Die erste Todsuende
Alinski. Ich bitte um Verzeihung, aber ich habe das Gespräch mitgehört. Hier wird ein gewisses Ereignis gefeiert."
„Das höre ich."
„Aber ich versichere Ihnen, daß wir mit allen Ihren Bedingungen einverstanden sind. Sie haben das Kommando über die Sonderkommission. Sie bekommen, was Sie brauchen. Die Presse und das Fernsehen werden ausschließlich durch Sie unterrichtet. Genügt Ihnen das?"
„Ja."
„Wundervoll!" brummelte Thorsen. „Das Fernschreiben geht sofort heraus. Wir verfassen eine entsprechende Pressenotiz - damit die Meldung noch in die Abendausgaben kommt -, daß Broughton um Versetzung in den Ruhestand gebeten hat und Sie ab sofort die Leitung der 'Kommission Lombard' übernehmen. Ist das so in Ordnung, Edward? Lediglich eine kurze Pressemitteilung. Okay?"
„Ja. Okay."
„Das Schreiben für Sie ist bereits getippt. Der Commissioner wird es heute abend noch unterschreiben."
„Sie müssen sich meiner ja verdammt sicher gewesen sein", sagte Delaney.
„Ich nicht." Thorsen lachte. „Und Johnson auch nicht so ganz. Nur Alinski."
„Ach?" sagte Delaney kühl. „Sind Sie noch da, Alinski?"
„Ich bin noch da, Captain", meldete sich die sanfte Stimme wieder.
„Sie waren sich meiner ganz sicher? Daß ich annehmen würde?"
„Ja", erklärte Alinski, „dessen war ich mir ganz sicher."
„Wieso?"
„Sie haben doch gar keine andere Wahl, Captain, oder?" fragte der Stellvertretende Bürgermeister leise.
Delaney legte ebenso leise auf.
Als erstes trank er sein Bier aus. Das tat gut. Aber zugleich brachte es ihm die Größe der Aufgabe zum Bewußtsein, die er übernommen hatte, die Verantwortung, und daß er all die wichtigen Dinge und all die kleinen Details nur bewältigen konnte, wenn er sich an die Maxime hielt: das Wichtigste zuerst. Jetzt, im Augenblick, war das Wichtigste das Bier.
„Sie haben doch gar keine andere Wahl, Captain, oder?" hatte der Stellvertretende Bürgermeister leise gefragt.
Was er wohl damit meinte?
Er knipste die Schreibtischlampe an, nahm Platz, setzte die Brille auf, nahm einen Notizblock und fing an zu malen — Quadrate, Kreise, Striche. Flüchtig hingeworfene Diagramme, Pfeile, Zickzacklinien, Spiralen - was ihm gerade so einfiel.
Das Wichtigste zuerst. Das Allerwichtigste war, Daniel G. Blank rund um die Uhr beschatten zu lassen. Drei Mann in Zivil und zwei getarnte Fahrzeuge mit je zwei Beamten, das müßte eigentlich reichen. Sieben Leute also. Das bedeutete, bei einem Achtstundenturnus insgesamt 21 Männer. Doch ein erfahrener Polizeioffizier multiplizierte die Anzahl der Leute, die er brauchte, nicht mit drei, sondern mit vier - das war das mindeste. Die Leute hatten Anspruch auf einen freien Tag, einer von ihnen konnte krank werden oder mußte aus familiären Gründen zu Hause bleiben und so weiter. Folglich hatte die Kerntruppe zur Überwachung Danny-Boys aus 28 Männern zu bestehen, und Delaney fragte sich, ob seine Überlegung, die 500 zur 'Kommission Lombard' abkommandierten Kriminalbeamten um zwei Drittel zu verringern, vielleicht doch zu optimistisch gewesen war.
Das war eine Abteilung: die Männer, die Blank beschatteten. Eine zweite Abteilung mußte im Innendienst arbeiten: Berichte schreiben, über Funk mit den Beschattern in Verbindung bleiben, eine Zentrale, wo alles zusammenlief. Sender und Empfangsgeräte. Irgendwo. Nicht in den Räumen des 251. Reviers. Das war Delaney Lieutenant Dorfman schuldig. Er würde seine Kommandostelle irgendwoanders einrichten, irgendwo. Seine Leute isolieren. Auf diese Weise würde nicht allzuviel an die Presse durchsickern.
Eine dritte Abteilung brauchte er, um die erforderlichen Nachforschungen anstellen zu können: Lebenslauf; Herkunft, Kreditwürdigkeit des Mannes, den er verdächtigte, seine Bankkonten, Steuerzahlungen, Militärzeit — alles und jedes, was je von den Behörden über ihn festgehalten worden war. Dazu kamen die Befragungen von Freunden, Verwandten, Bekannten und Kollegen. Für diesen Zweck mußte er sich plausible Erklärungen ausdenken, damit Blank keinen Verdacht schöpfte.
(Wenn er aber nun doch Verdacht schöpfte? Diese vage Vorstellung nahm in Delaneys Kopf immer deutlichere Züge an.)
Eine - mögliche - vierte Abteilung könnte die schwarzhaarige, magere Freundin von Danny-Boy unter die Lupe nehmen, den Knaben Tony, das befreundete Ehepaar - wie hießen sie doch gleich noch? Morton. Ja, das war der Name. Die Leute, denen die „Erotica"-Boutique gehörte. Für all das
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