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Die Erpresserin

Die Erpresserin

Titel: Die Erpresserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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dort sicher etabliert hatte, also brauchte ich
nichts weiter zu tun, als mich ihr zuzugesellen. Ich tastete mich mit einer
ausgestreckten Hand voran, um den Bettrand ausfindig zu machen, aber worauf
immer ich auch stieß, es zuckte mit einem schnellen Ruck unter meiner Hand
zurück — und dann erfolgte plötzlich ein hysterisches Gekicher.
    »Nicht!« stöhnte Polly. »Ich
bin kitzlig.«
    »Ich habe nur versucht, dieses verdammte
Bett zu finden«, brummte ich.
    »Nein, Sie bleiben jetzt, wo
Sie sind und lassen mich Sie führen«, fuhr sie mich an. »Ich komme mir wie ein
umzingelter Vier-Sterne-General vor — ich habe keine Ahnung, woher der nächste
Angriff kommen wird.«
    Ich blieb — allein und verloren
— etwa zehn Sekunden lang in der tiefen Finsternis stehen, dann war ich an der
Reihe, in hysterisches Kichern auszubrechen. Die Hand wurde schnell
zurückgezogen, und es erfolgte ein langes Schweigen.
    »Rick?« In ihrer Stimme lag ein
mißtrauischer Unterton. »Waren Sie das?«
    »Und ob ich das war«, knurrte
ich. »Wer zum Kuckuck sollte es sonst sein?«
    »Ich weiß nicht.« Ihre Stimme
klang eindeutig nervös. »Vielleicht sollte ich doch besser auf die Couch
ziehen.«
     
    Gegen acht Uhr dreißig am nächsten
Morgen war ich mit dem letzten Ritus des gastgebenden Junggesellen beschäftigt,
nämlich der Zubereitung des Frühstücks in der Küche, als Polly erschien. Sie
war soeben unter der Dusche gewesen, sah frisch und rosig aus und hatte den
Ausdruck ruhiger Befriedigung auf dem Gesicht, den wir Junggesellen bei all
unseren weiblichen Übernachtungsgästen erstreben. Sie trug ihren karierten
Baumwollanzug, Holmans Waterloo feiernd. Wozu noch
Siege erringen, wenn die vergangene Nacht also eine Niederlage gewesen war,
dachte ich?
    »Guten Morgen.« Sie schnupperte
angelegentlich. »Dieser Kaffee riecht gut.«
    »Ausgezeichnet«, berichtigte
ich sie. »Ich habe ihn gemacht. Es wird dir jetzt gleich ein lukullisches
Erlebnis zuteil, das unter der Bezeichnung > Holmans Ei-Wunder< läuft. Das Wunder ereignet sich, wenn wir herausfinden, ob es
nach Eiern oder altem Pferdesattel schmeckt.«
    Sie aß noch immer unbeirrt, als
ich bereits bei meiner zweiten Zigarette und auch Tasse Kaffee angekommen war.
Ich dachte, es müßte doch hübsch sein, jung, gesund und — meine müden Muskeln
zuckten bei dem Gedanken — elastisch zu sein.
    Polly starrte mich, nachdem sie
den letzten Bissen hinuntergeschluckt hatte, plötzlich eindringlich an, und ich
hatte das Gefühl, als säße ich unter dem verkehrten Ende des Mikroskops eines
Käferforschers.
    »Was ist?« fragte ich etwa zehn
Sekunden später nervös. »Habe ich vergessen, meine Zähne einzusetzen, oder ist
noch was Schlimmeres passiert?«
    »Es kann nichts Schlimmeres
passieren!« Sie schauderte leicht. »Ich habe mir eben überlegt: Du liebst nicht
wie ein Mörder. Aber dann fiel mir ein — woher soll ich eigentlich wissen, wie
ein Mörder liebt?«
    »Vielleicht mit den Zähnen?«
schlug ich vor.
    Sie stützte die Ellbogen auf
den Tisch, legte das Kinn in die gewölbten Handflächen und betrachtete mich mit
erneutem Interesse. »Marvin hat deine Lippen grauenhaft zugerichtet, nicht?«
    »Er und du, alle beide«,
erinnerte ich sie.
    »Willst du meine blauen Flecken
sehen?« fragte sie hochmütig.
    »Nicht jetzt«, sagte ich
schnell. »Ich bin nur durchschnittlich heißblütig, nicht unersättlich. Und ich
muß ohnehin in die Polizeizentrale und für Lieutenant Freed eine Aussage machen.«
    »Ich glaube, ich fahre am
besten heim und sehe nach, ob das Haus noch steht.« Sie überlegte einen
Augenblick lang. »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich Lisa und Marvin
erzähle, daß du mich entführt und vergewaltigt hast? Sie werden vielleicht
wütend, wenn ich ihnen erzähle, daß ich aus eigenem Antrieb die Nacht bei dir
zugebracht habe.«
    Im allerletzten Augenblick
schaffte ich es gerade noch, nicht an meiner Kaffeetasse zu ziehen und die
Zigarette herunterzuschlucken. »Eine Sekunde lang hatte ich völlig vergessen,
daß du eine Irre bist«, sagte ich verbittert. »Wenn dir die Situation wirkliche
Sorgen macht, kannst du zwei Tage lang hier bleiben.«
    »Danke, aber ich sehe besser
nach, was mit den beiden los ist«, sagte sie. »Wenn es sehr schlimm ist, nehme
ich deine Einladung vielleicht an.« Ein verschmitzter Ausdruck tauchte flüchtig
in ihren blaßblauen Augen auf. »Selbst wenn es
bedeutet, daß ich von einer Bratpfanne in einen Vulkan springe!«
    »Ich

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