Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
schöpfte tief Atem.
    »Es war so, Sir. Ich habe sie nur ein einziges Mal gesehen. Und ich weiß nicht einmal ihren richtigen Namen oder sonst etwas. Aber die ganze Geschichte ist irgendwie sonderbar; dass mein Brief zurückgekommen ist und überhaupt…«
    »Fangen Sie mit dem Anfang an«, forderte ihn Hercule Poirot auf. »Überstürzen Sie sich nicht. Sagen Sie mir nur alles, was geschah.«
    »Ja, Sir. Vielleicht kennen Sie Grasslawn, Sir. Das große Haus unten am Fluss, über der Brücke?«
    »Ich kenne hier gar nichts.«
    »Es gehört nämlich Sir George Sanderfield. Er benützt es im Sommer zum Wochenende und für Partys – er bringt meistens eine ausgelassene Horde mit – Schauspielerinnen und so. Also, es war letzten Juni, das Radio war kaputt, und man schickte mich hinauf, es anzusehen.«
    Poirot nickte.
    »Also ging ich hinauf. Der Hausherr war mit seinen Gästen auf dem Fluss, die Köchin war ausgegangen, und der Diener war auf dem Boot, um die Drinks und so zu servieren. Es war nur dieses junge Mädchen im Haus – sie war die Zofe einer der Gäste. Sie ließ mich herein, führte mich zum Apparat und blieb bei mir, während ich ihn reparierte. Und so kamen wir ins Gespräch, und so weiter… Nita, so hieß sie, sagte, sie sei Zofe bei einer russischen Tänzerin, die dort zu Gast war.«
    »Welcher Nationalität war sie? Engländerin?«
    »Nein, Sir, eher Französin. Sie hatte einen komischen Akzent. Aber sie sprach ganz ordentlich Englisch. Sie war sehr – sehr nett, und nach einer Weile fragte ich sie, ob sie nicht am Abend mit mir ins Kino gehen wollte, aber sie meinte, ihre Dame würde sie brauchen. Aber dann sagte sie mir, sie wäre am frühen Nachmittag frei, weil die anderen erst spät vom Fluss zurückkommen würden. Kurz, ich nahm mir den Nachmittag frei, ohne zu fragen – ich wurde deswegen fast entlassen –, und wir gingen am Fluss spazieren.«
    Er hielt inne. Ein leises Lächeln spielte um seine Lippen. Seine Augen waren träumerisch.
    Poirot fragte sanft:
    »Und sie war hübsch, nicht wahr?«
    »Sie war das schönste Geschöpf, das ich je gesehen habe. Ihr Haar war wie Gold – es lag in weichen Wellen an ihren Schläfen, wie Flügel – und sie hatte eine muntere Art einherzutrippeln. Ich – ich – nun, ich habe mich auf der Stelle in sie verliebt. Ich leugne es nicht.«
    Poirot nickte, und der junge Mann fuhr fort:
    »Sie sagte, ihre Dame würde in vierzehn Tagen wieder hierher kommen, und wir verabredeten uns.« Er machte eine Pause. »Aber sie ist nie gekommen. Ich wartete auf sie am ausgemachten Ort, aber es war nichts von ihr zu sehen. Endlich nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und ging ins Haus hinauf, um nach ihr zu fragen. Die russische Dame sei da, hieß es, und ihre Zofe auch. Sie schickten sie zu mir, aber als sie kam, war es nicht Nita! Sondern ein schwarzes, listig dreinschauendes Frauenzimmer – ein freches Ding. Marie nannte man sie. ›Sie wollten mich sprechen?‹, sagte sie affektiert und grinste über das ganze Gesicht. Sie musste meine Bestürzung bemerkt haben. Ich fragte sie, ob sie die Zofe der russischen Dame sei, und deutete an, dass sie nicht diejenige sei, die ich gesucht hatte, und sie lachte und sagte, dass die letzte Zofe plötzlich entlassen worden sei. ›Entlassen‹, fragte ich. ›Warum?‹ Sie zuckte die Achseln und drehte die Handflächen nach außen. ›Wie soll ich das wissen?‹, erwiderte sie. ›Ich war nicht dabei.‹
    Ich war ganz bestürzt, Sir. Im Moment wusste ich nicht, was ich dazu sagen sollte. Aber später fasste ich Mut und suchte diese Marie wieder auf und bat sie, mir Nitas Adresse zu verschaffen. Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich nicht einmal Nitas Familiennamen kannte. Ich versprach ihr ein Geschenk dafür – sie war von der Sorte, die nichts umsonst macht. Nun, sie hat sie mir richtig verschafft. Es war eine Adresse im Norden von London, und ich schrieb Nita dorthin – aber nach einiger Zeit kam der Brief zurück – von der Post zurückgeschickt. Nicht mehr hier wohnhaft stand darauf gekritzelt.« Ted Williamson hielt inne. Seine ehrlichen, blauen Augen blickten auf Poirot, und er fuhr fort:
    »Jetzt sehen Sie, wie es sich verhält, Sir. Es ist kein Fall für die Polizei. Aber ich muss sie wieder finden, und ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll. Wenn – wenn Sie sie mir wiederfinden könnten, Sir.« Das Rot auf seinen Wagen vertiefte sich. »Ich – ich habe etwas beiseite gelegt. Ich könnte fünf oder zehn Pfund

Weitere Kostenlose Bücher