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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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Assistenten verwiesen zu werden. Ich habe deine Nachfolge angetreten, als du uns im Stich gelassen hast. Seit deiner Abreise habe ich hier alle Verantwortung auf mich genommen. Wenn du jetzt ein gut zusammenarbeitendes und effizientes Team vorfindest, dann hast du das allein mir zu verdanken. Deshalb lasse ich es nicht zu, dass du plötzlich in dieser Stätte, die inzwischen mir untersteht, auftauchst und befehlen willst.«
    »Hast du vorhin nicht von ›Egoproblemen‹ gesprochen? Du bist wirklich unglaublich, Eric. Wenn wir eine größere Entdeckung machen, dann teilt sich natürlich das ganze Team den Ruhm, du, ich und alle anderen - und übrigens auch Adrian, denn, glaube mir, er hat mehr dazu beigetragen als jeder andere hier. Kann ich jetzt, nachdem du beruhigt bist, mit deiner Unterstützung rechnen?«
    »Acht Tage, Keira, ich gebe dir acht Tage, und wenn das Experiment in die Hose geht, packt ihr beiden, du und dein Freund, die Koffer und verschwindet von hier.«
    »Ich überlasse es dir, das vor Adrian zu wiederholen. Ich bin sicher, er wird begeistert sein …«
    Keira kehrte zu uns zurück und stieg erneut auf die Kiste.
    »Der Ort, von dem hier die Rede ist, liegt drei Kilometer westlich vom Dipa-See. Wenn wir morgen bei Sonnenaufgang aufbrechen, könnten wir kurz vor Mittag dort sein und uns
gleich an die Arbeit machen. Alle, die mir folgen wollen, sind willkommen.«
    Ein erneutes Raunen ging durch die Versammlung. Karvelis trat als Erster vor. Alvaro, Normand und Wolfmayer folgten. Keira hatte gewonnen, und bald gruppierte sich das ganze Team um Keira und Eric, der ihr nicht mehr von der Seite wich.
     
    Im Morgengrauen hatten wir das Material eingeladen, und bei Sonnenaufgang verließen die beiden Jeeps das Lager. Keira saß am Steuer des einen, Eric an dem des anderen Wagens. Nachdem wir drei Stunden der Piste gefolgt waren, parkten wir an einem Streifen Buschwerk, das wir mit unserem Material auf der Schulter durchqueren mussten. Harry lief voraus und schnitt uns mit kräftigen Machetenhieben eine Schneise durch das Geäst. Ich wollte ihm helfen, doch er lehnte ab unter dem Vorwand, ich könnte mich verletzen.
    Nicht weit entfernt tat sich vor uns die Lichtung auf, von der Keira gesprochen hatte. Ein fast kreisrundes Areal von achthundert Meter Durchmesser, umgeben von einer Schleife des Omos, deren Form auf sonderbare Weise an einen menschlichen Schädel erinnerte.
    Karvelis hatte sein GPS-Gerät hervorgeholt und führte uns in die Mitte der Lichtung.
    »5°10’2”67 Breitengrad Nord und 36°10’1”74 Längengrad Ost, das ist genau hier«, sagte er.
    Keira kniete sich hin und strich gedankenverloren über die Erde.
    »Welch unglaubliche Reise, um schließlich hierher zurückzukehren!«, sagte sie zu mir. »Wenn du wüsstest, was für ein Lampenfieber ich habe.«
    »Ich auch«, gestand ich.

    Alvaro und Normand begannen das Ausgrabungsgelände abzustecken, während die anderen im Schatten des hohen Heidekrauts unsere Zelte aufstellten. Keira wandte sich an Alvaro.
    »Ihr braucht das Areal nicht auszudehnen, konzentriert euch auf etwa zwanzig Quadratmeter. Die Grabungen gehen vor allem in die Tiefe.«
    Alvaro rollte die Schnur wieder auf und folgte Keiras Anweisungen. Am späten Nachmittag waren bereits dreißig Kubikmeter Erde ausgehoben. Je weiter die Arbeiten voranschritten, desto mehr zeichnete sich ein Graben ab. Bis Sonnenuntergang hatten wir noch nichts gefunden. Mangels Licht mussten die Arbeiten schließlich abgebrochen werden und wurden im Morgengrauen wieder aufgenommen.
    Gegen elf Uhr zeigte Keira erste Anzeichen von Nervosität. Ich trat zu ihr.
    »Wir haben noch eine Woche vor uns.«
    »Ich glaube nicht, dass es eine Frage der Tage ist, Adrian, wir haben sehr präzise Koordinaten, die sind entweder richtig oder falsch, da gibt es keine Halbheiten. Außerdem sind wir nicht ausgerüstet, um tiefer als zehn Meter zu graben.«
    »Wie weit sind wir jetzt?«
    »Auf der Hälfte.«
    »Also ist noch nichts verloren, und ich bin sicher, je tiefer wir graben, desto größer werden unsere Chancen.«
    »Wenn ich mich geirrt habe«, sagte Keira und seufzte, »dann haben wir alles verloren.«
    »Für mich war es jener Tag, als unser Wagen in den Fluten des Gelben Flusses versank, an dem ich glaubte, alles verloren zu haben«, sagte ich und entfernte mich.
    Auch der Nachmittag verlief ergebnislos. Keira hatte sich zu einem Nickerchen in den Schatten des Heidekrauts gelegt. Gegen sechzehn Uhr stieß

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