Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
sein.«
Sir Joseph flüsterte fast unhörbar:
»Seien Sie unbesorgt. Ich werde schon Acht geben.«
Hercule Poirot verließ das Haus. Als er die Treppen hinunterging, murmelte er:
»Also – hatte ich doch Recht.«
Lady Hoggin sagte zu ihrem Gatten:
»Komisch, diese Medizin schmeckt jetzt ganz anders. Sie hat nicht mehr diesen bitteren Nachgeschmack. Wieso kommt das?«
Sir Joseph brummte:
»Diese Apotheker sind nachlässige Kerle, sie nehmen es nicht so genau und brauen das Zeug jedes Mal anders zusammen.«
Lady Hoggin sagte zweifelnd:
»Meinst du?«
»Natürlich, was sollte es denn sonst sein?«
»Hat der Mann etwas über Shan-Tung herausgebracht?«
»Ja. Er hat mir mein Geld wiedergebracht.«
»Wer war es?«
»Das hat er nicht gesagt. Sehr verschlossener Kerl, dieser Hercule Poirot, aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
»Er ist ein komischer kleiner Mann, nicht wahr?«
Sir Joseph schauderte leicht und warf einen Seitenblick nach oben, als spürte er die unsichtbare Gegenwart Hercule Poirots hinter seiner rechten Schulter. Er hatte eine Ahnung, als würde er sie von nun ab immer dort spüren. Er bejahte. »Ein verdammt kluger kleiner Kerl.«
Im Stillen dachte er:
»Greta kann zum Teufel gehen. Ich werde meinen Hals für keine verdammte Blondine mehr riskieren!«
»Oh!«
Amy Carnaby starrte ungläubig auf einen Scheck über zweihundert Pfund. Sie rief:
»Emily, Emily! Höre:
Liebe Miss Carnaby,
Gestatten Sie mir, Ihrem verdienstvollen Fonds einen kleinen Be i trag zu spenden, ehe er endgültig aufgelöst wird.
Hochachtungsvoll
Hercule Poirot.«
»Amy«, sagte Emily Carnaby, »du hast unglaubliches Glück gehabt. Bedenke, wo du jetzt sein könntest.«
»In Wormwood Scrubbs – oder ist es Holloway?«, flüsterte Amy Carnaby. »Aber das ist jetzt vorbei – nicht wahr, Augustus?. Keine Spaziergänge mehr in den Park mit Frauchen oder Frauchens Freundinnen und einer kleinen Schere.«
Eine leise Wehmut verschleierte ihre Augen. Sie seufzte:
»Der gute Augustus! Schade. Er ist so klug. Man kann ihm alles beibringen…«
Die Lernäische Hydra
H ercule Poirot blickte sein Gegenüber ermutigend an. Dr. Charles Oldfield war ein Mann von vielleicht vierzig Jahren. Er hatte blondes Haar, das an den Schläfen zu ergrauen begann, und seine blauen Augen zeigten einen gequälten Ausdruck. Überdies schien es ihm schwer zu fallen, zur Sache zu kommen.
Er sagte leicht stotternd:
»Ich komme mit einer etwas sonderbaren Bitte zu Ihnen, Monsieur Poirot. Und jetzt, da ich hier bin, habe ich Lust, mich vor der ganzen Sache zu drücken, weil ich einsehe, dass es eines jener Dinge ist, in denen niemand etwas tun kann.«
Hercule Poirot murmelte:
»Das müssen Sie meinem Urteil überlassen.«
Oldfield fuhr fort:
»Ich weiß nicht, warum ich mir eingebildet habe, dass Sie mir vielleicht – «
Er brach ab.
Hercule Poirot beendete den Satz.
»Dass ich Ihnen vielleicht helfen könnte. Erklären Sie mir den Fall.«
Oldfield richtete sich auf. Poirot bemerkte von neuem, wie abgehärmt der Mann aussah.
In Oldfields Stimme lag etwas Hoffnungsloses:
»Sehen Sie, es hat keinen Sinn, zur Polizei zu gehen… Sie kann nichts machen. Und dabei wird es täglich schlimmer. Ich – ich weiß mir keinen Rat mehr.«
»Was wird schlimmer?«
»Die Gerüchte… Oh, es ist ganz einfach, Monsieur Poirot. Vor etwas über einem Jahr ist meine Frau gestorben. Sie war einige Jahre bettlägerig. Sie sagen – alle sagen sie –, dass ich sie umgebracht habe, dass ich sie vergiftet habe.«
»Aha«, sagte Poirot, »und haben Sie sie vergiftet?«
»Monsieur Poirot!« Oldfield sprang auf.
»Beruhigen Sie sich«, sagte Hercule Poirot, »und setzen Sie sich wieder. Wir wollen also annehmen, dass Sie Ihre Frau nicht vergiftet haben. Sie praktizieren vermutlich auf dem Land – «
»Ja, in Market Loughborough, in Berkshire. Ich habe immer gewusst, dass es ein Tratschnest ist, aber ich habe nicht geahnt, bis zu welchem Grade.« Er schob seinen Stuhl ein wenig vor. »Monsieur Poirot, Sie können sich nicht vorstellen, was ich durchgemacht habe. Erst hatte ich keine Ahnung, was vorging. Ich bemerkte wohl, dass die Leute weniger freundlich waren, dass alle mir auszuweichen schienen, aber ich schrieb es meinem – meinem Trauerfall zu. Dann wurde es deutlicher. Auf der Straße wechselten die Leute auf die andere Seite, um nicht mit mir sprechen zu müssen. Meine Praxis läuft immer weniger gut. Wo ich
Weitere Kostenlose Bücher