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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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Air-France-Schalter ankamen, war unser Flugzeug längst abgefertigt. Zum Glück waren noch mehrere Plätze frei, und eine freundliche Stewardess erklärte sich bereit, uns an der Schlange der Wartenden vorbei durch die Sicherheitsschleuse zu führen. Vor dem Abflug gelang es mir noch, zwei kurze Telefonate zu führen, eines mit Walter, den ich mitten in der Nacht aufweckte, das andere mit Ivory, der noch wach war. Ich kündigte ihnen unsere Rückkehr nach Europa an und stellte beiden dieselbe Frage: Wo befand sich das beste Speziallabor für äußerst komplexe DNA-Analysen?
    Ivory bat uns, gleich nach der Ankunft in seine Wohnung zu kommen. Um sechs Uhr morgens fuhr uns ein Taxi vom Flughafen Charles-de-Gaulle zur Île Saint-Louis. Ivory öffnete uns im Morgenmantel die Tür.
    »Ich wusste nicht genau, wann Sie kommen, und bin dann später doch noch eingeschlafen.«
    Er ging in die Küche, um uns Kaffee zu kochen, und bat uns, solange im Wohnzimmer zu warten. Er kam mit einem Tablett zurück und nahm uns gegenüber Platz.
    »Nun, was haben Sie in Afrika gefunden?«
    Keira zog die Kapsel aus der Tasche und reichte sie dem alten Professor. Ivory rückte seine Brille zurecht und nahm dem Gegenstand prüfend in Augenschein.

    »Ist das Bernstein?«
    »Ich weiß es nicht, aber die roten Flecke im Inneren sind vermutlich Blut.«
    »Donnerwetter! Wo haben Sie das gefunden?«
    »Genau an dem Ort, den die Fragmente uns angezeigt haben«, gab ich zurück.
    »Im Brustkorb eines Skeletts, das wir ausgegraben haben«, fügte Keira hinzu.
    »Aber das ist ja eine Entdeckung von höchster Bedeutung!«, rief Ivory aus.
    Er ging zu seinem Schreibtisch, öffnete die Schublade und zog ein Blatt Papier heraus.
    »Dies ist die letzte Übersetzung, die ich von dem auf Ge’ez verfassten Text angefertigt habe, lesen Sie.«
    Ich griff nach dem Zettel, den Ivory mir hinhielt, und las laut:
    Ich habe die Scheibe der Erinnerungen getrennt und ihre einzelnen Teile den Magistraten der Kolonien anvertraut. Mögen unter dem sternenklaren Gedrittschein die Schatten der Unendlichkeit verschlossen bleiben. Möge niemand erfahren, wo sich das Hypogäum befindet. Die Nacht des einen ist Wächterin über den Ursprung. Möge niemand ihn erwecken, denn bei einer Vereinigung der imaginären Zeiten zeichnet sich das Ende ab.
    »Ich glaube, dieses Rätsel wird jetzt klar, nicht wahr?«, sagte der alte Professor. »Dank Adrians Einfallsreichtum in der Virje-Universität haben wir die Scheibe zum Sprechen gebracht, und sie hat uns die Lage eines Grabes enthüllt. Besagtes Hypogäum, in dem sie vermutlich im vierten Jahrtausend entdeckt wurde. Und diese Entdecker begriffen ihre Bedeutung, trennten
sie in einzelne Fragmente und trugen sie in alle Himmelsrichtungen.«
    »Warum?«, fragte ich. »Warum diese Reisen?«
    »Damit niemand das Skelett entdeckt, das Sie ausgegraben haben, ebendas, bei dem Sie die Scheibe der Erinnerungen gefunden hatten. Die Nacht des ersten ist Wächterin über den Ursprung «, flüsterte Ivory und verzog das Gesicht.
    Der alte Professor war plötzlich bleich geworden, feine Schweißperlen traten auf seine Stirn.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte Keira.
    »Ich habe ihm mein ganzes Leben gewidmet, und Sie haben es gefunden. Niemand wollte mir glauben, es geht mir sehr gut, es ist mir in meinem ganzen Leben noch nie so gut gegangen«, erklärte Ivory, und ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen.
    Dann legte der alte Professor die Hand auf die Brust und sank in seinen Sessel; er war weiß wie die Wand.
    »Es ist nichts weiter, nur etwas Müdigkeit. Also, wie ist es?«
    »Was?«
    »Das Skelett, zum Teufel!«
    »Vollständig fossiliert und bemerkenswert gut erhalten«, antwortete Keira, die sichtlich um Ivory besorgt war.
    Der Professor stöhnte auf und krümmte sich zusammen.
    »Ich rufe Hilfe!«, sagte Keira.
    »Sie rufen niemanden«, befahl Ivory. »Ich sage Ihnen doch, das geht gleich vorbei. Hören Sie, wir haben nur noch wenig Zeit. Das Labor, das Sie suchen, befindet sich in London, ich habe die Adresse auf dem Block im Flur notiert. Seien Sie bitte sehr vorsichtig. Wenn die anderen von Ihrer Entdeckung erfahren, werden sie vor nichts zurückschrecken, um Sie am Weitermachen zu hindern. Es tut mir leid, dass ich Ihr Leben derart in Gefahr gebracht habe, aber jetzt ist es zu spät.«

    »Wer sind diese Leute?«, fragte ich.
    »Ich habe keine Zeit mehr, Ihnen das zu erklären, es gibt Wichtigeres. Nehmen Sie bitte den

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