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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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sie
inakzeptabel. Was gibt es also Besseres, um das Fehlen echter sozialer Projekte zu verschleiern, als die Rachsucht des kleinen Mannes zu befriedigen? Der ungeheure Reichtum der einen ist verantwortlich für die Armut der anderen, das weiß heute jeder.«
    »Sind Sie etwa hier, um mir Ihre revolutionäre Prosa oder Ihren Gerechtigkeitsdrang darzulegen?«
    »Revolutionäre Prosa? Da täuschen Sie sich. Niemand ist konservativer als ich. Gerechtigkeit hingegen - das lasse ich mir gerne gefallen.«
    »Kommen Sie zur Sache, Ivory. So langsam gehen Sie mir ernsthaft auf die Nerven.«
    »Ich möchte Ihnen einen kleinen Tauschhandel vorschlagen, etwas Gerechtes, wie Sie sagten: Ich biete gegen die Freiheit einer jungen Archäologin an, Ihnen die lebenslange Haftstrafe, die Ihnen droht, falls ich das in meinem Besitz befindliche Dossier über Ihre Machenschaften an Daily News oder Observer schicke, zu ersparen. Verstehen Sie jetzt, worauf ich hinauswill?«
    »Welches Dossier? Und was gibt Ihnen das Recht, hierherzukommen und mich zu bedrohen?«
    »Passive Bestechung, Missbrauch von Gesellschaftsvermögen, Einflussnahme auf Mitglieder der Abgeordnetenkammer, Subventionsbetrug, Steuerflucht - Sie sind unglaublich, mein Lieber, Sie schrecken vor nichts zurück, nicht einmal vor dem Mord an einem Wissenschaftler. Welches Gift hat Ihr gedungener Killer benutzt, um Adrian zu beseitigen, und wie hat er es ihm verabreicht? In einem Getränk noch am Flughafen, in dem Glas, das man ihm vor dem Abflug serviert hat? Oder handelt es sich um ein Kontaktgift? Ein leichter Stich beim Abtasten im Sicherheitsbereich? Sie können es mir jetzt sagen, ich bin wirklich neugierig.«

    »Sie sind lächerlich, Ivory.«
    »Lungenembolie an Bord eines Langstreckenflugzeugs auf dem Weg nach China. Der Titel ist ein bisschen lang für einen Kriminalroman, zumal es sich um alles andere als ein perfektes Verbrechen handelt!«
    »Ihre unbegründeten und willkürlichen Anschuldigungen lassen mich völlig kalt. Gehen Sie jetzt, bevor ich Sie rauswerfen lasse.«
    »Heutzutage hat die Presse nicht mehr die Zeit, ihre Informationen zu überprüfen, die redaktionelle Präzision von einst wird den hohen Auflagen geopfert. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, die Konkurrenz im Zeitalter des Internets ist hart. Ein Lord wie Sie, der verdächtigt wird, das macht Schlagzeilen und verkauft sich gut! Und glauben Sie ja nicht, dass Sie das Ergebnis der Untersuchungskommission nicht mehr erleben werden. Die wahre Macht befindet sich weder in den Gerichtssälen noch in den Beratungen der Richter, die Zeitungen nähren die Prozesse, liefern die Beweise, lassen die Opfer zu Wort kommen, und die Richter müssen nur noch das Urteil aussprechen. Was die Beziehungen angeht, so kann man sich auf niemanden verlassen. Keine Behörde würde mehr das Risiko eingehen, sich zu kompromittieren und schon gleich gar nicht für eines ihrer Mitglieder. Viel zu groß ist die Angst vor dem sich ausbreitenden Wundbrand. Die Justiz ist fortan unabhängig, und ist das nicht die größte Errungenschaft unserer Demokratien? Sehen Sie sich diesen amerikanischen Finanzier an, der für den größten Betrug des Jahrhunderts verantwortlich war, in zwei oder drei Monaten war alles geregelt.«
    »Was wollen Sie von mir, verdammt noch mal?«
    »Aber hören Sie denn gar nicht zu? Ich habe Ihnen soeben erklärt, Sie sollen von Ihrem Einfluss Gebrauch machen, um diese Archäologin zu befreien. Ich werde im Gegenzug so
freundlich sein, den anderen zu verschweigen, was Sie gegen sie und ihren Freund angezettelt haben, Sie armer Narr! Wenn ich enthülle, dass Sie nicht nur versucht haben, die junge Frau ermorden zu lassen, sondern auch noch dafür gesorgt haben, dass sie eingesperrt wird, dann fliegen Sie aus der Organisation und werden durch eine würdigere Person ersetzt.«
    »Das ist doch vollkommen absurd, ich weiß gar nicht, wovon Sie sprechen.«
    »Dann bleibt mir nichts anderes übrig, Sir Ashton, als mich von Ihnen zu verabschieden. Darf ich noch einmal Ihre Großzügigkeit ausnutzen? Wenn mich Ihr Chauffeur wenigstens bis zum Bahnhof fahren könnte. Nicht dass ich den Fußmarsch scheue, doch sollte mir unterwegs etwas zustoßen, wo ich doch gerade von Ihnen komme, könnte Sie das in Schwierigkeiten bringen.«
    »Mein Wagen steht Ihnen zur Verfügung, fahren Sie, wohin Sie wollen, aber verschwinden Sie von hier!«
    »Das ist wirklich sehr generös, und so will ich es auch sein. Ich lasse Ihnen

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