Die erste Todsuende
Fragen, Bitten und weiteren Vorschlägen steckten. Aus diesem heillosen Durcheinander von Leuten, die zum Dienst zur Verfügung standen, auf Urlaub waren oder im Begriff standen, ihn anzutreten, Ausfällen wegen Krankheit, Härtefällen und besonderen Bitten versuchte Delaney einen allgemeinen Dienstplan aufzustellen, der einerseits gewährleistete, daß jeder wichtige Posten rund um die Uhr besetzt war, andererseits aber genug Spielraum ließ, falls jemand ausfiel und in letzter Minute ersetzt werden mußte.
Bis Mittag war er im großen und ganzen mit dem Plan fertig, und er war entsetzt darüber, wie viele Leute er brauchte.
Er zog den Uniformrock an und einen Zivilmantel darüber, setzte den Hut auf und meldete sich bei dem Polizisten ab, der das Ein-und Ausgangsbuch führte. Delaney nannte ihm sein Ziel und die Telefonnummer, unter der er zu erreichen war. Dann ließ er sich zum Krankenhaus fahren.
Barbara schien in sehr gedämpfter Stimmung zu sein. Sie sagte nur wenig Worte und schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Nach dem Mittagessen saß er eine ganze Stunde still bei ihr. Er fragte sie, ob er ihr vorlesen solle, doch sie schüttelte den Kopf, und so saß er einfach schweigend da und hoffte, daß seine Nähe ihr ein wenig gut täte. Er wagte nicht, darüber nachzudenken, wie lange die Krankheit noch dauern oder welches Ende sie nehmen mochte.
Er fuhr mit einem Taxi zurück und wies am Eingang pflichtschuldig seinen Sonderausweis vor, obwohl der Wachtposten draußen ihn sofort erkannte und salutierte. Er hatte Hunger auf ein Sandwich und ein kaltes Bier, doch in der Küche drängten sich mindestens ein Dutzend laut durcheinanderredender Leute, die Mittagspause machten und sich an Kaffe, Bier, Käse und Aufschnitt gütlich taten, für die jeder einen Dollar pro Tag beisteuerte.
Der alte Polizist, den er für den Küchendienst angefordert hatte, sah den Captain in sein Arbeitszimmer gehen. Ein paar Minuten später klopfte er an die Tür und brachte Delaney ein Bier sowie ein Sandwich. Der Captain lächelte darüber.
Etwa eine Stunde später klopfte es wieder: Ein Polizist fragte höflich, ob der Captain wohl eine Minute zu Detective First Grade Blankenship ins Wohnzimmer kommen könnte? Delaney stand auf und folgte dem Beamten. Blankenship stand hinter den Funkern und beugte sich über das Protokoll mit Daniel Blanks „Tagesablauf". Als Delaney herantrat, fuhr er herum.
„Captain, ich sollte Sie darauf aufmerksam machen, sobald sich in Danny-Boys Zeiteinteilung irgendeine drastische Änderung feststellen läßt. Sehen Sie sich das hier an." Blankenship deutete auf die Eintragungen des heutigen Tages. „Danny-Boy verläßt das Weiße Haus um neun Uhr zehn. So die Meldung von Bulldogge eins. Neun Uhr zehn ist normal; er ist jeden Tag um diese Zeit ins Büro gefahren, mal früher, mal später. Doch heute morgen fährt er nicht weg. Laut Bulldogge eins macht er kehrt und geht schnurstracks wieder ins Weiße Haus zurück. Fast eine Stunde später kommt er wieder heraus. Das bedeutet, daß er nicht bloß irgendwas vergessen hat - stimmt's? Okay... er nimmt ein Taxi. Hier steht's: fast auf die Minute genau um zehn. Bulldogge zwei hängt sich an. Doch er fährt nicht direkt in die Fabrik. Fast eine Dreiviertelstunde fährt er im Taxi immer rund um den Central Park. Eine schöne Stange Geld! Dann endlich fährt er ins Büro. Kurz vor elf meldet Stryker sein Eintreffen — also fast zwei Stunden zu spät! Möglich, daß das alles nichts weiter zu bedeuten hat. Kann ja sein, daß Danny-Boy am Tag nach Weihnachten 'n Kater hat und erst mal wieder zu sich kommen muß. Aber ich hielt es doch für besser, es Ihnen mitzuteilen."
„Ich bin froh, daß Sie's getan haben! Delaney nickte nachdenklich. „Sehr froh sogar. Interessant!"
„Hören Sie sich auch noch eine Bandaufnahme von Stryker an, Captain, es wurde vor etwa einer halben Stunde aufgenommen. Läßt du mal abfahren, Al?"
Einer der Fernmeldetechniker am Telefontisch ließ sein Bandgerät laufen. Die anderen verstummten und hörten zu.
„Ronnie, hier Stryker, aus der Fabrik. Wie geht's denn so? Ich komm eben vom Mittagessen zurück. War mit der Puppe essen, die ich hier aufgerissen hab. Hab bei der Gelegenheit die Rede auf Danny-Boy gebracht, und sie erzählt mir von einer Mrs. Cleek. Ich buchstabiere, C-l-e-e-k. Sie ist Danny-Boys Sekretärin. Witwe. Der Vorname ist Martha oder Margaret. Trägt 'ne Brille. Jedenfalls, diese Mrs. Cleek erzählt meiner
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