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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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Bedenkzeit bis zum Abend. Ich bin im Dorchester abgestiegen, Sie können mich dort jederzeit anrufen. Die Dokumente, die ich heute früh meinem Boten anvertraut habe, werden den Empfängern erst morgen ausgehändigt, es sei denn, ich rufe sie zurück, versteht sich. Angesichts des Inhalts dieser Dossiers ist meine Bitte sehr bescheiden zu nennen.«
    »Wenn Sie glauben, mich auf so ungehobelte Weise erpressen zu können, dann täuschen Sie sich.«
    »Wer spricht von Erpressung? Ich ziehe nicht den geringsten persönlichen Nutzen aus diesem kleinen Handel. Ein schöner Tag, nicht wahr? Ich lasse Ihnen Zeit, ihn voll auszukosten.«
    Ivory nahm seine Tasche, lief allein über den Flur, der zum Eingang führte. Der Chauffeur rauchte eine Zigarette in der
Nähe der Rosensträucher, eilte zu der Limousine und öffnete seinem Fahrgast die Tür.
    »Rauchen Sie ruhig zu Ende, mein Freund«, sagte Ivory. »Ich habe alle Zeit dieser Welt.«
    Von seinem Bürofenster aus sah Sir Ashton, wie Ivory auf der Rückbank seines Jaguars Platz nahm, und schimpfte leise vor sich hin, als er den Wagen über den Kiesweg davonfahren sah. Eine Tapetentür in der Bibliothek öffnete sich, und ein Mann trat ein.
    »Ich traue meinen Ohren nicht, ich muss zugeben, damit habe ich nicht gerechnet.«
    »Dieser alte Narr bedroht mich in meinem eigenen Domizil. Für wen hält er sich eigentlich?«
    Sir Ashtons Gast gab keine Antwort.
    »Was ziehen Sie für ein Gesicht? Jetzt fangen Sie nicht auch noch an!«, knurrte Sir Ashton. »Wenn dieser senile Kerl wagen sollte, mich öffentlich anzuschuldigen, wird ihn ein ganzes Bataillon von Anwälten in der Luft zerreißen. Ich habe mir nichts, aber auch gar nichts vorzuwerfen. Sie glauben mir, hoffe ich?«
    Sir Ashtons Gast griff nach einer Kristallkaraffe und schenkte sich ein Glas Portwein ein, das er in einem Zug leerte.
    »Sagen Sie jetzt endlich etwas, ja oder nein, verdammt noch mal?«, wetterte Sir Ashton.
    »Wenn ich die Wahl hätte, würde ich am liebsten ›Scheiße‹ sagen, das würde unsere Freundschaft nur einige Tage, im Höchstfall einige Wochen belasten.«
    »Verschwinden Sie, Vackeers - Sie mit Ihrer verdammten Arroganz.«
    »Ich versichere Ihnen, dass von Arroganz keine Rede sein kann. Was Ihnen da gerade widerfährt, tut mir wirklich aufrichtig
leid, doch an Ihrer Stelle würde ich Ivory nicht unterschätzen. Wie Sie schon sagten, ist er ein bisschen verrückt, doch das macht ihn nur umso gefährlicher.«
    Und Vackeers ging, ohne etwas hinzuzufügen.

London, Dorchester Hotel, am Abend
    Das Telefon klingelte, Ivory öffnete die Augen und sah auf die Pendeluhr auf dem Kaminsims. Das Gespräch war kurz. Er wartete ein paar Minuten, bevor er von seinem Handy aus selbst einen Anruf tätigte.
    »Ich wollte Ihnen danken. Er hat mich angerufen, ich habe soeben aufgelegt. Sie waren mir eine große Hilfe.«
    »Ich habe nicht viel getan.«
    »Doch, im Gegenteil. Was halten Sie von einer Partie Schach? In Amsterdam, bei Ihnen, nächsten Donnerstag. Was meinen Sie?«
    Nachdem das Gespräch mit Vackeers beendet war, griff Ivory ein letztes Mal zum Telefon. Walter lauschte aufmerksam den Anweisungen, die er ihm gab, und versäumte es nicht, ihm zu diesem Meisterstreich zu gratulieren.
    »Machen Sie sich nicht allzu große Illusionen, Walter, wir haben es noch lange nicht geschafft. Selbst wenn es uns gelingt, Keira zu befreien und zurückzuholen, heißt das nicht, dass sie außer Gefahr wäre. Sir Ashton lässt nicht locker, ich habe ihn ganz schön in die Enge getrieben, noch dazu auf seinem eigenen Territorium, aber ich hatte keine andere Wahl. Vertrauen Sie auf meine Erfahrung, er wird sich rächen, sobald sich ihm die Gelegenheit bietet. Aber all das muss unter uns bleiben, es ergibt keinen Sinn, Adrian jetzt zu beunruhigen. Er soll nicht wissen, was ihn ins Krankenhaus gebracht hat.«

    »Und was Keira betrifft, wie soll ich ihm die Dinge präsentieren?«
    »Erfinden Sie etwas, sagen Sie, es käme von Ihnen.«

Athen am nächsten Tag
    Elena und Mama verbrachten den Vormittag an meinem Bett. Wie jeden Tag, seit ich im Krankenhaus lag, hatten sie das erste Schiff genommen, das um sieben Uhr morgens von Hydra ablegte. Um acht Uhr in Piräus angekommen, waren sie zu dem Autobus geeilt, der sie eine halbe Stunde später vor dem Krankenhaus absetzte. Dann frühstückten sie schnell in der Cafeteria und kamen zu mir, beladen mit Leckereien, Blumen und Genesungswünschen der Dorfbewohner. Wie immer würden

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