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Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules

Titel: Die ersten und die letzten Arbeiten des Herkules Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gleichen Schlag. O-beinig, Karten spielend – in Kürze würden sie vielleicht einen Fremden auffordern, mitzuspielen. Zuerst würde der Fremde gewinnen, dann würde das Glück sich wenden.
    An den Männern war nichts Besonders, das Besondere daran war nur der Ort, an dem sie sich befanden.
    In einem Vorstadtzug auf der Fahrt zu einem Rennen oder auf einem zweitklassigen Dampfer wären sie nicht aufgefallen. Aber sie passten nicht in eine halb leere Bergbahn.
    Da war noch ein Fahrgast im Wagen – eine Dame. Sie war groß und brünett und hatte ein wunderschönes Gesicht. Ein Gesicht, das sicher die ganze Skala der Gefühle ausdrücken konnte – das aber stattdessen zu einer sonderbaren Ausdruckslosigkeit erstarrt war. Sie sah niemanden an und blickte unverwandt auf das tief unten liegende Tal hinab.
    Wie Poirot erwartet hatte, begann der Amerikaner binnen kurzem zu sprechen. Sein Name war Schwartz. Es war seine erste Europareise. Die Landschaft war, sagte er, einfach grandios. Schloss Chillon hatte ihm einen tiefen Eindruck gemacht. Er hielt nicht viel von Paris als Stadt – überschätzt –, er war in den Folies Bergères gewesen, im Louvre und in Notre Dame – und er hatte festgestellt, dass die in keinem dieser Restaurants und Cafes richtigen Hot Jazz spielen konnten. Die Champs-Elysees fand er ganz nett, und die Brunnen gefielen ihm, besonders bei Scheinwerferbeleuchtung.
    Niemand stieg in Les Avants aus. Es war eindeutig, dass alle Reisenden beabsichtigten, nach Rochers-de-Naye zu fahren.
    Mr Schwartz gab seine eigenen Gründe an. Er hatte sich immer gewünscht, sagte er, einmal hoch oben zwischen schneebedeckten Bergen zu sein. Dreitausend Meter war nicht schlecht – angeblich konnte man in dieser Höhe kein Ei richtig kochen.
    Arglos bemühte sich Mr Schwartz, den großen, grauhaarigen Herrn auf der anderen Seite des Wagens in ein Gespräch zu ziehen, aber dieser starrte ihn über seinen Zwicker hinweg eisig an und kehrte zu seiner Lektüre zurück.
    Mr Schwartz bot dann der brünetten Dame an, die Plätze zu tauschen. Die Aussicht wäre hier besser, erklärte er.
    Es war fraglich, ob sie Englisch verstand. Jedenfalls schüttelte sie nur den Kopf und versank tiefer in den Pelzkragen ihres Mantels.
    Mr Schwartz flüsterte Poirot zu:
    »Es erscheint einem irgendwie unrichtig, eine Frau allein reisen zu sehen, ohne jemanden, der sich um ihre Sachen kümmert. Eine Frau braucht allerhand auf Reisen.«
    In Erinnerung an gewisse Amerikanerinnen, denen er auf dem Kontinent begegnet war, gab Poirot ihm Recht.
    Mr Schwartz seufzte. Er fand die Welt ablehnend. Und gewiss, sagten seine braunen Augen deutlich, ist doch an ein bisschen gegenseitiger Freundlichkeit nichts Böses?
     
    Von einem Hoteldirektor im Cutaway und Lackschuhen in diesem Ort außerhalb oder vielmehr oberhalb der Welt empfangen zu werden, wirkte irgendwie lächerlich. Der Hoteldirektor war ein schöner, groß gewachsener Mann mit einer gewichtigen Miene. Er überbot sich an Entschuldigungen.
    So früh in der Saison… die Heißwasserversorgung funktionierte nicht… das Haus war noch kaum in Betrieb… natürlich würde er sein Möglichstes tun… Das Personal war noch nicht vollzählig… Er war ganz verwirrt durch die unerwartete Anzahl von Gästen.
    Es kam alles mit berufsmäßiger Höflichkeit heraus, und doch glaubte Poirot, hinter der höflichen Fassade eine quälende Angst zu bemerken. Dieser Mann war trotz seiner scheinbaren Unbefangenheit sehr befangen. Irgendetwas beschäftigte ihn.
    Der Lunch wurde in einem länglichen Raum serviert, von wo man das tief unten liegende Tal betrachten konnte. Der einzige Kellner, man nannte ihn Gustave, war flink und geschickt. Er schoss hin und her, beriet die Gäste bei der Auswahl der Speisen und zog immer schwungvoll die Weinkarte hervor. Die drei Typen saßen zusammen an einem Tisch. Sie lachten und sprachen französisch; ihre Stimmen wurden immer lauter.
    »Der gute Joseph! – Was ist aus der kleinen Denise geworden? – Erinnerst du dich an den verfluchten Gaul, an dem wir in Auteuil alle unser Geld verloren haben?«
    Es war alles sehr ungehemmt, echt – und völlig fehl am Platz.
    Die Dame mit dem schönen Gesicht saß allein in einer Ecke und sah niemanden an.
    Später, als Poirot in der Halle saß, kam der Direktor auf ihn zu und sprach sich mit ihm aus.
    Monsieur dürfte das Hotel nicht zu streng beurteilen. Es war außerhalb der Saison. Niemand kam vor Ende Juli hier herauf. Ob Monsieur

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