wohnzimmer, in der Küche und in der Diele. Dann sprang er von Stockwerk zu Stockwerk, warf die angebrannten Überreste seines Rebholzes auf die Haufen, die die Türen der Trouches und der Faujas versperrten. Eine zunehmende Raserei schüttelte ihn, die große Helligkeit der Feuersbrunst machte ihn vollends wahnsinnig. Er lief in ungeheuren Sprüngen zweimal hinunter, drehte sich um sich selbst, lief durch den dichten Qualm, schürte mit seinem Atem die Gluten, in die er Händevoll glühender Kohlen zurückwarf. Der Anblick der Flammen, die sich schon an den Zimmerdecken brachen, bewirkte, daß er sich mitunter auf den Hintern setzte und mit aller Kraft seiner Hände lachend Beifall klatschte.
    Unterdessen bullerte das Haus wie ein zu voll gestopfter Ofen. Die Feuersbrunst brach an allen Punkten zugleich mit einer Heftigkeit aus, die die Geschoßdecken spaltete. Der Irre stieg inmitten der weiten Feuerflächen mit versengten Haaren, geschwärzten Kleidern wieder hinauf. Auf die Fäuste hingehockt, seinen grunzenden Tierkopf vorreckend, bezog er im zweiten Stock Stellung. Er bewachte den Durchgang, er ließ die Tür des Priesters nicht aus den Augen.
    »Ovide! Ovide!« rief eine schreckliche Stimme.
    Hinten im Flur hatte sich Frau Faujas˜ Tür jäh geöffnet, und die Flamme stürzte sich mit Sturmesdonnern in das Zimmer wie in einen Abgrund. Die alte Frau kam inmitten des Feuers zum Vorschein. Mit vorgehaltenen Händen schob sie die flammenden Bündel beiseite, sprang in den Flur, warf mit Fußtritten, mit Faustschlägen die glühenden Holzscheite beiseite, die die Tür ihres Sohnes versperrten, nach dem sie unaufhörlich verzweifelt rief. Der Irre hatte sich mit brennenden Augen und immer noch wehklagend tiefer hingeduckt.
    »Warte auf mich, klettere nicht durchs Fenster hinunter«, schrie sie und schlug dabei an die Tür. Sie mußte die Tür eintreten, die brennende Tür gab leicht nach. Ihren Sohn in den. Armen haltend, kam Frau Faujas wieder zum Vorschein.
    Er hatte sich die Zeit genommen, seine Soutane anzuziehen; er bekam keine Luft, weil ihn der Qualm erstickte.
    »Hör zu, Ovide, ich werde dich hinaustragen«, sagte sie barsch und energisch. »Halte dich gut an meinen Schultern fest, klammere dich an meine Haare, wenn du fühlst, daß du abrutschst … Hab keine Angst, ich halte durch.« Sie nahm ihn wie ein Kind auf ihre Schultern, und diese prächtige Mutter, diese alte, bis in den Tod ergebene Bäuerin wankte nicht unter der erdrückenden Last dieses großen, ohnmächtig gewordenen Körpers, der sich willenlos forttragen ließ. Sie trat die Kohlen mit ihren nackten Füßen aus, bahnte sich einen Weg, indem sie die Flammen mit ihrer freien Hand zurückstieß, damit ihr Sohn davon nicht einmal gestreift werde.
    Aber in dem Augenblick, da sie sich anschickte hinunterzugehen, sprang der Irre, den sie nicht gesehen hatte, Abbé Faujas an und riß ihn ihr von den Schultern. Sein grausiger Wehschrei endete in einem Geheul, während er sich in einem neuen Anfall am Rande der Treppe wand. Er mordete den Priester, zerkratzte ihn, erwürgte ihn. »Marthe! Marthe!« schrie er.
    Und er rollte mit dem Leichnam die brennenden Stufen hinunter, während Frau Faujas, die ihm die Zähne in die Gurgel geschlagen hatte, sein Blut trank.
    Die Trouches flammten in ihrer Trunkenheit ohne einen Seufzer. Das verwüstete und ausgehöhlte Haus stürzte inmitten von Funkenstaub zusammen.
     

Kapitel XXIII
    Macquart traf Doktor Porquier nicht zu Hause an, er eilte erst gegen halb ein Uhr nachts herbei. Das ganze Haus war noch auf den Beinen. Allein Rougon hatte sich nicht aus seinem Bett gerührt. Die Aufregungen wären sein Tod, sagte er.
    Félicité, die noch auf demselben Stuhl an Marthes Bett saß, erhob sich, um dem Arzt entgegenzugehen.
    »Ach! Lieber Doktor, wir sind sehr besorgt«, murmelte sie. »Das arme Kind hat nicht eine Bewegung gemacht, seit wir sie hier hingebettet haben … Ihre Hände sind schon kalt; ich habe sie vergebens in meinen Händen gehalten.«
    Doktor Porquier betrachtete aufmerksam Marthes Gesicht; ohne sie weiter zu untersuchen, blieb er stehen, kniff die Lippen zusammen und machte mit

Weitere Kostenlose Bücher