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Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Rendezvous nicht gestört wird.«
    Poirot rief ungeduldig aus:
    »Aber das ist doch unglaublich!«
    »Stimmt.« Drouet machte eine ratlose Geste. »Es ist gegen jede Vernunft – aber so ist es. Dieser Marrascaud ist ein phantastischer Kerl, wissen Sie. Ich halte ihn für verrückt.«
    »Ein Wahnsinniger und ein Mörder«, bekräftigte Poirot.
    Drouet sagte trocken:
    »Ich gebe zu, dass es nicht amüsant ist, Sir.«
    »Aber wenn er hier auf dieser Schneeklippe hoch über der Welt ein Rendezvous hat, so geht daraus hervor, dass Marrascaud selbst schon hier ist, da die Verbindungen jetzt abgeschnitten sind«, sagte Poirot mit Nachdruck.
    »Ich weiß«, bestätigte Drouet gelassen.
    Beide Männer schwiegen eine Weile. Dann fragte Poirot:
    »Dr. Lutz? Kann er Marrascaud sein?«
    Drouet schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht. Es gibt tatsächlich einen Dr. Lutz – ich habe sein Foto in den Zeitungen gesehen –, ein vornehmer, berühmter Mann. Dieser Mann hier sieht den Fotos sehr ähnlich.«
    Poirot murmelte: »Wenn Marrascaud ein Verkleidungskünstler ist, könnte er die Rolle erfolgreich spielen.«
    »Ja, aber ist er das? Ich habe nie gehört, dass er ein Verkleidungskünstler ist. Er hat nicht die Arglist und Falschheit der Schlange. Er ist ein wilder Eber, grimmig und schrecklich, der in blinder Wut losgeht.«
    Poirot sagte:
    »Trotzdem…«
    Drouet stimmte ihm bei. »Gewiss, er ist ein Verbrecher auf der Flucht. Daher muss er sich verstellen. Also kann er – vielmehr – muss er sich verkleidet haben.«
    »Haben Sie seinen Steckbrief?«
    »Nur ungefähr. Die offizielle Bertillon-Fotografie und die Maße hätten mir heute heraufgeschickt werden sollen. Ich weiß nur, dass er über dreißig ist, etwas über Mittelgröße und dunkel. Keine besonderen Merkmale.«
    Poirot zuckte die Achseln. »Das könnte auf jedermann zutreffen. Was halten Sie von dem Amerikaner Schwartz?«
    »Das wollte ich Sie eben fragen. Sie haben mit ihm gesprochen, und Sie haben, glaube ich, viel unter Engländern und Amerikanern gelebt. Auf den ersten Blick macht er den Eindruck des gewöhnlichen amerikanischen Touristen. Sein Paß ist in Ordnung. Es ist vielleicht merkwürdig, dass er gerade hier herauf gekommen ist – aber Amerikaner, wenn sie reisen, sind unberechenbar. Was meinen Sie selbst?«
    Hercule Poirot schüttelte ratlos den Kopf.
    »Oberflächlich betrachtet scheint er ein harmloser, etwas überfreundlicher Mensch zu sein. Er ist vielleicht eine Landplage, aber schwerlich eine Gefahr.« Er fuhr fort: »Aber es sind drei weitere Gäste hier.«
    Der Inspektor ereiferte sich.
    »Ja, und die sind tatsächlich von dem Schlag, den wir suchen. Ich könnte schwören, Monsieur Poirot, dass diese Männer Mitglieder der Bande sind, der auch Marrascaud angehört. Es sind unverkennbar Gauner, und einer von ihnen kann Marrascaud selbst sein!«
    Hercule Poirot überlegte. Er rief sich die drei Gesichter ins Gedächtnis.
    Das eine war breit, mit vorspringender Stirne und Hängebacken – ein bestialisches Gesicht. Einer war hager und schmal, mit scharfen Zügen und kalten Augen. Der dritte Kerl hatte ein käsiges Gesicht und bemühte sich, den Dandy zu spielen. Ja, einer der drei könnte ganz gut Marrascaud sein, aber wenn es sich tatsächlich so verhielt, so drängte sich gleich die Frage auf, warum? Warum sollten Marrascaud und zwei von seiner Bande sich zusammentun und in eine Mausefalle auf einen Berg steigen? Man konnte doch gewiss ein Rendezvous in einer sicheren und weniger phantastischen Umgebung inszenieren – in einem Kaffehaus – auf einer Bahnstation – in einem überfüllten Kino – in einem öffentlichen Park – kurz, irgendwo, wo es zahlreiche Ausgänge gab, nicht hier oberhalb der Welt in einer Schneewüste.
    Er versuchte etwas davon Inspektor Drouet begreiflich zu machen, und dieser stimmte bereitwillig zu.
    »Ja, es ist phantastisch, völlig unverständlich.«
    »Wenn es ein Rendezvous ist, warum reisen sie zusa m men? Nein, es ist tatsächlich unbegreiflich.«
    Drouet sah besorgt drein. »In diesem Fall müssen wir uns mit einer zweiten Annahme befassen. Wenn diese drei Männer zur Bande von Marrascaud gehören und hergekommen sind, ihn selbst zu treffen – wer ist dann Marrascaud?«
    »Was ist mit dem Personal?«, erkundigte sich Poirot. Drouet zuckte die Achseln.
    »Es ist kein nennenswertes Personal da. Nur eine alte Frau, die kocht, und ihr Mann Jacques – sie sind, glaube ich, seit fünfzig Jahren hier – und der

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