Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
lösen? Auf diese Frage hatte er keine Antwort. Noch nicht. Er warf einen Blick auf die Uhr. Es wurde Zeit, zu Thorsen zu gehen. Hastig nahm er das ölgetränkte Stück Küchenpapier aus der Tasche, wickelte es in Alu-Folie und steckte es in einen an Dr. Ferguson adressierten Umschlag, den er auf dem Weg zu Inspector Thorsen einwarf.
    Merkwürdig: Er roch den Zigarrenqualm bereits draußen auf dem Bürgersteig. Er stieg die Stufen hinauf; der Geruch wurde stärker.
    Er klingelte. Und klingelte. Und klingelte. Endlich riß Thorsen die Tür auf.
    „Entschuldigung, Edward. Ich habe vor lauter Lärm nichts gehört."
    Thorsen stand, das merkte er sofort, unter irgendwelchem Druck. Der „Admirai" hielt sich aufrecht wie immer, aber das schöne Silberhaar war zerzaust, die blauen Augen blickten müde, die Falten in seinem Gesicht waren tiefer als sonst, und seine Bewegungen hatten etwas Eckiges.
    Die Tür zum Wohnzimmer war geschlossen, doch der Captain hörte lautes und erregtes Reden. Auf den Stühlen in der Diele lagen mehrere Mäntel und Polizeimützen. Ein Stock. Ein Schirm. Die Luft war heiß, und Schwaden von Zigarrenrauch wirbelten träge und beizend durcheinander. Thorsen forderte ihn nicht auf, abzulegen.
    „Kommen Sie hier herein", befahl er.
    Er führte Delaney ins Eßzimmer, knipste einen Wandschalter an und schloß hinter sich die Tür.
    „Was gibt's?" fragte er.
    Delaney sah ihn an. Der Mann war offenbar völlig erschöpft. Irgend etwas war im Busch, irgend etwas Wichtiges.
    „Ivar", sagte er liebevoll - es war vielleicht das zweite oder dritte Mal, daß er ihn beim Vornamen nannte -, „ich habe ihn gefunden."
    Thorsen sah ihn an, er verstand nicht.
    „Wen gefunden?"
    Delaney gab keine Antwort. Thorsen starrte ihn noch immer an, endlich begriff er.
    „O Gott", stöhnte er. „Ausgerechnet jetzt! Ausgerechnet in diesem Augenblick! O Gott! Kein Zweifel möglich?"
    „Nein. Nicht der geringste."
    Thorsen holte tief Luft. Er wollte etwas sagen, doch dann hielt er inne und schenkte dem Captain ein schwaches Lächeln. „Herzlichen Glückwunsch, Edward!"
    Delaney sagte nichts.
    „Warten Sie hier. Ich möchte, daß Johnson und Alinski dabei sind. Ich bin gleich wieder da."
    Geduldig wartete der Captain. Immer noch stehend, fuhr er mit der Hand über die gewachste Oberfläche des Eßtisches. Alte knorrige Eiche. Man spürte noch immer, daß dies ein lebendiger Baum gewesen war.
    Inspector Johnson machte einen ebenso unruhigen Eindruck wie Thorsen; sein schwarzes Gesicht war schweißbedeckt, und Delaney fiel auf, daß er die Hände nicht aus den Taschen nahm. Das tat man nur, wenn man vor anderen das Zittern der eigenen Hände verbergen wollte. Der Stellvertretende Bürgermeister Herman Alinski verzog auch heute keine Miene; nur seine dunklen, klugen Augen wanderten von einem zum anderen.
    Die vier Männer standen um den Eßzimmertisch herum. Niemand machte den Vorschlag, sich zu setzen. Delaney hörte noch immer lautes Reden, roch den beizenden Zigarrenqualm.
    „Edward?" sagte Thorsen leise.
    Delaney blickte die beiden anderen Männer an. Dann wandte er sich an Alinski.
    „Ich habe den Mörder von Frank Lombard, Bernard Gilbert, Detective Kope und Albert Feinberg gefunden", sagte er langsam und deutlich. „Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Ich weiß, wer die vier Morde begangen hat."
    Es herrschte Schweigen. Delaney sah von Alinski zu Johnson und von diesem zu Thorsen.
    „O Gott", sagte Johnson. „Damit fliegt alles auf."
    „Jeder Irrtum ist ausgeschlossen?" fragte Alinski leise.
    „Jawohl, Sir. Völlig ausgeschlossen."
    „Können wir die Schlinge zuziehen, Edward?" fragte Thorsen. „Ich meine: sofort?"
    „Nein, er wäre nach einer Stunde wieder frei."
    „Und wenn wir ihn Karussell fahren lassen?" fragte Johnson mit krächzender Stimme.
    Delaney: „Wozu? Reine Zeitverschwendung. Er würde sich zuletzt doch herauswinden."
    Thorsen: „Haussuchungsbefehl?"
    Delaney: „Auch nicht von einem noch so wohlwollenden Richter."
    Johnson: „Irgend etwas für den Bezirksstaatsanwalt?"
    Delaney: „Nicht soviel!"
    Thorsen: „Und wenn wir ihn in den Schwitzkasten nehmen? Wird er dann was sagen?"
    Delaney: „Nein."
    Johnson: „Sie waren bei ihm?"
    Delaney: „Was denn sonst?"
    Thorsen: „Sie haben's dagelassen?"
    Delaney: „Was hätte ich tun sollen?"
    Thorsen: „Aber es war da?"
    Delaney: „Vor drei Stunden, ja. Jetzt vielleicht schon nicht mehr."
    Johnson: „Zeugen für Ihr Eindringen?"
    Delaney:

Weitere Kostenlose Bücher