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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Verfolgungsjagden über Dächer und Schußwechseln in U-Bahn-Schächten, aus dem gewaltsamen Öffnen von Türen. Das alles macht aber höchstens fünf Prozent der Arbeit eines Detektivs aus. Jetzt will ich Ihnen mal sagen, aus was Detektivarbeit im allgemeinen besteht. Man muß von seinem gesunden Menschenverstand Gebrauch machen, muß erkennen, daß man irgendwo anfangen muß, muß mühselige Routinearbeiten auf sich nehmen, oft reine Knochenschinderei, man ist doch im allgemeinen fast immer nur auf Vermutungen angewiesen. So ungefähr. Nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe."

    Er war fast schon an der Tür mit dem Zugrollo, als Calvin Case mit leiser, fast flüsternder Stimme sagte:
    „Captain?"
    Delaney drehte sich um, „Ja?"
    „Wenn Sie bei 'Camper-Glück' den Eispickel bekommen — wer sieht dann die Kassenbelege durch?"
    Delaney zuckte die Achseln. „Ich. Oder sonst irgend jemand. Auf jeden Fall werden sie durchgesehen."
    „Manchmal werden die Waren nur nach ihren Nummern aufgeführt. Die werden Sie nicht kennen."
    „Ich wende mich an den Inhaber. Ich kriege schon heraus, was die Nummern bedeuten."
    „Captain, ich habe Zeit genug. Ich könnte die Kassenbelege durchsehen. Ich weiß, worauf man achten muß. Ich könnte die Belege über Eispickel schneller herausziehen als Sie."
    Delaney sah ihn einen Moment ausdruckslos an. „Ich werde Ihnen Bescheid geben." Er nickte.
    Evelyn Case brachte ihn an die Wohnungstür.
    „Ich danke Ihnen", sagte sie leise.
    Er ging und machte sich auf die Suche nach einer Eisenwarenhandlung. Auf der 6th Avenue endlich entdeckte er eine.
    „Ein Fläschchen Öl", sagte er zu dem Verkäufer. „So etwas wie Nähmaschinenöl."
    Der Verkäufer zeigte ihm ein kleines Fläschchen mit einem langen Hals, der oben mit einer kleinen roten Kappe verschlossen war.
    „Kann ich damit Werkzeuge ölen?" fragte der Captain.
    „Selbstverständlich", versicherte ihm der Verkäufer. „Werkzeuge, Nähmaschinen, Türen...was Sie wollen. Es ist das am meisten gekaufte Allzweckmaschinenöl."
    Delaney kaufte das Fläschchen.
    Er hätte das Taxigeld sparen sollen, aber er war so zuversichtlich, so beflügelt, daß er beschloß, mit einem Taxi ins Krankenhaus zu fahren. Unterwegs nam er die kleine rote Kappe von dem Ölfläschchen ab, ließ einige Tropfen auf die Spitze seines Zeigefingers gleiten und verrieb sie mit dem Daumen. Dünnflüssiges Öl. Es fühlte sich gut an. Er lächelte.
    Barbara war nicht in ihrem Zimmer. Die Stationsschwester berichtete ihm, sie sei nach unten ins Labor gebracht worden - man wolle neue Röntgenaufnahmen machen und weitere Untersuchungen anstellen.
    Delaney hinterließ eine kurze Nachricht auf dem Nachttisch: „Hallo, ich war hier. Komme heute abend wieder. Ich liebe dich, Edward."
    Er eilte nach Hause, legte Mantel und Jacke ab, lockerte seinen Schlips, krempelte sich die Ärmel auf und schlüpfte in seine Hausschuhe. Das Essen war fast fertig, doch er sagte zu Mary, er habe im Augenblick keine Zeit. Er hatte viel zuviel zu tun, um jetzt an Essen denken zu können.
    Er hatte die beiden oberen Schubladen des Aktenschrankes in seinem Arbeitszimmer ausgeräumt. In der obersten Schublade bewahrte er die Kopien der offiziellen Ermittlungsberichte auf, und zwar getrennt nach dem Fall Frank Lombard und dem Fall Bernard Gilbert.
    In der zweiten bewahrte er seine eigenen Unterlagen auf, einen noch dünnen Aktendeckel, in dem bis zur Stunde vornehmlich handgeschriebene Notizen lagen.
    Jetzt begann er, diese Notizen zu ausführlichen Berichten auszuarbeiten - für wen oder wofür, hätte er nicht zu sagen gewußt. Aber so hatte er es seit Jahren gehalten, und oft war es ihm eine willkommene Hilfe gewesen, die eigenen instinktiven Reaktionen und Fragen ausführlich in Worte zu fassen. Früher hatte Barbara die Notizen auf ihrer elektrischen Reiseschreibmaschine ins reine getippt.
    Als erstes notierte er seine Unterredungen mit Thorsen und Johnson, seine Unterhaltungen mit der Witwe Frank Lombards, mit dessen Mutter und den Partnern in der Anwaltspraxis, dann seine Gespräche mit Dorfman und mit Ferguson. Er schrieb, so schnell er konnte, und übertrug sorgfältig die Notizen, die er auf Briefumschlägen, Zeitungsrändern und Zetteln aus seinem Taschenkalender festgehalten hatte.
    Er schrieb über seine Zusammenkünfte mit Thomas Handry, Christopher Langley und Calvin Case, beschrieb den Maurerhammer, den Gesteinshammer und Calvin Cases Eispickel - wo und wann sie gekauft

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