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Die erste Todsuende

Die erste Todsuende

Titel: Die erste Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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in den Mund, saugte und biß jedoch nicht daran, sondern hielt es einfach im Mund: eine innige Vereinigung. Er war sich dessen kaum bewußt; es erregte ihn nicht. Er war ein Gott; sie betete ihn an.
    „Noch etwas", sagte er verträumt. „Als ich die Straße hinunterblickte und ihn schließlich im orangefarbenen Licht auf mich zukommen sah, da dachte ich: Ja, das ist er, und da liebte ich ihn so sehr, liebte ihn."

    „Liebtest ihn? Warum?"
    „Ich weiß es nicht. Aber es war so. Und ich hatte Achtung vor ihm. Ja, Achtung. Und empfand eine solche Dankbarkeit ihm gegenüber. Dafür, daß er schenkte. Soviel schenkte. Mir. Dann tötete ich ihn."

18
    „Guten Morgen, Charles", rief Daniel, und der Pförtner fuhr herum, erschrocken über die freundliche Stimme und das freundliche Lächeln. „Verspricht ein sonniger Tag zu werden."
    „Oh. Jawohl, Sir", sagte Lipsky verwirrt. „Ein sonniger Tag. Steht auch in der Zeitung. Taxi, Mr. Blank?" „Bitte."
    Der Pförtner ging zur Straße hinunter, pfiff ein Taxi herbei und fuhr damit zum Eingang des Hochhauses. Er sprang ab und hielt Daniel den Wagenschlag auf.
    „Einen angenehmen Tag, Mr. Blank."
    „Ihnen auch, Charles", sagte Daniel und drückte ihm den üblichen Vierteldollar in die Hand. Er nannte dem Fahrer die Adresse des Javis-Bircham-Gebäudes.

    „Guten Morgen, Mrs. Cleek", sagte Blank zu seiner Sekretärin, als er Hut und Mantel aufhängte. „Sieht ganz so aus, als ob's ein prachtvoller Tag wird."
    „Ja, Sir. Hoffentlich bleibt es so."
    „Bestimmt." Einen Augenblick sah er sie aufmerksam an. „Mrs. Cleek, Sie sehen ein bißchen blaß aus. Geht es Ihnen nicht gut?"
    Sie lief vor Freude über seine Besorgnis rot an. „Doch, Mr. Blank. Ich fühle mich sehr gut." „Was macht Ihr Junge?"
    „Ich habe gerade gestern einen Brief von ihm bekommen. Es geht ihm sehr gut. Er ist auf einer Kadettenanstalt, wie Sie wissen."
    Blank wußte das zwar nicht, nickte aber trotzdem. „Nun, Sie wirken ein bißchen abgespannt. Warum nehmen Sie nicht hin und wieder den Freitag frei und machen ein verlängertes Wochenende? Der Winter ist lang. Wir alle sollten ein bißchen ausspannen."
    „Aber... ja, vielen Dank, Mr. Blank, vielen Dank. Das ist sehr nett von Ihnen."
    „Lassen Sie mich's nur vorher wissen, und sorgen Sie dafür, daß eine Schreibkraft aus dem Zentralsekretariat für Sie einspringt. Das Kleid, das Sie da anhaben, ist sehr hübsch."
    „Vielen Dank, Mr. Blank, vielen Dank", wiederholte sie wie benommen. „Ihr Kaffee steht auf dem Schreibtisch. Von oben ist ein Schreiben heruntergeschickt worden. Ich hab es neben Ihre Tasse gelegt."
    „Um was geht's darin?"
    „Oh, ich hab es nicht gelesen, Sir. Es ist in einem verschlossenen Umschlag mit dem Vermerk 'Vertraulich'."
    „Vielen Dank, Mrs. Cleek. Ich klingele, wenn ich diktieren möchte."
    „Nochmals vielen Dank, Mr. Blank. Für die freien Tage, meine ich."
    Er lächelte und machte eine abwehrende Handbewegung. Er setzte sich an seinen leeren Schreibtisch, trank in kleinen Schlücken seinen Kaffee und starrte auf den dicken gelben Umschlag aus dem Büro des Präsidenten, mit dem Stempel VERTRAULICH. Er machte ihn nicht auf, sondern nahm den Plastikbecher mit Kaffee und trat an das nach Westen hinausgehende Fenster.
    Er trank seinen Kaffee aus und sah in den Becher - weißer, jetzt schmutziger Kunststoff, von einer porös wirkenden Konsistenz. Er beulte sich in seiner Hand und fühlte sich wie ein Stück Seife an. Er drückte auf die Sprechanlage.
    „Ja, Sir?" meldete sich Mrs. Cleek.
    „Würden Sie mir einen Gefallen tun?"
    „Aber gern, Sir."
    „Fahren Sie doch in Ihrer Mittagspause - das heißt im Anschluß daran, denn Sie sollen natürlich Ihre übliche Lunchpause machen — mit einem Taxi zu Tiffany oder zu Jensen — oder irgendeinem anderen Geschäft -, und kaufen Sie für mich eine Kaffeetasse mit Untertasse. Irgend etwas Gutes aus dünnem weißen Porzellan. Suchen Sie etwas Hübsches aus, etwas, das Ihnen gefällt. Machen Sie sich keine Gedanken über den Preis."
    „Eine Kaffeetasse mit Untertasse, Sir?"
    „Ja, und schauen Sie doch, ob Sie nicht einen kleinen Löffel finden, einen von diesen kleinen Silberlöffeln aus Frankreich. Manchmal sind sie innen königsblau emailliert oder haben ein Blumenmuster. Das wäre sehr schön."
    „Eine Kaffeetasse, eine Untertasse und einen kleinen Löffel. Das ist alles, Sir?"
    „Ja - das heißt nein. Kaufen Sie das gleiche auch für sich. Kaufen Sie alles in

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