Die erste Todsuende
früher einmal zusammengearbeitet, irgendeine Lagerhaussache drüben auf der West Side. Ungefähr vor zehn Jahren."
„Wohl eher vor fünfzehn, Captain."
„So lange schon?" Delaney machte eine Handbewegung und sagte: „Kommen Sie bitte mit mir." Der Sergeant folgte ihm nach draußen auf den Flur. Der Captain schloß die Tür und sah MacDonald fragend an.
„Können Sie bis morgen früh um acht Dienst machen?"
„Wenn es sein muß."
„Es muß sein", sagte er, zog Blanks Foto aus der Tasche und reichte es MacDonald. „Es handelt sich um diesen Mann hier", sagte er mit sachlicher Stimme. „Die Adresse steht auf der Rückseite. Der Name tut nichts zur Sache - zunächst jedenfalls nicht. Das Hochhaus nimmt einen ganzen Straßenblock ein. Ein- und Ausgang nur durch die große Halle auf der East 83rd Street. Um diese Zeit hat nur ein Pförtner Dienst. Drei Mann in Zivil sollen den Eingang im Auge behalten. Falls der Mann das Haus verläßt, möchte ich, daß Sie sich an seine Fersen heften."
„Wie nahe?"
„So nahe, daß Sie ihn keinen Moment aus den Augen verlieren. Nicht eine Sekunde. Sollte er etwas merken, so macht das nichts. Aber es wäre mir lieber, er würde nichts merken."
„Ich verstehe, Captain. Ein Verrückter?"
„So was Ähnliches. Reizen Sie ihn nicht. Er ist kein besonders angenehmer Zeitgenosse."
Der Sergeant nickte.
„Und zwei Wagen mit je zwei Mann in Zivil. Einer an jedem Ende des Blocks. Falls er wegfährt: Er hat eine schwarze Chevrolet Corvette, die in der Tiefgarage steht. Kann aber auch sein, daß er ein Taxi nimmt. Haben Sie alles?"
„Jawohl, Captain."
„Wenn es sich machen ließe, hätte ich gern Shakespeare und Lauder in dem einen Wagen. Falls sie aber gerade dienstfrei haben, bemühen Sie sich nicht, dann eben zwei andere. Das sind insgesamt sieben Mann. Aber wählen Sie noch sechs weitere aus, drei in Zivil, drei in Uniform, die Sie einsatzbereit bis morgen früh um acht hier in der Wache zurücklassen. Alle anderen schicken Sie nach Hause. Sie sollen morgen früh um acht wieder hier sein. Klar?"
„Wo soll ich selbst bleiben, Captain?"
„Hier auf der Wache. Ich muß für ungefähr eine Stunde noch einmal weggehen, aber wenn ich zurückkomme, trinken wir eine Tasse Kaffee zusammen, und Sie erzählen mir ein bißchen."
„Hört sich nach einer lustigen Nacht an."
Lange sah Delaney ihn an. Sie hatten im selben Jahr bei der Polizei angefangen, waren zusammen auf der Polizeischule gewesen. Delaney war heute Captain und MacDonald Sergeant. Mit ihren jeweiligen Fähigkeiten hatte das nichts zu tun. Delaney würde mit keinem Wort erwähnen, woran es lag, genausowenig MacDonald.
„Worauf hatte Broughton Sie denn angesetzt?" fragte er den Sergeant schließlich.
„Aufgreifen von Gammlern", sagte MacDonald.
„Mist!" sagte Delaney voller Abscheu.
„Genau meine Meinung", sagte der Sergeant.
„Ja, dann leiten Sie alles in die Wege", sagte der Captain. „Ich bin in etwa einer Stunde wieder da. Bis dahin sollten Ihre Leute Posten bezogen haben. Je schneller, desto besser. Zeigen Sie ihnen das Foto, aber geben Sie's nicht aus der Hand. Es ist das einzige, das ich habe. Morgen lasse ich Abzüge davon machen."
„Ist er es, Captain?" fragte MacDonald.
Delaney zuckte mit den Schultern. „Wer weiß?" sagte er.
Er drehte sich um und ging davon. Als er an die Treppe kam, hörte er den Sergeant leise rufen: „Captain." Er drehte sich um.
„Tut gut, wieder mit Ihnen zusammenzuarbeiten, Sir", sagte MacDonald.
Delaney setzte ein verlegenes Lächeln auf, sagte jedoch nichts darauf. Er stieg die Treppe hinunter und dachte darüber nach, wie dumm Broughton gewesen war, einen Mann wie MacDonald zum Aufgreifen von Gammlern einzusetzen. MacDonald! Einen der gebildetsten Männer in der ganzen Polizei! Kein Wunder, daß die vierzig Leute sauer gewesen waren und innerlich aufgemuckt hatten. Nicht, daß Broughton sie nicht beschäftigt hätte; er hatte nur ihre verschiedenen Talente und Begabungen völlig falsch eingesetzt.
Da kein Streifenwagen zu sehen war, ging er zu Fuß zur 2nd Avenue hinüber, wo er ein Taxi erwischte. Zum erstenmal betrat er das Krankenhaus, ohne daß ihn die weißgekachelten Wänden und der Geruch bedrückten. Er war gespannt, was Barbara zu den Neuigkeiten zu sagen hatte!
Er stieß die Tür ihres Zimmers auf. Am Bett saß eine Schwesternhelferin. Barbara schien zu schlafen. Das junge Mädchen kam auf Zehenspitzen zu ihm und bat ihn mit nach draußen auf
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