Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erste Mission

Die erste Mission

Titel: Die erste Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
richtige Richtung war. Eine Verständigung mit dem fast haarlosen Wesen im Kasten schien immerhin möglich zu sein.
    »Was versuchst du mir zu sagen, Götterkind?«, fragte der Alleinige, der es aufgegeben hatte, die fremdartigen Bodenvibrationen erneut aufzuspüren.
    »Vor wem hast du Angst?«
    »Vor den Dämonen, die meinen Stamm vernichteten. Aber du brauchst dich nicht zu fürchten, ich werde uns beide verteidigen.«
    »Was für Dämonen?«
    Wenn dieses Götterkind gerade erst die Sprache der Sterblichen erlernt hat – vielleicht hat es von seinen göttlichen Eltern sogar überhaupt kein Wort irgendeiner Sprache beigebracht bekommen –, dann ist es erstaunlich, wie viel sich diese Kreatur davon bereits angeeignet hat , überlegte der Alleinige. Die Theorie einer Geisteskrankheit ließ sich wohl nicht aufrechterhalten. Diese Kreatur mochte alles Mögliche sein, aber nicht dumm.
    »Wenn du willst, helfe ich dir aus deinem Kasten«, bot der Alleinige an.
    »Ich würde dann sterben!«, war das Götterkind überzeugt.
    »Aber wieso?«
    »Das ist schwer zu erklären.«
    Klang das nicht ein bisschen nach der Arroganz eines Götterkindes gegenüber einem gewöhnlichen Sterblichen? Leiser Ärger keimte in dem Alleinigen auf. Was denkst du eigentlich, wie respektlos du mit mir reden kannst? Schließlich war ich es, der dich hochwohlgeborenes Götterkind vom Boden aufgehoben hat, anstatt dich einfach wie eine überzählige Brut auf dem Eis liegen zu lassen! Ich verteidige dich mit meiner Riesenßosser-Gräte und meinem Leben gegen die Schar der Dämonen, und du verhöhnst mich?
    Aber von alledem wagte der Alleinige nicht, auch nur ein einziges Wort zu äußern.
    Er wunderte sich selbst darüber. Aber nur kurz, dann wurde ihm die schreckliche Wahrheit bewusst, die diesem Verhalten zu Grunde lag. Außer diesem Götterkind in seinem bizarren Kasten hast du niemanden mehr! , erkannte er. Niemanden auf der ganzen Welt!
    Die Ereignisse, deren Zeuge er geworden war, hatten seine Einsamkeitsgefühle bis zu einem Maß gesteigert, das vollkommen unerträglich zu werden drohte. Er bemühte sich zwar, diese Emotionen so weit es ging unter Kontrolle zu halten, aber gleichzeitig spürte er auch, wie es in ihm brodelte und er die Kontrolle zu verlieren drohte.
    Bis zu jenem Moment, da die Achtbeiner seinen Stamm angegriffen und vernichtet hatten, war er ein Ausgestoßener gewesen. Einer, von dem der Stamm den Namen zurückgefordert hatte und der darum in der Auffassung der Stammesbrüder auch keinen Namen mehr rechtmäßig führen durfte.
    Aber der springende Punkt war, dass der Stamm zu diesem Zeitpunkt noch existiert hatte.
    Er war nur ein Ausgestoßener gewesen, doch jetzt war er einer ohne Stamm – und das war noch um ein Vielfaches schlimmer.
    »Trägst du einen Namen?«, fragte ihn das Götterkind.
    Was war das?
    Eine bewusste Provokation? Wusste das Götterkind nicht, dass Namen nur durch Stämme vergeben wurden und ein einsam seines Weges ziehender Whuuorr keinen Stamm hatte und folglich auch keinen Namen.
    Der Alleinige unterdrückte die unwirsche Erwiderung, die er dem Götterkind am liebsten gegeben hätte.
    »Ich habe mir selbst einen Namen gegeben«, erklärte er stattdessen. »Ich bin der Alleinige. Jetzt, nachdem die Dämonen meinen Stamm töteten, trifft dies noch viel mehr zu.«
    Der Alleinige schwieg.
    Es verging eine Weile, ehe er schließlich zurückfragte: »Und wie lautet dein Name, Götterkind?«
    Eine Folge von Lauten drang aus dem Kasten. Laute, die der Alleinige weder nachahmen, noch wirklich erfassen konnte. Er fragte noch einmal nach, und erst, als dieselbe Lautfolge ein zweites Mal aus dem Kasten drang, begriff er, dass dies offenbar der unaussprechliche Name des Götterkindes war.
    »Welche Bedeutung hat dieser Name?«, fragte er.
    »Welche Bedeutung?«
    »Ja.«
    Der Alleinige hatte den Eindruck, dass sein Gesprächspartner nicht so recht begriff, was er meinte.
    Erneut folgte ein Moment des Schweigens.
    »Er hat keine Bedeutung«, sagte das Götterkind schließlich.
    Der Alleinige war regelrecht konsterniert. Im ersten Augenblick glaubte er, die Worte seines Gesprächspartners vielleicht falsch verstanden zu haben, daher fragte er noch einmal nach. Aber als das Götterkind seine Antwort noch einmal wiederholte, bestand kein Zweifel mehr an dem, was es gesagt hatte.
    »Die Götter machen sich keine Gedanken über die Bedeutung ihrer Namen?«
    »Götter?«
    »Offenbar stimmt nicht alles von dem, was uns der

Weitere Kostenlose Bücher