Die erste Todsuende
Lombard' ernannt."
Inspector Johnson stieß einen tiefen Seufzer aus. „Edward, der Commissioner ist ein Mann, der einiges auf dem Kasten hat. So ungefähr Mittelgewicht, schätze ich. Er will das Beste und ist ein Mann mit Herz. Das alles spricht für ihn. Aber es ist das erste Mal, daß er hier in New York etwas unternimmt. Er hat es nie nötig gehabt, sich in einem Schwärm Barrakudas über Wasser halten zu müssen. Zumindest nicht unter solchen bissigen wie bei uns. Er lernt - es ist nur die Frage, ob sie ihm Zeit genug lassen, zu lernen. Er fängt gerade an zu begreifen, daß ein guter Chef genausoviel Zeit darauf verwenden muß, sich den Rücken freizuhalten, wie dafür, mit den vor ihm liegenden Problemen fertig zu werden. Neun von zehnmal sind es die starken, tüchtigen Assistenten mit den langen Messern, die einen Mann an der Spitze zu Fall bringen. Ich glaube, dem Commissioner dämmert gerade, was Broughton zwischen seinen Fürzen und Rülpsern für ein Spiel spielt. Broughton hat ein paar Kumpels im Stab des Bürgermeisters sitzen, wissen Sie. Und dann muß man auch noch was anderes bedenken. Darüber finden Sie in Management-Handbüchern kein Wort, und doch gibt es das im Polizeiapparat, in der Bundesregierung, in der Verwaltung der Einzelstaaten, im Geschäftsleben und beim Militär. Ich persönlich glaube, daß der Commissioner physisch Angst vor Broughton hat. Beweisen kann ich das zwar nicht, aber ich hab das so im Gefühl. Wie dem auch sei, wir haben einen Mann, einen Freund - einen richtigen Machiavelli -, einen Gehilfen, dem der Commissioner vertraut und der ihm vielleicht einen Floh ins Ohr setzen könnte. ,Hören Sie, Commissioner, Broughton ist ein guter Mann - ein bißchen zu ungehobelt für meinen Geschmack, aber er schafft jedenfalls was weg —, und vielleicht schafft er es ja mit der 'Kommission Lombard' und bringt den Mörder zur Strecke. Aber meinen Sie nicht, Commissioner, es wäre besser, noch ein zweites Eisen im Feuer zu haben? Ich kenne da zufällig diesen mit allen Wassern gewaschenen Captain, der im Augenblick unbezahlten Urlaub hat, und dieser mit allen Wassern gewaschene Captain ist der beste Detektiv, den es in New York je gegeben hat, und wenn Sie ihn schön artig bitten, Commissioner, und ihm einen wirklich höflichen Brief schreiben, dann könnte dieser mit allen Wassern gewaschene Captain sich dazu bereit erklären, ein bißchen rumzuschnüffeln und Frank Lombards Mörder für Sie zu finden. Selbstverständlich, ohne daß Broughton die geringste Ahnung davon hat."
Delaney lachte. „Halten Sie es für möglich, daß er darauf reinfällt? Glauben Sie wirklich, er schreibt mir einen Brief und beauftragt mich damit"
„Falls wir das fertigbringen — würden Sie es dann tun?"
„Ja."
14
Am nächsten Abend, als er sich gerade fertig machte, um ins Krankenhaus zu fahren, wurde von einem Boten ein Umschlag abgegeben. Dieser Umschlag enthielt einen vom Commissioner unterzeichneten Brief, in dem Captain Edward X. Delaney angewiesen wurde, „diskrete Ermittlungen" im Mordfall Frank Lombard anzustellen. Des weiteren enthielt er einen vom Personalamt ausgestellten Bescheid, mit dem Captain Delaney für unbefristete Zeit unbezahlter Urlaub gewährt wurde - „aus persönlichen Gründen". Delaney fing an, Hochachtung vor Thorsen, Johnson und ihren Freunden zu empfinden.
Schon wollte er Ivar Thorsen von zu Hause aus anrufen, doch nachdem er zwei Zahlen gewählt hatte, legte er auf, saß einen Moment da und starrte das Telefon an. Ihm war eingefallen, daß der Deputy Inspector ihm nachdrücklich versichert hatte, die Nummer, die er ihm gäbe, sei „sauber". Er zog daher seinen Mantel über, ging zu Fuß zwei Straßenecken weiter bis zu einer Telefonzelle und rief von dort aus an. Die „saubere" Nummer erwies sich als ein Auftragsdienst. Delaney nannte nur seinen Nachnamen und die Nummer des Apparats, von dem aus er anrief. Dann hängte er ein und wartete geduldig. Schon nach drei Minuten rief Thorsen zurück.
„Ich habe die Papiere erhalten", sagte Delaney. „Schnelle Arbeit."
„Ja. Von wo aus rufen Sie an?"
„Von einer öffentlichen Telefonzelle, zwei Blocks von mir zu Hause entfernt."
„Gut. Machen Sie das in Zukunft immer so. Benutzen Sie verschiedene Zellen."
„In Ordnung. Haben Sie schon eine Entscheidung darüber getroffen, wer jetzt kommissarisch die Leitung meines Reviers übernehmen soll?"
„Noch nicht. Irgendwelche Vorschläge?"
„Ich hab da einen
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