Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules
aufbringen.«
Poirot sagte gütig:
»Die finanzielle Seite hat Zeit. Denken Sie erst über folgenden Punkt nach: Dieses junge Mädchen, Nita, kannte sie Ihren Namen und wusste sie, wo Sie arbeiten?«
»O ja, Sir.«
»Sie hätte sich also mit Ihnen in Verbindung setzen können, wenn sie es gewollt hätte?«
»Ja, Sir«, gestand Ted.
»Glauben Sie denn nicht, dass sie vielleicht – « Ted Williamson unterbrach ihn.
»Sie meinen, Sir, dass ich mich zwar in sie verliebt habe, aber sie sich nicht in mich? Das mag in gewissem Sinn wahr sein, aber sie konnte mich bestimmt gut leiden – es war für sie kein bloßer Zeitvertreib… Und ich habe gedacht, Sir, dass die ganze Sache vielleicht einen tieferen Grund hat. Wissen Sie, Sir, sie war da in eine komische Gesellschaft geraten, sie kann in eine unangenehme Situation gekommen sein.«
»Sie meinen, sie hat vielleicht ein Kind erwartet? Ihr Kind?«
»Nicht meines, Sir.« Ted errötete. »Zwischen uns ist nichts Unrechtes vorgefallen.«
Poirot sah ihn nachdenklich an und murmelte:
»Wenn das, was Sie andeuten, wahr ist – wollen Sie sie trotzdem wieder finden?«
Das Blut stieg Ted erneut ins Gesicht: »Ja, unbedingt! Ich will sie heiraten, wenn sie mich nimmt. Einerlei, in welcher Klemme sie steckt. Wenn Sie nur versuchen würden, sie mir wieder zu finden, Sir.«
Hercule Poirot lächelte und murmelte im Stillen:
»›Haare wie goldene Flügel.‹ Ja, ich glaube, das ist die dritte Arbeit des Herkules… Wenn ich mich recht entsinne, geschah es in Arkadien – «
Hercule Poirot betrachtete nachdenklich das Papier, auf welches Ted Williamson einen Namen und eine Adresse geschrieben hatte.
Miss Valetta, 17 Upper Renfrew Lane, N 15.
Er fragte sich, ob er bei dieser Adresse etwas erfahren würde. Irgendwie bezweifelte er es, aber es war die einzige Hilfe, die Ted ihm geben konnte.
Nr. 17 Upper Renfrew Lane war eine muffige, aber anständige Straße. Eine dicke Frau mit verschwommenen Augen öffnete auf Poirots Pochen die Tür.
»Miss Valetta?«
»Längst ausgezogen.«
Poirot machte einen Schritt in die Eingangshalle, gerade als die Tür sich schließen wollte.
»Könnten Sie mir ihre Adresse geben?«
»Bedaure, sie hat keine angegeben.«
»Wann ist sie ausgezogen?«
»Letzten Sommer.«
»Können Sie mir genau sagen, wann?«
Ein leises klimperndes Geräusch kam aus Poirots rechter Hand, wo zwei Silberstücke freundlich aneinander stießen.
Die Frau mit den wässrigen Augen war wie durch einen Zauber besänftigt. Sie wurde die Liebenswürdigkeit selbst.
»Ich möchte Ihnen von Herzen gerne behilflich sein, Sir. Warten Sie, Sir, es war im August, nein vorher, im Juli ja, es muss im Juli gewesen sein. Ungefähr in der ersten Juliwoche. Sie ist ganz plötzlich fort. Zurück nach Italien, glaube ich.«
»War sie denn Italienerin?«
»Ja, Sir.«
»Und sie war einmal die Zofe einer russischen Tänzerin, nicht wahr?«
»Das stimmt. Madame Semoulina oder so etwas. Sie hat im Thespian Theater in dem Ballett getanzt, das in aller Leute Mund war. Sie war einer der Stars.«
Poirot fragte:
»Wissen Sie, warum Miss Valetta ihren Posten verließ?«
Die Frau zögerte mit der Antwort, ehe sie erwiderte:
»Das weiß ich wirklich nicht.«
»Sie wurde entlassen, nicht wahr?«
»Ja, ich glaube, es war irgendein Krach. Aber wissen Sie, Miss Valetta hat nie darüber gesprochen. Sie war keine, die sich je verraten hat. Aber man hat ihr angesehen, dass sie wütend über die Geschichte war. Sie hat einen schlechten Charakter – die richtige Italienerin – mit ihren stechenden schwarzen Augen, als wenn sie einen erdolchen wollte. Ich hätte nichts mit ihr zu tun haben wollen, wenn sie eine ihrer Launen hatte.«
»Und Sie wissen nicht, wie ihre jetzige Adresse lautet?«
Die Silberstücke klimperten wieder aufmunternd.
Die Antwort klang durchaus wahr:
»Ich wollte, ich wüsste sie, Sir. Ich wäre überglücklich, sie Ihnen anzugeben. Aber sie reiste in aller Eile ab – so ist es.«
»So ist es«, wiederholte Poirot nachdenklich.
Ambrose Vandel, von seinen enthusiastischen Ausführungen über den décor abgelenkt, den er für ein neues Ballett entwarf, gab bereitwillig Auskunft.
»Sanderfield? George Sanderfield? Widerwärtiger Kerl… Schwimmt in Geld, aber man sagt, er ist ein Schieber. Ein dunkler Ehrenmann! Ein Verhältnis mit einer Tänzerin? Aber natürlich, mein Lieber – mit Katrina. Katrina Samoushenka. Sie müssen sie gesehen haben
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