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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Feinberg gelesen, aber den endgültigen Autopsie-Bericht habe ich noch nicht bekommen."
    „Der ist heute erst fertig geworden. Das Übliche. Nichts Neues."
    „In dem ersten Bericht hieß es, das Blut auf dem Bürgersteig sei mit der Blutgruppe des Opfers nicht identisch."
    „Richtig."
    „Welche Blutgruppe war es?"
    „Das fragen Sie mich ? Edward, allmählich enttäuschen Sie mich aber. Ich dachte, Sie könnten mir das sagen."
    „Augenblick." Edward holte sein Notizbuch heraus. „Also gut, dann werde ich es Ihnen sagen : AB - Rhesusfaktor negativ."
    Delaney hörte einen tiefen Atemzug. „Edward, Sie kommen also wirklich voran, ja? Es stimmt. AB - Rhesusfaktor negativ. Eine seltene Gruppe. Wer hat sie?"
    „Ein Freund von mir", sagte Delaney tonlos. „Ein guter Freund."
    „Bitte, machen Sie ganze Arbeit, wenn Sie ihn hopsnehmen, ja?" sagte der Leichenbeschauer. „Ich habe die Nase voll von eingeschlagenen Schädeln. Ein richtiger sauberer Herzschuß wäre geradezu eine Erholung!"
    „Viel zu schade für ihn", sagte Delaney grimmig.
    Schweigen. Schließlich: „Edward, Sie behalten doch hoffentlich einen klaren Kopf, oder?" fragte Ferguson, und in seiner Stimme schwang aufrichtige Besorgnis mit.
    „Ich hab in meinem Leben noch keinen klareren gehabt."
    „Dann ist es gut."
    „Nur noch eins..."
    „Jetzt weiß ich, daß Sie wieder der alte sind."
    „Ich werde Ihnen eine Probe von leichtem Maschinenöl schicken. Eine andere Marke als das, das ich Ihnen neulich gab. Können Sie bitte feststellen, ob es mit dem identisch ist, das Sie in Feinbergs Wunde gefunden haben?"
    „Ich will's versuchen. Hört sich so an, als ob Sie ganz dicht dran wären, Edward."
    „Ja. Vielen Dank, Doktor."
    Er sah auf die Uhr. Noch fast zwei Stunden, ehe er sich mit Thorsen treffen konnte. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, nahm einen Bleistift und einen Schreibblock und schickte sich an, seinen üblichen Bericht zu verfassen. Doch dann hielt er inne und überlegte. War es überhaupt klug, einen Bericht über seine illegale Haussuchung abzufassen, noch dazu handschriftlich? Er schob Block und Bleistift weg, stand auf und wanderte, die Hände in den Gesäßtaschen, im Zimmer auf und ab.

    Falls es aus irgendeinem jetzt nicht vorhersehbaren Grund zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte oder er eidesstattliche Aussagen machen mußte, dann stand Lipskys Wort gegen seines. Das einzige, was Lipsky beschwören konnte, war, daß er ihm die Schlüssel zugesteckt hatte. Er war nicht dabeigewesen, als Delaney Blanks Apartment durchsucht hatte. Das konnte er also guten Gewissens nicht beschwören; er konnte nur sagen, er habe ihm die Schlüssel übergeben und angenommen, daß er hinaufgehe und die Wohnung durchsuchen werde. Mutmaßungen waren jedoch nicht stichhaltig. Nein, dachte der Captain, er würde keinen Bericht über diese Durchsuchung niederschreiben. Jedenfalls nicht im Augenblick. Er ging weiter auf und ab.
    Das Problem, zu dem Schluß kam er - das eigentliche Problem bestand nicht darin, wie Blank gefaßt wurde. Um sich darüber klar zu werden, mußte er zunächst das Gespräch mit Thorsen abwarten. Das eigentliche Problem war Blank selbst - wer dieser Mann war, was er war und was er womöglich tat.
    Die Wohnung war wirklich ein Rätsel. Sie ließ eine Dichotomie (der Captain war mit diesem Ausdruck vertraut) der Persönlichkeit zutage treten, die schwer zu begreifen war. Auf der einen Seite diese unglaubliche Ordnung. Und dazu die supermoderne Einrichtung, schwarz und weiß, Stahl und Leder, keine Wärme, keine Spur von persönlicher Note in der ganzen Einrichtung.
    Auf der anderen Seite die farbenfreudige Bettwäsche, die luxuriöse Kleidung, dieses Übermaß an weichen, seidigen Stoffen, femininer Unterwäsche, die Parfums, Öle, duftende Crèmes, der Schmuck. Das verstümmelte Aktfoto. Und vor allem: die Spiegel. Die vielen Spiegel überall. Das Schlimme mit Dan war... Unversehens hielt er inne. Dan? Nannte er ihn bei sich jetzt schon „Dan"? Nicht Blank oder Daniel G. Blank, sondern Dan. Also gut, dann Dan. „Ein Freund", hatte er zu Dr. Ferguson gesagt. „Ein guter Freund." Er hatte die wohlriechende Seife, seine Unterwäsche, seine seidenen Morgenmäntel in der Hand gehabt, seine Stimme gehört, sein Foto gesehen, auf dem er nackt war. Hatte seine Geheimnisse entdeckt.
    Was das Ganze so schwierig machte, war die Frage, die er Barbara gestellt hatte: War es möglich, ein irrationales Problem mit rationalen Mitteln zu

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