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Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman

Titel: Die Erste Liebe: Nach 19 Vergeblichen Versuchen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green , Sophie Zeitz
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die Schulter legte, und dann kam er einen Schritt näher und nahm ihn in den Arm.
    »Wir machen uns auch Sorgen um dich«, sagte seine Mutter. Sie war eine kleine Frau mit braunem, lockigem Haar und einer einzelnen weißen Strähne über der Stirn. »Und wir sind sehr überrascht. Was ist passiert?«
    »Ich weiß nicht«, murmelte Colin in die Schulter seines Vaters. »Sie ist einfach – sie hat die Nase voll. Sie mag nicht mehr. Das hat sie jedenfalls gesagt.« Und dann stand auch seine Mutter auf, und alle umarmten sich, überall Arme, und seine Mutter fing zu weinen an. Irgendwann befreite sich Colin aus all den Armen und setzte sich aufs Bett. Er hatte das dringende Bedürfnis, allein zu sein, so schnell wie möglich, als würde er explodieren, wenn sie nicht gleich gingen. Buchstäblich explodieren. Eingeweide an den Wänden, sein hochbegabtes Gehirn auf der Tagesdecke verspritzt.
    »Wir sollten uns zusammensetzen und deine Möglichkeiten abwägen«, sagte sein Vater. Im Abwägen war sein Vater gut. »Nicht um den Silberstreifen am Horizont zu suchen, sondern weil du jetzt anscheinend ziemlich viel Zeit in den Sommerferien hast. Vielleicht willst du an der Uni einen Sommerkurs belegen?«
    »Ich muss wirklich erst mal allein sein, heute wenigstens«, antwortete Colin, während er versuchte, Ruhe zu bewahren, damit sie endlich gingen und er nicht explodieren musste. »Können wir morgen abwägen?«
    »Natürlich, Schätzchen«, sagte seine Mutter. »Wir sind für dich da, den ganzen Tag. Komm einfach runter, wenn du dich danach fühlst. Wir haben dich lieb, und du bist etwas ganz Besonderes, Colin, und du darfst dir von diesem Mädchen auf keinen Fall etwas anderes einreden lassen, denn du bist der tollste, schlauste Junge auf der ganzen …« In diesem Moment stürzte der ganz besondere, tolle, schlaue Junge aus der Tür, rannte ins Bad und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Es war eine Explosion, irgendwie.
    »Oje, Colin«, rief seine Mutter.
    »Ich will allein sein«, rief Colin zurück. »Wirklich. Bitte.«
    Als er aus dem Bad kam, waren sie fort.
    Während der nächsten vierzehn Stunden las Colin, ohne eine Pause zum Essen, Schlafen oder Kotzen einzulegen, immer wieder das Jahrbuch durch, das er erst vor vier Tagen erhalten hatte. Außer dem üblichen Jahrbuchkram enthielt es zweiundsiebzig persönliche Eintragungen seiner Mitschüler. Zwölf hatten einfach nur unterschrieben, sechsundfünfzig lobten außerdem seine Intelligenz, fünfundzwanzig wünschten, sie hätten ihn besser gekannt, elf schrieben, Englisch mit ihm hätte Spaß gemacht, sieben erwähnten den Ausdruck »Pupillenschließmuskel« 2 , und immerhin siebzehn endeten mit: »Bleib cool!« Cool bleiben war für Colin Singleton etwa so unmöglich wie schlank bleiben für einen Pottwal oder reich bleiben für einen Bangladeshi. Wahrscheinlich meinten es alle siebzehn als Witz. Und während er darüber nachdachte, begann er außerdem zu grübeln, wie fünfundzwanzig seiner Mitschüler, mit denen er zum Teil zwölf Jahre lang in die gleiche Klasse gegangen war, behaupten konnten, sie hätten ihn gern »besser gekannt«. Als hätte es keine Möglichkeit gegeben.
    Doch die meiste Zeit der vierzehn Stunden las er die Widmung von Katherine XIX., immer wieder.
     
    Col,
    auf alle Orte, an denen wir gewesen sind. Und auf alle Orte, die noch auf uns warten. Und immer flüstere ich dir zu, wieder und wieder und wieder und wieder: ichliebedich.
    Liebe, ewig
    K-a-t-h-e-r-i-n-e
     
    Irgendwann schien ihm das Bett zu gemütlich für seinen Seelenzustand, und er legte sich auf den Boden, wo er so lange Anagramme aus »Liebe, ewig« machte, bis ihm eins davon gefiel: Bleiwiege. Und dann lag er da, mit seinem bleischweren Schmerz, und wiederholte im Kopf ihre Worte, die er längst auswendig konnte, und er wollte weinen, aber stattdessen war da nur eine dumpfe Leere auf Höhe seines Solarplexus. Weinen fügte etwas hinzu: Weinen war man selbst, plus Tränen. Doch das Gefühl, das Colin hatte, war das grausame Gegenteil von Weinen. Es war er selbst, minus etwas. Die ganze Zeit musste er über dieses Wort nachdenken – ewig – und spürte dabei direkt unter dem Brustkorb ein brennendes Reißen. Es tat so weh wie die schlimmste Tracht Prügel, die er je eingesteckt hatte. Und er hatte jede Menge eingesteckt.

Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
     
     
    [2]    Der Schmerz hielt bis kurz vor zehn Uhr abends an, als ein

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